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Themensammlung - Change-Kommunikation, Employer Branding

Königsmacher statt Zwergenproduzent

Ich bin der erste Diener meines Staates. So bezeichnete sich Friedrich II. (der Große), König von Preußen, in den Jahren 1772 bis 1786. Eine für die damalige und heutige Zeit (man denke an Trump, Putin, Erdogan) geradezu revolutionäre Sichtweise auf die eigene Rolle. Er könnte damit als erster Repräsentant der Führungsphilosophie des Servant Leadership gelten.

Doch der Reihe nach. Was versteht man eigentlich unter Führen? Im ursprünglichen Sinne bedeutet Führen „den Weg weisen“. Wer schon einmal in unbekanntem Gelände gewandert ist, ohne Wegweiser und ohne GPS, versteht, was gemeint ist. Man ist auf seine Intuition angewiesen, auf seinen Orientierungssinn – und: man muss sich für eine Richtung entscheiden. Wenn das Wohlergehen einer Gruppe von Menschen davon abhängt, trägt der Führende eine große Verantwortung. Was ist aus dieser Perspektive die Aufgabe des Führenden? In die Zukunft denken und Verantwortung übernehmen! Er ist also nicht der beste Wanderer, der schnellste Läufer, der beste Fährtenleser, sondern er denkt an alle in der Gruppe und an das Ziel – eben ein Servant Leader.

Dasselbe gilt im Arbeitsleben für die Produktivität einer Arbeitsgruppe. Führen heißt dann eine Situation zu schaffen, in der Mitarbeiter das gerne tun, was die Zielerreichung verlangt. Führen heißt auch, Mitarbeiter so zu fördern und zu entwickeln, dass sie das tun können, was die Zielerreichung verlangt. Um Missverständnissen vorzubeugen: Dienstleistende Führung bedeutet keine Unterordnung der Führungskraft unter ihre Mitarbeiter. Noch weniger beinhaltet sie einen Verzicht auf notwendige, für die Mitarbeiter jedoch unangenehme Maßnahmen: Denn diese sind Teil der Dienstleistung gegenüber der Organisation.

Nun eine Frage an Dich: Wie ist Dein Chef? Der große Diktator? Ein elender Zauderer? Eine unerträgliche Zicke? Oder ein Coach, der/die Dich an Deinen Aufgaben wachsen lässt? Ist Dein Chef ein Boss oder ein Anführer?

Woran erkennt man Zwergenproduzenten?

Eine unendliche Geschichte sind die Berichte über die Folgen von schlechter Führung. Z.B. konstatiert der Fehlzeiten-Report 2018 des AOK Bundesverbandes: „Wer sich von den Vorgesetzten wertgeschätzt fühlt und die eigene Arbeit als sinnstiftend empfindet, fehlte durchschnittlich 9,4 Arbeitstage pro Jahr. Wenn das nicht der Fall ist, ist die Anzahl mit knapp 20 krankheitsbedingten Fehltagen mehr als doppelt so hoch. Im Durchschnitt aller Teilnehmer lag der Fehlzeitenstand im letzten Jahr bei 12,1 Krankheitstagen.“

Im Umkehrschluss bedeutet das: „Führungskräfte haben im Unternehmen einen wichtigen Einfluss auf das Betriebsklima, das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und damit auch auf die Fehlzeiten im Unternehmen.“ Schlechte Führungskräfte kontrollieren ihre Mitarbeiter und halten sie klein. Sie wollen selbst glänzen, sie gönnen ihrem Team nicht den Erfolg. Oft kaschieren sie auf diese Weise ihre eigenen Defizite. Sie haben Angst vor Kontrollverlust. Doch die Zeiten, in denen ein Chef alles überblickt, sind lange vorbei.

Hinter diesem Verhalten steckt eine gehörige Portion Psychologie. So führt der Gehirnforscher Gerald Hüther aus: „Wer beispielsweise noch immer davon überzeugt ist, dass sich durch mehr Druck auch mehr Leistung erzielen lässt und wer seine Mitarbeiter weiterhin zu Objekten seiner Erwartungen und Kontrollen, seiner Belehrungen und Anordnungen, seiner Bewertungen und Maßnahmen macht, braucht sich nicht zu wundern, dass es mit der Firma immer schlechter vorangeht und er mehr tragen und ertragen muss.“ (Interview im manager-magazin.de vom 11.11.2016)

Schlechte Führung kostet Geld, sie verursacht Fluktuation, sie demotiviert und frustriert. Jeder kennt den geflügelten Satz „Wenn es auf der Beziehungsebene klemmt, gibt es auf der Arbeitsebene keinen Fortschritt.“ Genug gejammert!

Woran erkennt man Königsmacher?

Beschäftigen wir uns zunächst mit den heutigen Erwartungen an Führungskräfte.

Die mit Abstand wichtigsten Eigenschaften einer Führungskraft sind die Fähigkeit zu offener Kommunikation und zu Feedback mit 63% bzw. 57% der Nennungen. Aus den Ergebnissen lassen sich Verhaltensweisen filtern, die „Gute Führung“ kennzeichnen.

