Alles bleibt anders
Die MICE-Branche stagniert
Walt Disney wird das Zitat zugeschrieben: „Wenn du es dir vorstellen kannst, wenn du davon träumen kannst, gibt es einen Weg, es zu tun.“
Während der Pandemie sind die Wachstumsimpulse der MICE-Branche drastisch eingebrochen. Eine Erholung aus den einschneidenden Einbrüchen dauert. Die Motivation, Begeisterung und neue Umsatzträger sind da und dort Mangelware geworden. Aber stimmt diese Selbstwahrnehmung?
Sophie Hulgard, Chief Sales Officer bei Accor lässt sich im Accor Report Trendbarometer 2024 so zitieren: „Die globale Wirtschaft erlebt einen tiefgreifenden Wandel. Die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten und interagieren, hat sich neu geformt. Das eröffnet der Meeting- und Veranstaltungsbranche neue Möglichkeiten." Halb so wild also. Oder wie?
Ein vertiefter Blick in die Branche zeigt wohl, dass es Innovationspotenziale gibt. Allein ist die Frage, wo diese liegen. Eine verzettelte Landschaft von Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfern vermag diese nicht auszuschöpfen. Es fehlt an einer übergeordneten Vernetzung der Anbieterinnen und Anbieter. Das Berufsbild ist nicht sichtbar. Die Hotellerieausbildung baut auf Service und Küche – die Eventabteilung wird eher zufällig betreten. Dabei geht vergessen, dass hier eine Leidenschaft für Gruppenerlebnisse liegt, die tief menschliche Bedürfnisse wie Resonanz und Vielfalt im Berufsbild anspricht.
Expertise ist vorhanden. Insbesondere überzeugen Menschen aus der MICE-Branche dadurch, dass sie scheinbar unsichtbar Unregelmässigkeiten in Veranstaltungen wie durch Zauberhand aus dem Weg räumen. Das schafft einzigartige Kundenerlebnisse. Aber ständig alleine zu zaubern wirkt energieraubend.
Was hier Entlastung schaffen kann, ist eine vermehrt kooperative Ausrichtung der Kräfte sowohl auf Anbieter- wie der Nachfrageseite. Was beide Seiten verbindet ist die Leidenschaft für ihr Fachgebiet. Brückenbauer und kooperative Lern- und Austauschformate können dazu beitragen, innovative Impulse zu geben und ko-kreative Angebote zu schaffen. Denn Wertschöpfung ist überall gefragt.
Aber bitte zu kleinen Konditionen. Die großen Ideen werden beim Kunden geboren. Umsetzen soll sie dann der Werkstudent – für umsonst. Dieses Spannungsfeld zwischen inhaltlichen Anforderungen und wirtschaftlichen Interessen ist nicht zuletzt durch inflationäre Tendenzen in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten in eine Schieflage geraten. Auswüchse hinsichtlich Mehrfachangeboten, Konzentration auf Billigevents und Provisionsgeschäfte schaden der Qualität. Schaden der Qualität dessen, was Menschen aus ihrem tiefsten Wesen suchen: nährende soziale Räume.
Wie es scheint, hat sich die MICE-Branche in den letzten Jahren wohl mit dem Zeitgeist weiterentwickelt. Im Kern stagniert sie in ihrer Selbstorganisation für ihr Berufsbild, bleibt in veralteten Tools und Werkzeugen gefangen und schafft den Sprung in eine kooperative Zusammenarbeit (noch) nicht. Das ist schade. Denn das Feuer für unvergessliche soziale Momente, die Expertise, Menschen in passender Form zu verbinden und eine essentielle Arbeit, Beziehungen zu stiften liegen dieser Branche inne.
Wann beginnst Du, Brücken zu bauen und die Vielheit der Perspektiven für eine sichtbare MICE-Branche zu verbinden?
Armin Ziesemer ist Schweizer und Wahlsalzburger. Der Gründer der Synop-Sys Organisationsentwicklung GmbH berät im DACH-Raum Unternehmen und Organisationen mit Schwerpunkt Kollektiver Intelligenz, Ko-Kreation und der Gestaltung gelingender Arbeitsbeziehungen. Als Ko-Produzent des Podcasts «Mit Brille und Bart» wirkt seine Stimme in die Organisationsentwicklung und ins Business Coaching. Mit Vorliebe nutzt er dazu die Transaktionsanalyse und die Wirkmechanismen der Volksmärchen.
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Bildquelle: Armin Ziesemer