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Themensammlung - Employer Branding

How happy are you with your job? - Es wird Zeit, Arbeit neu zu definieren

Prolog: Vom Arbeitssklaven zum Mitunternehmer

Wer hat sich diese Fragen noch nicht gestellt: Macht meine Arbeit noch immer Spaß? Ist es das, was man mir versprochen hat? Will ich das in fünf Jahren immer noch machen? Diese Zweifel beschleichen jeden von uns, oft geht diese Phase vorüber, manchmal jedoch nistet sich im Hinterkopf der zarte Wunsch nach Veränderung ein. Doch woran krankt es?

Aus dem „Gallup Engagement Index 2018“ geht hervor, dass lediglich 15 Prozent der Berufstätigen hierzulande eine hohe emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber aufweisen. Fast drei Viertel (71 Prozent) - und damit der Großteil - fühlt sich nur gering mit dem Unternehmen verbunden. 14 Prozent der Arbeitnehmer besitzen gar keine emotionale Bindung zum Unternehmen.

Wir verbringen fast ein halbes Leben mit Erwerbsarbeit. Daher lohnt es sich darüber nachzudenken, wie Zusammenarbeit zufriedenstellend, sinnstiftend, effektiv und effizient gestaltet werden kann. Und welche Anforderungen ergeben sich daraus für den Bereich Human Resources?

Die Artikelserie „How happy are you with your job?“ beschäftigt sich mit der Zukunft der (Zusammen-)Arbeit in der Eventbranche. Mit den Herausforderungen des sozialen, technologischen, kulturellen und ökonomischen Wandels, der alle Akteure der Veranstaltungswirtschaft betrifft, nein durchschüttelt. Dabei lassen das Bewusstsein hierfür und die Veränderungsbereitschaft der Branche zu wünschen übrig.

Mit der Artikelserie möchte ich auf den MICE Club LIVE 2019 hinleiten, um dort mit Protagonisten der Branche und Experten mögliche Lösungen für eine bessere Zusammenarbeit zu diskutieren.

  • Wie kann man der gestiegenen inhaltlichen Komplexität begegnen?
  • Welche Arbeitszeitmodelle ermöglichen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie?
  • Wie kompensiert man den Arbeitsdruck und vermeidet das Ausbrennen der Köpfe?
  • Ist die Generation Y nur ein Mythos? Was erwartet man vom Arbeitsleben in der MICE-Branche?
  • Wie können Mitarbeiter effektiver gefunden und gebunden werden?
  • Wie viel Hierarchie braucht ein Unternehmen?

Der MICE Club macht sich gemeinsam mit der Community auf den Weg. Und wir wollen von den Besten lernen. Die Pioniere der neuen Arbeitswelt kommen in Interviews und in Berlin zu Wort.

Die Artikelserie, deren Einleitung Sie hier gerade lesen, gliedert sich in acht Abschnitte, die in sich abgeschlossene Themen darstellen und nicht chronologisch gelesen werden müssen:

Lesen Sie heute Teil 1 der Serie, den Prolog: Vom Arbeitssklaven zum Mitunternehmer.


Prolog: Vom Arbeitssklaven zum Mitunternehmer

In meiner Stammkneipe in der Düsseldorfer Altstadt verkündete Fernando, der Zappes, kurz vor Schließung des Lokals einst gutgelaunt: „Wir sind unkündbar, Sklaven werden verkauft!“ An diesen Kalauer habe ich zu meinen Agenturzeiten hin und wieder denken müssen. Zum Glück haben sich seit den Sklavenmärkten im antiken Griechenland die Kräfteverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt drastisch verschoben.

Im Laufe der vergangenen 100 Jahre verließen wir in Westeuropa die „Arbeitshölle“ von Hungerlöhnen, Ausbeutung, Arbeit bis zur Erschöpfung und Rechtlosigkeit. Schauen wir, mit Dankbarkeit im Herzen, wie das „Arbeitsparadies“ Gestalt annahm.

Die Schutzrechte von Arbeitnehmern – Kündigungsschutz, Arbeitszeitgesetz, Betriebsrat, Mitbestimmung, bezahlter Urlaub, Lohnfortzahlung, Mindestlohn und nicht zuletzt der §4 der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 – bilden ein starkes Bollwerk gegen die Machtlosigkeit von „Arbeitnehmern“ früherer Epochen:

  1. Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
  2. Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.

Da ist man einen Moment verblüfft, erst vor 70 Jahren wurde die Sklaverei in Europa verboten? Die meisten Leser und auch der Autor sind nach 1950 geboren, haben vielleicht den berühmten Sklavenroman „Onkel Tom’s Hütte“ gelesen. Auch die Ausbeutung von Arbeitern in den Industriefabriken des 19. Jahrhunderts fand in einem Land vor unserer Zeit statt. Gewerkschaften? Eine Selbstverständlichkeit! Tarifverträge? Ein Naturgesetz!