1. Königsmacher sind Vorbilder und zentrale Botschafter der Organisationskultur nach innen. Das Handeln von Führungskräften prägt wesentlich das Klima und den Arbeitsstil einer Organisation. Konkret heißt das, dass Führungskräfte besonders in der Pflicht sind, respektvoll, partnerschaftlich und persönlich zu agieren. Sie verhalten sich als Teamplayer und überzeugen durch sachliche Argumente, nicht durch hierarchisches Auftreten. Sie verhalten sich fair, verlässlich und konsequent, Reden und Handeln stimmen überein. Ihre Haltung gegenüber Veränderungen ist aufgeschlossen und lösungsorientiert. Sie reflektieren ihr eigenes Verhalten, holen sich Feedback ein und nehmen Kritik ernst.

2. Königsmacher haben keine Angst vor Veränderung Das bezieht sich zum einen auf Ziele und Aufgaben ihrer Mitarbeiter und auf Veränderungsprozesse. Zum anderen beinhaltet dies auch das Schaffen von Vertrauen und Sicherheit. Voraussetzung hierfür ist eine persönliche Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem. Durch planvolles, transparentes und beteiligungsorientiertes Vorgehen nehmen sie ihre Mitarbeiter in Veränderungen mit, zeigen Sinn und neue Perspektiven auf und führen sie so sicher durch den Wandel. Sie vermeiden Überlastung der Mitarbeiter und nehmen ihre Fürsorgepflicht ernst. Das beinhaltet auch einen guten Umgang mit ihren eigenen Ressourcen.

3. Königsmacher fordern und fördern Potenziale erkennen, entwickeln und richtig einsetzen, d.h. also eine Übereinstimmung von Mitarbeiter und Arbeitsplatz – dies ist ein wichtiger Aspekt professionellen Führungshandelns. Es schließt die Auswahl von neuen Mitarbeitern ebenso ein wie die fachliche Weiterentwicklung und Gestaltung des Zuschnitts der Aufgaben vorhandener Mitarbeiter.

4. Königsmacher sind Anführer Es bedeutet, dass Führungskräfte Kontrolle abgeben müssen. Davor haben Chefs oft große Angst. Sie erkennen nicht, dass ein großer Teil ihrer Macht und Kontrolle fiktiv ist. Sie können zwar vieles entscheiden, aber das bewirkt oft am Ende wenig, weil in zahlreichen Firmen Grabenkämpfe herrschen. Wenn man sich das einmal eingesteht, öffnet sich die Tür zu einer neuen Einsicht: Paradoxerweise werden Manager viel wirkungsvoller, wenn sie ihren Mitarbeitern mehr Freiheit geben.

Eine gute Führungskultur zeichnet sich durch zwei Aspekte des Führungsverhaltens aus: Ergebnisorientierung (Leistungsorientierung): Führungsverhalten ist so zu gestalten, dass Mitarbeiter ihr Potenzial kontinuierlich verbessern und vor allem auch einbringen. Mitarbeiterorientierung: Führungsverhalten ist so an den Bedürfnissen der Mitarbeiter auszurichten, dass vertrauensvolle und von Respekt getragene Beziehungen entstehen.

Oder kürzer……

Ein ziemlich radikales Experiment

Zwei Junior-Kolleginnen übernehmen für zwei Monate die Geschäftsführung bei der Wuppertaler Entertainment-Agentur music4friends. Für das Geschäftsführerexperiment wurde das Unternehmen von XING mit dem NEW WORK AWARD 2018 ausgezeichnet. Dieser spektakuläre Rollentausch beweist, dass Führung eine spezielle und dienende Funktion für eine Gruppe darstellt.

Dazu ein O-Ton von Geschäftsführer Sascha Poddey „Selbstvertrauen und Mut, die Dinge eigenständig anzupacken, erwächst aus selbst getragener Verantwortung. Diese Erfahrung möchten wir den Menschen immer wieder ermöglichen und sie dabei begleiten: auf dem Weg, beim Erfolg und auch beim Lernen.“

Fazit für das HR-Management: Enttrohnt den Chef der alten Schule!

„Um das gesamte Wissen in einer Organisation zu mobilisieren, wird sich eine dienende Führungskultur durchsetzen.“ (so der Zukunftsforscher Erik Händeler)

Ich empfehle nur eine einzige Maßnahme – ein Führungstraining für die Geschäftsleitungsebene! Eine bessere Führungskultur beginnt immer an der Spitze des Unternehmens.

Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit einer effektiven Arbeitsmethodik.


Die Artikelserie „How happy are you with your job?“ beschäftigt sich mit der Zukunft der (Zusammen-)Arbeit in der Eventbranche. Mit den Herausforderungen des sozialen, technologischen, kulturellen und ökonomischen Wandels, der alle Akteure der Veranstaltungswirtschaft betrifft, nein durchschüttelt. Dabei lassen das Bewusstsein hierfür und die Veränderungsbereitschaft der Branche zu wünschen übrig.

Die Artikelserie gliedert sich in acht Abschnitte, die in sich abgeschlossene Themen darstellen und nicht chronologisch gelesen werden müssen:


Unser Gastautor:

Wolf Rübner gründete mit EventCampus 2002 eine auf Live-Kommunikation spezialisierte Beratung. Zu den Kunden zählen Agenturen, Messebau und Event-Dienstleister.

Beratungsfelder sind Marketing und Personal. Strategie-Workshops, Präsentations- und Führungs-Training sowie Seminare runden sein Portfolio ab.


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Bildquellen: Gold Vektor erstellt von freepik - de.freepik.com, Wolf Rübner

Autor: Gastautor: Wolf Rübner | Eventcampus

Veröffentlicht am: 11.04.2019


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