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Meinung

Über Kritik und Kritikfähigkeit in der Eventbranche

Des Deutschen größtes Laster ist die Besserwisserei und die Meckerei: Wenn Sie sich im Ausland einmal umhören, welche ‚Tugend‘ der Deutschen anderen Nationen und Kulturen am meisten auf den Zeiger geht, dann sind es die stets argumentativ sauber und meist cholerisch vorgetragenen Beschwerden deutscher Gäste und Kunden. So stehen unter Urlaubern und Touristen die Deutschen in der Statistik der unbeliebtesten Nationen immer ganz weit vorne. „Deutschen kann man es nie recht machen“, so der Tenor.

In der heutigen Zeit ist Kritik schnell formuliert und vor allem auch adressiert: Mit wenigen Klicks weiß nicht nur der beabsichtigte Empfänger der Kritik schnell Bescheid, sondern gerne auch über Social-Media-Kanäle und Foren die mitlesende Öffentlichkeit. So ist es kein Zufall, dass Begriffe wie Wutbürger und Lügenpresse dieser Tage in Deutschland Konjunktur haben. Noch nie war es so einfach, seine Meinung kundzutun und dabei schnell und ohne viel Aufwand Unterstützer und gleichsam Kritiker (oder besser: ‚Hater‘?) für seine Sache zu gewinnen. Wie einfach das geht, beweist dieser Tage der vermeintlich mächtigste Mann der Welt, der seine Hasstiraden für gewöhnlich in 140 Zeichen formuliert.

Kritik ist etwas Positives

Bei all der Kritik wird dabei jedoch eine ganz wesentliche Eigenschaft von Kritik komplett ignoriert: denn Kritik ist zunächst einmal etwas Positives – so sie denn sachlich und konstruktiv geäußert wird! Jemand, der weder Aufwand noch Mühe scheut, seinen Ärger oder seine Unzufriedenheit, seine Meinungsverschiedenheit oder eben auch einfach nur sein Feedback in Worte zu fassen, hat sich zunächst einmal mit dem Empfänger der Kritik, mit seinen Leistungen oder Produkten, mit seiner Meinung oder seinen Äußerungen auseinandergesetzt. Um Kritik zu äußern ist als Erstes eine gehörige Portion Mut erforderlich. Viel einfacher ist es, seinen Groll einfach herunterzuschlucken oder sich angesichts der vermeintlich guten Argumente der Gegenseite geschlagen zu geben.

So weit so gut. Die Kritik ist formuliert, nett verpackt an den Empfänger adressiert, doch wie ist es eigentlich um dessen Kritikfähigkeit bestellt? Wie eingangs erwähnt wird Kritik in unserer Kultur überwiegend als etwas Negatives aufgefasst. So wird Kritik häufig persönlich genommen und als Angriff auf die eigene Person, die eigene Leistung, das eigene Produkt, etc. gesehen. So liegt die weitaus höhere charakterliche Eigenschaft des Menschen darin, Kritik auch anzunehmen, sich ihr zu stellen und daraus lehrreiche Schlüsse für das eigene zukünftige Handeln zu ziehen. Doch genau hier tun sich insbesondere in der Eventbranche nach meiner Wahrnehmung die größten Abgründe auf. Wann haben Sie das letzte Mal auf Ihre Kritik hin ein Wort des Dankes, der Annahme der Kritik oder des Verständnisses entgegengenommen?

Denn heutzutage sieht die Reaktion auf Kritik eher so aus: Entweder sucht (und findet) man händeringend den Fehler beim Kritikgeber, der durch sein eigenes Handeln den Fehler überhaupt erst provoziert hat. Oder es setzt eine Verteidigungsrede voller Rechtfertigungen ein, die den eigenen Fehler auf viele andere Ursachen und Verursacher schiebt, um von der eigenen Fehlbarkeit abzulenken. Andere wiederum schwelgen in Rachegelüsten und versuchen bei nächster Gelegenheit das Gegenüber bloßzustellen oder der Kritisierte tritt die Flucht nach vorne an und lügt wie gedruckt, um aus der Nummer möglichst ungeschoren wieder herauszukommen – nicht selten mit der Folge, im Falle des Misserfolges Gefahr zu laufen, sein Gesicht zu verlieren. Und dann sind da noch jene, die sich einfach wegducken, die Kritik nahezu unterwürfig hinnehmen, obwohl sie im Stillen die Faust in der Tasche ballen.

Über die Besonderheiten in der Eventbranche

Jetzt mögen Sie fragen: Was hat das alles mit der Eventbranche im Besonderen zu tun? In einer Branche, in der nahezu alles live und unumkehrbar passiert, in der die zunehmende Komplexität von Projekten, Zeit- und Kostendruck und das ungleiche Machtverhältnis der verschiedenen Akteure Fehler und Unstimmigkeiten en masse produzieren, sind Kritikfähigkeit und Fehlerkultur für viele ein Fremdwort. Nehmen wir mal die Situation eines Projektleiters mit seinem Kunden. Selbst wenn etwas gehörig schiefläuft, bekommen Agenturmitarbeiter von ihren Vorgesetzten eingebläut, gegenüber dem Kunden bloß keine Schwäche, bloß keinen Angriffspunkt, bloß kein Schuldeingeständnis für eine Mangelleistung zu offenbaren. Schon gar nicht dürfen Korrespondenzen dazu schriftlich laufen, denn das geschriebene Wort trägt eine unmittelbare Beweislast, öffnet Tür und Tor für Leistungskürzungen oder – wenn’s hart auf hart kommt – für die Argumentationskette vor Gericht.

Dabei wachsen (Kunden-)Beziehungen gerade auf Basis der gemeinsamen Bewältigung von Krisen. Wer es versteht, eine schwierige Situation gemeinsam zu bewältigen, einen entstandenen Schaden unter Gesichtswahrung aller Beteiligten aus der Welt zu schaffen und aus den Fehlern zu lernen, wird mit einer gestärkten Beziehung das nächste Projekt in Angriff nehmen – und dabei in seinem Gegenüber keinen böswilligen Widersacher finden, sondern einen verständnisvollen, unterstützenden Partner an seiner Seite wissen und mit Offenheit und Transparenz auch die nächsten Klippen im unwegsamen Eventgelände umschiffen.


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Autor: Dominik Deubner

Veröffentlicht am: 22.02.2017


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