Jetzt MICE Club-Mitglied werden oder 30 Tage kostenfrei testen

Hotels & Locations, Agenturen • 22. Aug 2016 – 24. Aug 2016

No Future of Events

Ambitioniertes Messeformat ist pleite!

Seit Monaten hörte man die Spatzen vom Dach pfeifen, jetzt ist es offiziell: Die in einem Monat im RAI Amsterdam geplante Premiere der "Future of Events"-Messe wurde gestern abgesagt. Wie Gründer Steven Wickel auf der Internetseite der Messe verlautbarte, muss der Veranstalter Insolvenz anmelden. Unzählige Aussteller, gebuchte Speaker, interessierte Teilnehmer mit - teuren! - Messetickets, aber auch zahlreiche Fachmedien und nicht zuletzt ein im verborgenen engagierter Investor werden in die Röhre gucken.

Dabei hatte sich Steven Wickel durchaus ein innovatives neues Format ausgedacht, das - hätte es das Licht der Welt erblickt - zumindest mal eine Alternative zu den gängigen Formaten der Branche mit Hosted Buyer-Programmen dargestellt hätte. So war der ursprüngliche Plan, den üblichen Messetrott durch interaktive Elevator Pitches à la TEDx aufzulockern, inhaltlich vertiefende Workshops anzubieten und mit einem Speaker-Programm aufzuwarten, bei dessen Line-Up selbst eine IMEX vor Neid erblasst wäre.

Kein betriebswirtschaftlich tragfähiges Konzept

Schon als im Spätsommer vergangenen Jahres Steven Wickel sein Konzept dem MICE Club vorstellte, waren seine Pläne ambitioniert und betriebswirtschaftlich gewagt. Ein neues Format einfach so aus dem Boden zu stampfen, birgt stets Risiken. Aber aus dem Stand eine Zahl von 5.000 zahlenden ! Messebesuchern zu generieren, die für ein Drei-Tages-Ticket mal eben knappe 1.000 Euro berappen sollten, stellte sich nun als Genickbruch für das Format heraus.

Bereits zu Beginn des Jahres entbrannte eine Diskussion zwischen Steven Wickel und Maarten Vanneste vom Meeting Design Institute, in dessen Verlauf Steven Wickel behauptete: "We are already close to our break-even… with 7 months to go", nachdem Maarten Vanneste seine Mitglieder vor einem Engagement bei dem Messeformat eindringlich warnte. Nach Auffassung von Vanneste benötigte die Future of Events rund 1.250 zahlende Teilnehmer, um den Break-Even zu erreichen.

So erfuhr der MICE Club aus gut unterrichteten Kreisen, dass zum gestrigen Tag nur schlappe 230 Tickets für die Messe verkauft werden konnten. So konstatiert Steven Wickel in seinem Statement, dass "trotz umfassender Social Media-Promotion, einer wöchentlich steigenden Besucherzahl auf der Webseite, dem besten Line-Up von Industry-Speakern, Referenten und Top-Ausstellern" die Ticketverkäufe hinter den Erwartungen zurückblieben.

Unrealistische Träume und vorsätzlicher Betrug

Das alles mag nach einem bedauerlichen Scheitern eines ambitionierten Start Up-Versuchs klingen, die Wahrheit liegt in einer vorsätzlichen Betrugsmaschine, die so in der Branche ihresgleichen sucht. Steven Wickel entwickelte das Projekt von Beginn an mit völlig unrealistischen Kennzahlen und erzeugte auf der Kostenseite immense Ausgabenpositionen, denen nahezu keine Einnahmen gegenüberstanden. So teilte er aus dem Füllhorn kräftig aus, beauftragte kostspielige Medialeistungen, leistete sich einen Mitarbeiterstab von 10 Personen und reiste noch zu einem Zeitpunkt mit einem dreiköpfigen Mitarbeiterteam für Akquisegespräche selbstbewusst für 10 Tage in die U.S.A., als der Bankrott bereits unausweichlich war.

Unverantwortliches Handeln mit weitreichenden Folgen

Bereits im Oktober 2015 konnte Steven Wickel eingehende Forderungen seiner Gläubiger nicht bedienen. Aus seinem Mitarbeiterstamm erfuhr der MICE Club bereits im März 2016, dass er Gehälter nicht pünktlich und nicht in voller Höhe bezahlte, was eine hohe Fluktuation mit ständig wechselnden Ansprechpartnern zur Folge hatte. Auch mit dem RAI Amsterdam, dem geplanten Austragungsort der Premierenveranstaltung, hatte er sich zwischenzeitlich überworfen.

Die Frage drängt sich auf: Wie konnte diese Maschinerie so lange ihr Unwesen treiben? Warum flog der Schwindel bisher nicht auf? - Dem MICE Club ist bekannt, dass bereits unzählige Klagen bei den zuständigen Gerichten anhängig sind. Doch gerade bei grenzüberschreitenden Forderungsbeitreibungen mahlen die juristischen Mühlen langsam. Und allzu große Hoffnungen sollten sich Gläubiger nicht machen. Denn eine zu verteilende Insolvenzmasse liegt nicht vor.

Doch auch wiederholte Versuche seitens des MICE Clubs, andere Branchenakteure auf die Situation aufmerksam zu machen und mit einer konzertierten Aktion die Missstände publik zu machen, blieben ergebnislos. Noch in den vergangenen Tagen wurden seitens deutscher Fachmedien fleißig Sponsored Posts und Werbebanner zur Bewerbung der Future of Events geschaltet. Nachfragen des MICE Clubs, ob die Rechnungen dafür von der Future of Events bezahlt wurden, blieben unbeantwortet. Der Verdacht drängt sich auf, dass man in der Hoffnung auf potenzielle Einnahmen lieber gute Miene zum bösen Spiel gemacht hat.

Scherbenhaufen mit hohen Forderungssummen

Nun stehen viele Branchenakteure vor einem mehr oder weniger großen Scherbenhaufen. Unbezahlte Mitarbeiter und Medienhäuser sind das Eine. Den größten Schaden dürfte das RAI Amsterdam verbuchen müssen, das bis zuletzt (Stand 28.07.2016 wird die Veranstaltung auf der Internetseite des RAI weiterhin beworben!) an eine Durchführung der Veranstaltung geglaubt hat und nun knapp einen Monat vor Termin von der Absage überrascht wurde.

Bleibt die Frage offen, wer sich hinter dem ominösen Investor verbirgt und welche Interessen dieser verfolgt hat? So mutet die Geschichte um die Future of Events nach einem wirren Wirtschaftskrimi an, dessen Aufklärung in den Sternen steht.

Das Beste daraus machen

Interessant ist, wie viele große Namen (Corbin Ball, Julius Solaris, Frank Supovitz...) noch kürzlich ihre Teilnahme bestätigt haben, obwohl die Pleite bereits abzusehen war. Um wenigstens etwas Gutes daraus zu schlagen, organisieren an dem Tag ein paar der Referenten, deren Flüge und Hotels schon gebucht sind, ein kleines Alternativ-Event, zu dem mehr Informationen auf folgender Facebook-Seite zu finden sind.


Das könnte Sie auch interessieren:


Bildquelle: MICE Club

Autor: Dominik Deubner

Veröffentlicht am: 28.07.2016


Verfasse einen Kommentar

×

×