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EventTech, Mobilität

Wünsche von den Augen ablesen

Air New Zealand wagt Versuch mit getunter HoloLens

Wie mag er aussehen, der Service der Zukunft? Das fragten sich Verantwortliche der Fluglinie Air New Zealand und gingen im Mai dieses Jahres eine gezielte Kooperation mit dem IT-Dienstleister Dimension Data ein. Die Computerexperten haben eine spezielle Software für die Augmented Reality-Brille HoloLens von Microsoft entwickelt. So konnten dem Bordpersonal relevante Informationen zu einzelnen Fluggästen eingeblendet werden, die ihr Einverständnis zu diesem Projekt gegeben haben.

HoloLens bei Air New Zealand

Stewardess oder Steward erhielten via Gesichtserkennung umgehend Infos zu den bevorzugten Speisen und Getränken, zu eventuellen Allergien, zur geplanten Weiterreise oder möglichen Problemen beim Check-in. Die in der Brille eingebauten Sensoren analysierten den Fluggast zudem audiovisuell. So ließen sich Unwohlsein oder Flugangst von Seiten des Personals genauso antizipieren wie ein erhöhtes Stresslevel oder ein augenscheinliches Ruhebedürfnis. Natürlich: Geübte Servicekräfte sollten auch ohne HoloLens über die Fähigkeit verfügen, den emotionalen Zustand des Gegenübers einschätzen zu können, aber nicht jeder hat im Joballtag ein solch geübtes Auge für seine Mitmenschen.

Kundenwünsche erahnen und sofort reagieren

Ziel des Experiments war es, der Crew eine Möglichkeit an die Hand zu geben, noch genauer und individueller auf Kundenbedürfnisse einzugehen. Nun mag es nicht jedem gefallen, wenn der Flugbegleiter plötzlich überdimensional bebrillt vor einem steht und ein individuelles Datenpack zum Anlass nimmt, dem Fluggast eine Decke zu offerieren, einen Tomatensaft anzubieten oder einen Film zu empfehlen.

Avi Golan, Chief Digital Officer bei Air New Zealand sieht das natürlich anders: „Die HoloLens-Software ist ein großartiges Beispiel für unser Interesse an der Zusammenarbeit mit innovativen Kooperationspartnern. Sie zeigt, wie neue Technologien die Arbeit unseres Bordpersonals verbessern und wie wir unseren Kunden durch eine stärkere Personalisierung ein besseres Reiseerlebnis bieten können.“ Auch den kompletten Verzicht auf Papier an Bord hebt Golan bei seiner Lobesrede hervor.

Ein Video zum Pilotprojekt von Air New Zealand:


Beruhigend oder beunruhigend?

Denken wir mal einen Schritt weiter. Nervös wirkende und stark schwitzende Fluggäste könnten – wenn das äußere Klischee passt – natürlich auch leicht als potenzielle „Gefährder“ oder zumindest als mögliche Unruhestifter eingestuft werden. Das wiederum könnte im Einzelfall die Sicherheit erhöhen, würde mehrheitlich aber vermutlich zu fragwürdigen Zwischenfällen führen. Man kann es weiterspinnen, wie man will: Es gibt bei allen sensorischen Software-Anwendungen, die in die Privatsphäre des Menschen eindringen, ein nachvollziehbares Für und ein sehr verständliches Wider. Die Diskussion darüber, ob die Verwendung von Augmented Reality innerhalb des Servicebereichs zukunftsweisend oder aus Sichtweise des Datenschutzes bedenklich ist, hat gerade erst begonnen.

Hintergrund und Vorschau

Das bei Air New Zealand durchgeführte Experiment fällt in den Bereich der Augmented Reality (AR). Im Gegensatz zur Virtual Reality (VR) steht diese Technologie für die Erweiterung der realen Wahrnehmung, schafft also keine völlig neuen Realitäten. AR kommt bereits auf vielfältige Weise zum Einsatz, etwa via App, Armband oder Smart Watch. Das bekannteste Beispiel ist wohl das interaktive Spiel „Pokémon Go“.

Der Einsatz von ähnlichen AR-Konzepten wie dem von Air New Zealand ist natürlich auch auf Messen und Events aller Art denkbar − und hier womöglich noch zielführender. Denn die persönlichen Wünsche, Ansprüche und Vorlieben der Gäste sind für einen Veranstalter im Prinzip noch wichtiger als für eine Fluglinie. Natürlich soll sich auch der Fluggast möglichst wohlfühlen, aber der Kongress- oder Incentive-Teilnehmer mit VIP-Status gehört nun einmal besonders umworben und umhegt.

Im Vorfeld vom Besucher ausgefüllte Fragebögen inkl. eines Fotos für die Gesichtserkennungssoftware können eine Vielzahl von individuellen Serviceleistungen nach sich ziehen − etwa das Catering, die Unterbringung, das Rahmenprogramm oder die Mobilität vor Ort betreffend. Malen Sie sich selbst aus, ob es Ihnen behagen würde, wenn das Servicepersonal der Zukunft Ihnen Ihre Wünsche gleichsam von den Augen abliest, vom „Zimmer mit Whirlpool“ bis zum „Schnaps zur Beruhigung“.


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Bildquelle: Air New Zealand

Autor: Frank Brehm

Veröffentlicht am: 17.08.2017


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