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Agenturen, Themensammlung - Employer Branding

Ohne Neuanstellung: 6 hilfreiche Tipps, dem Personalmangel zu begegnen

Gutes Personal ist schwer zu finden!

In unserer generellen Betrachtung der Branchensituation im Frühjahr 2022 wurde das Personalthema bereits grob angesprochen. Diesem widmen wir uns jetzt im Detail, beginnend mit einer Bestandsaufnahme.

Viele Service- und Fachkräfte haben dem Veranstaltungsbusiness während der Coronapandemie den Rücken gekehrt und sind in andere Branchen abgewandert. Gleichzeitig scheuen junge Menschen mit Blick auf die aktuellen Karrierechancen eine branchenspezifische Ausbildung oder ein entsprechendes Studium.

Darüber hinaus haben die Zulieferer und Partner von Live-Events Personalengpässe zu verzeichnen. Es fehlen Fahrer, Techniker, Aufbauhelfer, Hostessen, Kellner und Sicherheitskräfte. Gerade mit Blick auf den Veranstaltungsrückstau und einem sich abzeichnenden „heißen Eventsommer“ dürfte das Gerangel um qualifizierte Arbeitskräfte groß werden. Selbstredend sind während der Pandemie auch der Tourismusbranche viele Fach- und Servicekräfte abhandengekommen.

Neue Strategien sind erforderlich

Dass abgewandertes Personal von sich aus wieder in seine angestammte Branche zurückkehrt, ist eher unwahrscheinlich. Denn wer woanders eine berufliche Heimat gefunden hat, sehnt sich in der Regel nicht zurück nach vergleichsweise niedrigen Gehältern, unregelmäßigen Arbeitszeiten, häufig wechselnden Einsatzorten, unbezahlten Überstunden und befristeten Arbeitsverträgen.

Während die Unternehmen bisher aus einer Vielzahl von Bewerbern wählen konnten und damit am „längeren Hebel“ saßen, sind heute vor allem qualifizierte Fachleute in der Position, sich ihren zukünftigen Arbeitgeber entsprechend persönlicher Wünsche und Vorstellungen aussuchen zu können. Für die Betriebe wird es daher lebenswichtig, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, die Effizienz des Recruitings zu steigern und Leistungsträger langfristig an sich zu binden.

Die Bundesagentur für Arbeit drückt das Problem am Beispiel des Gastgewerbes in Zahlen aus, nach denen sich die Zahl der zu besetzenden Stellen seit April 2021 praktisch verdoppelt hat. Bundesweit verzeichnet man fast 30.000 offene Stellen in Gastronomie und Hotellerie. Besonders dramatisch ist die Lage auf dem Ausbildungsmarkt: Im Herbst letzten Jahres kamen auf ca. 17.000 betriebliche Ausbildungsplätze gerade mal 5.500 Bewerber.

Wie sollte man dem Personalmangel begegnen?

Es ist nicht davon auszugehen, dass man die aktuelle Personalnotlage ad hoc mit Neuanstellungen lösen wird und kann. Es bieten sich aber einige „Fluchtszenarien“ an. Hier sind sechs hilfreiche Tipps, wie man als Arbeitgeber in der MICE-Branche den derzeitigen Entwicklungen am Arbeitsmarkt auch ohne Neueinstellungen begegnen kann:

1. Prioritäten setzen

In welchem Bereich ist der Personalmangel besonders eklatant und trübt so das positive Erlebnis beim Live-Event? Hier ist vor allem die veranstaltungsbezogene Planung relevant. Sind lange Schlangen zu erwarten? Muss das Catering personell unterstützt werden? Kann es zu Verzögerungen beim Shuttle-Transfer kommen? Allem, was Teilnehmer und Gäste direkt betrifft, gilt es mit gesteigertem Engagement und offener Kommunikation zu begegnen. Daher ist lieber rechtzeitig vorzusorgen als vor Ort nachzubessern.

2. Erwartungen steuern

Auch wenn es eine lange fast veranstaltungsfreie Zeit gab: Die Erwartungen der Teilnehmer sind während der Pandemie gestiegen, z.B. im Hinblick auf Hygiene und Sicherheit. Leichtfertig ist auch nach weitgehendem Wegfall der Maskenpflicht kein Live-Event anzugehen. Jeder Gast sollte im Vorfeld darüber informiert sein, welche Einschränkungen − auch aufgrund von Personalmangel − eventuell zu erwarten sind. Hier ist direkte und persönliche Kommunikation gefragt.

3. Technologie stärken

Schon vorher stark im Kommen, hat sich digitale Technologie in Coronazeiten als fester „Player“ bei Live-Events etabliert. Jeder, der längere Zeit im Homeoffice gearbeitet hat, wird das bestätigen können. Hybride Formate sind zum Standard geworden und werden nicht mehr kritisch beäugt. So können Chat-Bots und Instant-Messaging viele Fragen beantworten, die Gäste eventuell haben könnten. Nicht notwendigerweise muss daher stets mit der 24-h-Verfügbarkeit von Personal gerechnet werden. Auch Buchungen von Sonderleistungen oder zusätzlichen Programmpunkten über das Smartphone sollten heutzutage selbstverständlich sein.

4. Erfahrung schätzen

Jeder Mitarbeiter, der ein Unternehmen und die dazugehörigen Abläufe quasi in- und auswendig kennt, ist von unschätzbarem Wert – unabhängig vom Ausbildungsgrad. Diesen Menschen gilt es, entsprechende Wertschätzung entgegenzubringen, damit sie nicht zur Konkurrenz abwandern. Flexiblere Arbeitszeiten, mehr Urlaubstage und interne Weiterbildungsmaßnahmen sorgen gerade bei langjährigen Mitarbeitern für eine nicht zu unterschätzende Firmenbindung – von einer in Aussicht gestellten Gehaltserhöhung mal ganz abgesehen.