Eine endlos lange Periode abhängiger Beschäftigung – entlohnt oder nicht entlohnt – wurde sukzessive durch Rechtsansprüche und die Gegenmacht der Gewerkschaften abgefedert. Abhängig beschäftigt sind die meisten Menschen allerdings immer noch. Darunter versteht das Bundessozialgericht „Persönliche Abhängigkeit, das heißt Eingliederung in den Betrieb und Weisungsrecht des Arbeitgebers bezüglich Zeit, Dauer, Ort und Ausführung der Arbeit.“

Typisch für die Eventbranche sind aber auch freie Projektleiter und Techniker. Die Frage sei erlaubt, ist Freelance nicht eine höhere Form der Selbstausbeutung?

Also immer noch ohnmächtig, der Willkür des Dienstherrn ausgesetzt? Ja, ganz sicher ist das Ausgeliefert-Sein (oder –Fühlen) in Unternehmen, Behörden und bei Auftraggebern eine verbreitete Realität. Doch das Tempo der Veränderung der Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt und in Betrieben ist atemberaubend. Man liest beinahe täglich von den Errungenschaften des „New Work“, vom Kulturwandel, vom Mitarbeiter als Markenbotschafter, vom Feelgood-Manager. Woher kommt der Sinneswandel?

Wohlmeinend könnte man vom Paradigmenwechsel in den Führungsetagen sprechen. Der Mitarbeiter wird nicht mehr als Kostenstelle betrachtet, sondern als LEISTUNGSTRÄGER. Also Wertschöpfung durch Wertschätzung? Das ist noch ein langer Weg.

Wir sind dennoch mittendrin in der Revolution der Arbeitswelt. Eine neue Generation will sich selbst verwirklichen, etwas Sinnhaftes tun und Karriere, Familie und Freizeit unter einen Hut bekommen. Die Revolution hängt also mit dem Wertewandel in der Gesellschaft zusammen. Ja, vordergründig hat es mit dem Fachkräftemangel zu tun, knappe Güter steigen im Wert.

Der hintergründig treibende Faktor ist der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft, an dessen vorläufigem Ende der Wissensarbeiter steht. Gerade in Agenturen treffen wir einen ihrer Prototypen: Er oder sie plant, sammelt Informationen, verarbeitet die Informationen zu Wissen und Gewissheit. Sie kommunizieren mit einer Vielzahl von Spezialisten und Stakeholdern, sie bilden die Knotenpunkte in einem fantastischen Netzwerk.

Und was ist mit der Digitalisierung? Die Digitalisierung ändert Herrschaftsverhältnisse! Zu beobachten ist die Parallele zu den Produktmärkten – Marken verlieren schleichend die Deutungshoheit über ihre Kommunikation. Im Büro nebenan sitzt dem hochnäsigen Arbeit-Geber von gestern beim Vorstellungsgespräch ein informierter, selbstbewusster Unternehmer in eigener Sache gegenüber. Merke: Bewerber sind keine Bittsteller!

Und noch etwas verändert die Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt: Die Transparenz durch Arbeitgeberbewertungsportale wie www.kununu.com, das mit 3,1 Millionen Bewertungen zu 842.000 Arbeitgebern wirbt (Stand Ende Januar 2019). Das Internet beraubt sie der Unantastbarkeit und entreißt den bewerteten Unternehmen einen Teil ihrer (Betriebs-)Geheimnisse. Nämlich was sie jenseits des monatlichen Gehaltsschecks zu bieten haben.

Weitsichtige Unternehmen, die es natürlich auch in der MICE-Branche gibt, sind bereits vor Jahren eine strategische Partnerschaft mit ihren Mitarbeitern eingegangen. Z.B. der 1981 gegründete technische Dienstleister Neumann & Müller:

Teil der Firmenstrategie war von Beginn an, Verantwortung auf mehrere verlässliche Schultern zu verteilen. Aktuell zeichnen 45 aktive Teilhaber für den Kurs des Unternehmens verantwortlich. 2005 wurde das praxisbewährte Teilhaberkonstrukt durch das Verankern einer Nachfolgeregelung auf zukunftssichere Füße gestellt, so dass ein wie auch immer begründetes Ausscheiden von Teilhabern aus der Unternehmensgruppe den Bestand von N&M als Gesamtheit nicht gefährden kann. Neben den aktiven Teilhabern besteht auch für einen Teil der Mitarbeiter die Möglichkeit, sich am Unternehmen zu beteiligen und somit vom Erfolg zu profitieren. (aus eventpartner 6/2011 S. 46)

Nachhaltigkeit ist in aller Munde, doch sie ruht nicht nur auf der ökologischen Säule, sondern hat auch eine soziale Komponente. Menschen sehnen sich nach Respekt und Anerkennung, oder wie es der Volksmund ausdrückt „Behandle andere stets so, wie Du selbst behandelt werden möchtest.“


Unser Gastautor:

Wolf Rübner gründete mit EventCampus 2002 eine auf Live-Kommunikation spezialisierte Beratung. Zu den Kunden zählen Agenturen, Messebau und Event-Dienstleister.

Beratungsfelder sind Marketing und Personal. Strategie-Workshops, Präsentations- und Führungs-Training sowie Seminare runden sein Portfolio ab.


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Autor: Gastautor: Wolf Rübner | Eventcampus

Veröffentlicht am: 14.02.2019


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