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Meinung

Der Wert der Leistung – leider vernachlässigt in der Wertediskussion

Immer wieder lese ich von Werten, Werteverfall, Wertevermittlung, Wertschätzung. Vorwiegend sind dabei die soziale, gesellschaftliche Komponente, die Nachhaltigkeit und die Ethik gemeint, während der Wert der Arbeit und der Wert der Leistung an sich immer mehr hinten herunterfällt, manchmal ins Bodenlose, wie ich finde.

Es wird überall gedealt, nicht nur im Weißen Haus. Stets steht der Big Deal im Vordergrund. Nicht nur beim Pitchen um kreative Agenturleistungen, sondern auch bei Basics wie Tisch und Bett, Transport und Technik. Alles nichts Neues - „Geiz ist geil“ - nur der Dumme zahlt einen unverhandelten Preis und ein Company Sale kann sich nur dann profilieren, wenn der gekürzte, sprich nachverhandelte Betrag möglichst groß und mit spitzem Rotstift erfochten wurde.

Neu ist, dass kaum noch eine Leistung preislich beziffert werden kann, bevor man nicht etliche Stunden, ja Tage in die 360 Grad-Beleuchtung einer Leistung und deren Rahmenbedingung gesteckt hat. Wer das nicht tut, einfach nur einen Termin, einen Ort und eine Teilnehmergröße abfragt, der kann sich die Ausarbeitung eines Angebotes eigentlich gleich sparen.

Schon jeder Privatreisende weiß seit der Fernsehwerbung von „Secret Escapes“, dass man jeden Luxus für einen Schnäppchenpreis haben kann, weil der eigentliche Horror leere Hotelbetten sind und nicht eine „unter Preis“ verkaufte Leistung.

Was früher das Tarifsystem der Airlines war – sprich für eine Serviceklasse zwanzig und mehr Buchungsklassen mit unterschiedlichsten Bedingungen - ist inzwischen auf nahezu jede Leistung anwendbar. In Sachen Flug gewöhnte man sich daran, der Kunde akzeptierte die Erklärung, dass es keinen „Mengenrabatt“ gibt, wenn man eine Gruppe von 130 Personen in einen Airbus 320-200 bucht, weil man das ausgeklügelte System der Mischkalkulation, Auslastungsprognosen und Streckenkonkurrenz damit killt.

Von Hotels kannten wir das Thema durch lokale Messen, Großveranstaltungen und Sportevents, aber sonst, da konnte man doch noch einigermaßen gut Preise schätzen und entsprechend der Qualität seriös recherchierte Preise eruieren und war sicher, ein Best Buy anzubieten, sobald dem Kunden das Angebot vorgelegt wurde.

Inzwischen zögere ich, ob ich tatsächlich ausreichend clever gefragt habe, falls der Anbieter nicht von sich aus Alternativen zu anderen Terminen, an einem anderen Ort oder einfach zu einer anderen Tageszeit anbietet. In nahezu alle Gewerke fließen Gestaltungsvarianten bei der Preisfindung ein, die auf Erfahrungen, Beobachtungen und im Zweifelsfall auf Erkenntnissen aus der Glaskugel unter dem Motto „wenn, dann“ resultieren.

Wir haben aber nun mal die Tatsache, dass Geld die Welt regiert und dass man bei einem Incentive auch ein gewisses Niveau bieten muss, um Wertschätzung auszudrücken. Auch wird man Potentials eher im teuren Sportresort mit 2.000 qm Spa unterbringen, statt in Berghütten mit toller Atmosphäre, denn man könnte für geizig gehalten werden.

Inzwischen haben wir aber selbst vor lauter kreativer Preisgestaltung kaum noch einen klaren Blick auf den Preis, und somit auf den Wert einer Leistung.

Der Caterer informiert, dass das angefragte Buffet am Samstag um fast 35% teurer ist durch Wochenendzuschläge für Personal. Dazu käme die Tatsache, dass eine Hochzeitsgesellschaft ein attraktiverer Kunde ist, als eine Company, die ständig nachverhandelt, Open Bar mit Billigwein zu einem Spottpreis will und den Digestif streicht.

Auf die Frage, ob denn eine solche Anfrage für besagten Samstag vorliegt, kommt die lapidare Antwort, dass samstags immer geheiratet wird und wenn man den günstigeren Preis möchte, doch einfach mittwochs oder donnerstags kommen solle.

Ich denke, da läuft etwas fürchterlich falsch und wir haben uns selbst in eine Sackgasse mit zu kleinem Wendehammer manövriert. Der Kunde reagiert entsprechend, denn er hat ja gelernt, dass immer noch was geht. Nur der erhebliche Rechercheaufwand wird weder gesehen noch bezahlt. In Zeiten des Internets und der steten Verfügbarkeit aller Optionen 24/7 wird dazu noch die Zeit zwischen Anfrage und Angebot immer knapper gehalten, wobei eine solche Recherche immer das Gespräch erfordert.

Wie so oft ist das Zeitgeist. Wer geht denn heute noch in ein Möbelhaus, wenn er eine neue Wohnlandschaft möchte, ohne dass es mal mindestens „die Mehrwertsteuer zurück“ gibt, sprich 19% Rabatt, gerne auch mal 30% oder mehr. Denn einen Anlass für das Verramschen von Waren wird es in einer Konsumgesellschaft, die weit über den Bedarf hinaus produziert, immer geben. Die Panik zu viel bezahlt zu haben mindert aber definitiv den Wert des Begehrten!

Es wäre aber eine Überlegung wert, ob wir im Dienstleistungssektor nicht doch eher mit den Handwerkern vergleichbar sind? Sucht mal einen Fliesenleger, der vor Weihnachten noch einen Auftrag annehmen kann. Der kann eigentlich nicht gut sein, oder?


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Bildquelle: Designed by Freepik

Autor: Gastautorin: Gabi Schares

Veröffentlicht am: 31.08.2017


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