5. Gute Angebote sind gefragt

Die Personalnot ist auf allen Ebenen des Eventbusiness offensichtlich: vom einfachen Servicepersonal, das im Minijob-Bereich tätig ist, bis zur angehenden Führungskraft, die nach den bestmöglichen Karriereperspektiven sucht. Man hat während der Pandemie viele Einschnitte hinnehmen müssen und sieht sich gleichzeitig einer Teuerungswelle gegenüber.

Aber es hilft ja nichts: Die Situation ist, wie sie ist. Kurzfristig wird man die durch die Pandemie entstandene Personallücke nicht schließen können. Arbeitsmarkt- und Branchenexperten sehen die besten Chancen für Unternehmen und Agenturen langfristig daher darin, sich trotz rezessiver Zeiten als möglichst attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Hierzu einige Tipps:

a) Am eigenen Image arbeiten

Neue Personalstrategien und Führungsstile sind gefragt. Unternehmen müssen innovative Wege finden, Menschen zu motivieren, sie zu integrieren und ihnen ein sinnhaftes Betätigungsfeld zu bieten. Wichtig sind Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort sowie die individuelle Entwicklung und Förderung des Angestellten. Vor allem den Jahrgängen der 1980er- und 1990er-Jahre sind neben allem anderen eine nachhaltige Unternehmenskultur und eine flache Firmenhierarchie besonders wichtig.

b) Originelle Kampagnen lancieren

Natürlich kann man mit großangelegten Recruiting-Kampagnen viele Menschen erreichen. Aber dafür haben nicht alle die Zeit, das Personal oder heutzutage das Budget. Daher lohnt sich vielleicht ein anderer Ansatz: Stellenanzeigen an unerwarteten Orten. Hierbei kann man ganz gezielt neues Personal erreichen und den Überraschungseffekt ausnutzen. Sie sind eine gute Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen und eventuell auch QuereinsteigerInnen in anderen Branchen anzusprechen – vielleicht sogar in anderen Sprachen.

c) Das eigene Betätigungsfeld nutzen

Nicht ganz neu, aber effektvoll, ist der Ansatz im Umfeld von Veranstaltungen wie Messen oder Konferenzen ein starkes WLAN anzubieten. Hier kann man bereits beim Einloggen von Teilnehmern gezielte Nachrichten hinterlassen oder zunächst auf eine Landingpage mit Infos und Stellenanzeigen verweisen. Kurzum: Wo halten sich Menschen auf, die potenzielle MitarbeiterInnen sein könnten? Und wie kann man sie dort gezielt und einfach erreichen?

d) Spielerische Wettbewerbe ins Leben rufen

Für die MICE-Branche ist es eigentlich naheliegend, doch nur wenige Veranstaltungen werden bewusst für das Recruiting genutzt. Unternehmen wie Lego oder Volkswagen aber haben bereits Apps eingesetzt, um praktisch spielerisch neue Mitarbeiter zu finden, etwa Designer oder Ingenieure. Natürlich ist das sehr aufwändig und nicht für jeden zu realisieren. Wer aber einmal vernetzt ist, dem mag das auch mit geringerem Aufwand gelingen.

6. Alle Möglichkeiten nutzen

Ja, es ist schwierig am Arbeitsmarkt. Wer aber aufwändige Events organisieren und durchführen kann, sollte auch an kleinen Stellschrauben drehen, um dafür das nötige Personal zu rekrutieren. Auch hierzu einige hilfreiche Hinweise:

- Webseite optimieren

Jobausschreibungen sollten immer aktuell und möglichst prominent auf der eigenen Webseite präsentiert werden − mit transparenten und ehrlichen Einblicken ins Unternehmen. Fotos der Mitarbeiter sorgen für Sympathie und womöglich einen Vertrauensvorsprung. Entsprechende Links und kurze Botschaften in Business- und Social-Media-Plattformen runden das Ganze ab.

- Bestimmer bestimmen

Auch kleinere Firmen und Agenturen sollten eine Person bestimmen, die das Recruiting hauptverantwortlich leitet. So lassen sich viele Missverständnisse von vorneherein vermeiden – etwa doppelte Posts, nicht mehr aktuelle Jobangebote oder Telefonkontakte, die mit dem Ganzen nichts zu tun haben. Es könnte aktuell sogar ein Fulltimejob daraus werden.

- Testimonials einsetzen

Authentische Videos, Podcasts, Blogartikel oder Posts bei Instagram & Co. tragen die Arbeitsatmosphäre nach draußen. Hier geht es nicht nur darum, den Firmenkicker zu highlighten oder den Agenturhund zu loben, sondern auch Dinge anzusprechen, die womöglich verbesserungswürdig sind. Man sollte nicht die „heile Welt“ vorgaukeln, aber kann sich z.B. mit einfachen Videos realitätsnah präsentieren.

- Auskunft erteilen

Viele Dinge verbreiten sich über persönliche Kontakte oder viral, also quasi unter der Hand. Das Team bzw. die Belegschaft sollte daher stets darüber informiert sein, wer gerade gesucht oder für einen bestimmten Zeitraum dringend gebraucht wird. Potenzielle Mitarbeiter werden so oft eher gefunden als über die „offiziellen Kanäle“. Mitunter empfiehlt sich auch die mediale Präsenz an Hoch- und Berufsschulen sowie Aus- und Weiterbildungsstätten.


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Bildquelle: Zeynep Emecikli | Unsplash

Autor: Frank Brehm

Veröffentlicht am: 12.05.2022


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