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Meinung, Best Practice - Firmenjubiläum

Die Ehrung – wie viel Humor verträgt ein Format der Wertschätzung?

Eines meiner liebsten Eventformate ist und bleibt die Ehrung, egal ob sie Awarding Ceremony, Preisverleihung oder schlicht Wertschätzung heißt. Ich finde, es ist eine wunderschöne Geste an Mitarbeiter, Kunden oder wen auch immer, der sich um eine Sache verdient macht, die den Auftraggebern am Herzen liegt.

Daher liegt gerade hier die Latte sehr hoch, was den Anspruch an das Event betrifft. Der Rahmen muss stimmen, die Bühne muss groß und edel ausgestattet sein, eine ausgefeilte Licht-, Ton- und Videotechnik unterstreicht die Inszenierung und lässt alle am Erfolg des Einzelnen teilnehmen.

Der Preisträger wird noch an seinem Sitzplatz per Verfolger eingefangen, während der Eventmanager bibbert, dass er sich auch an die vorgegebene Sitzordnung gehalten hat. Im gleißenden Lichtkegel wird er per Steady Cam vom Platz entlang des Roten Teppichs auf die Bühne begleitet, im Hintergrund läuft der Name des zu Ehrenden in Großbuchstaben über die Leinwand. Auf der Bühne angekommen erfolgt die Ehrung und Gratulation durch interne Honoratioren, externe Gratulanten und Kollegen oder Vorjahresgewinner. Der eigens konzipierte Pokal wird nebst Urkunde übergeben, Übergabe, Shakehands und mit Glück ein Tränchen der Rührung im Gesicht des Preisträgers per Maxi-Zoom von der Kamera eingefangen und synchron auf Großleinwand projiziert. Ein eigens komponierter Marsch oder eine Hymne hat schon lange das obligatorische „We are the Champions“ von Queen abgelöst. Ein namhafter, möglichst prominenter Moderator sollte die Veranstaltung leiten, die Laudatoren dürfen gerne nicht nur aus den eigenen Reihen kommen. Redner aus Politik und Wirtschaft machen sich gut als Verstärker des Erfolges. Indem ein Konzernerfolg auch im gesamtwirtschaftlichen Kontext hervorgehoben wird, geht das Selbstwertgefühl der Preisträger selbst in hohen Hallen schon mal ab durch die Decke.

Die zu Ehrenden schwanken zwischen Stolz und Angstschweiß, weil sie die nächsten sind, die sich im Rampenlicht wiederfinden, ein ebenso gutes wie verwirrendes Gefühl. Eine rundum emotionale Inszenierung verleiht dem „Ehre, wem Ehre gebührt“ einen Moment für die Ewigkeit. So soll es sein, so muss es sein und die alljährliche Verleihung des Academy Award war unser großes Vorbild. Zumindest bis zu diesem Jahr, denn beim Oscar 2017 kam es zum großen Fauxpas, als die Schauspieler Warren Beatty und Faye Dunaway den falschen Gewinner vorgelesen und damit für enorme Verwirrung gesorgt haben. Die Vertreter des Musicals „La La Land“ nominiert in der Hauptkategorie als bester Film waren schon auf der Bühne, als verkündet wurde: Falsche Karte, das Drama „Moonlight“ des schwarzen Regisseurs Barry Jenkins hat den wichtigsten Oscar des Abends gewonnen.

In der Haut der Organisatoren mochte ich nicht gesteckt haben, selbst ich, mit einem Glas Gin & Tonic auf dem Sofa des heimischen Wohnzimmers schaute mich nach einem Mauseloch um.

Nur eine Woche später wurde die Goldene Kamera verliehen. Moderator Steven Gätjen kündigte Hollywood-Star Ryan Gosling an, der – nun aber - den Preis für den mit sechs Oscars prämierten Kino-Hit „La La Land“ entgegennehmen sollte. Doch statt des bekannten Schauspielers betrat ein Unbekannter die Bühne, der nur entfernt eine Ähnlichkeit mit Gosling hatte. Die Gesichter der angereisten Hollywoodgrößen sprachen Bände, während der falsche Gosling seine knappe Dankesrede in fehlerfreiem aber holprigen Englisch hielt. „Ich bin Ryan Gosling und widme Joko und Klaas diesen Preis, herzlichen Dank“! Die „Circus HalliGalli“-Komödianten um Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf bekannten sich zur Empörung der Organisatoren zum gelungenen Streich.

Ich fürchte die Konsequenzen für die beiden Herren sind nicht milde, denn es handelt sich um einen ehrwürdigen Preis und ist neben Bambi und Lola die höchste Auszeichnung für Film- und Fernsehschaffende in Deutschland. Dennoch so viel Aufmerksamkeit beim Publikum gab es schon lange nicht mehr. Das inzwischen langweilige „Du bist toll – Ich bin toll“-Format hat damit letztendlich eine enorme und positive Beachtung gefunden.

Es ist schon viele Jahre her, dass ich für die Ehrungsveranstaltung einer Versicherung einen bekannten Moderator aus dem Frühstücksfernsehen verpflichtet habe, zum Glück auf ausdrücklichen Wunsch des Vorstands. Es gab manche Alternativvorschläge und mein Favorit war ein anderer.

Da die Vorstände wechselnde Einsätze auf der Bühne hatten, war traditionell die erste Reihe für diese Herren reserviert, der Moderator gut gebrieft und die Ehrung begann. Bühne, Technik, Pokale, Urkunden, Ehrennadeln: alles stand wie geplant und ich begann gerade mich nach nur drei Stunden Schlaf etwas zu entspannen. Der überaus ausgeschlafene Moderator begrüßte die Gäste zur Ehrung an diesem Vormittag im Berliner Filmstudio, besonders die Herren in der ersten Reihe, die er nach leichtem Vorgeplänkel als „Frühstücksdirektoren“ bezeichnete.

Mir blieb das Herz stehen, verhaltenes Grummeln im Auditorium und … der Vorstandsvorsitzende lachte, lachte laut und ein Ruck ging durch die Menge. Der Moderator hat es überlebt, ich habe es überlebt, es wurde nicht einmal thematisiert. Die Ehrung und davon gefolgt die ganze Veranstaltung war so locker und gelöst mit den „Frühstücksdirektoren“, die diese Aufgabe für zwei kurzweilige Stunden mit Rückgrat und Nonchalance übernahmen.

Meine eingangs gestellte Frage ist eine Diskussion wert, wenn es darum geht, wie wir Menschen erreichen. Humor ist eine oft vernachlässigte Größe und bringt Leichtigkeit und Menschlichkeit in verstaubte Formate.


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Bildquelle: Designed by Freepik

Autor: Gastautorin: Gabi Schares

Veröffentlicht am: 23.03.2017


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