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Destinationen, EventTech

KI und Machine Learning verändern das Reisen der Zukunft

Big Data & Co. machen auch vor der Eventbranche nicht halt

Das Reisen der Zukunft wird von zwei Dingen bestimmt: Veränderungen im Transportwesen und neuen Technologien, die das Reisen immer einfacher und irgendwann die physische Reise sogar ganz obsolet machen. KI und Machine Learning nehmen uns die beschwerlichen Dinge des Reisens schon bald ab. Natürlich werden diese Technologietrends branchenübergreifend eingesetzt. Welchen Einfluss KI, Big Data und Machine Learning auf die Eventbranche haben, diskutierten für den aktuellen Xing Events Trendreport Experten auf den Gebieten Teilnehmermanagement und Eventvermarktung. Um die Parallelen in beiden Branchen geht es in diesem Beitrag.

Ein Zukunftsszenario – die Anreise zur electronica im Jahr 2050

Autonome Drohnentaxen, die uns zur gewünschten Zeit direkt vor der Tür abholen und ohne Verzögerung zum Flughafen befördern, sind schon bald Realität. Die Anreise wird mithilfe von KI personalisiert, umweltfreundlich und angenehmer. Am Zielflughafen angekommen könnte uns in Zukunft schon bald ein Hyperloop mit über 1.000 km/h direkt zum Hotel bringen. Um unsere Koffer kümmert sich dank direkt darin eingelassener Siliziumwafern der Gepäckroboter am Flughafen sowie das Drohnentaxi, das unsere Sachen zielgerichtet zum Hotel befördert. Via Datenübertragung von Drohnentaxi und Hyperloop wird das Hotel über unser Eintreffen in Echtzeit informiert. So können Roboter unsere Zimmer entsprechend vorbereiten. Außerdem sind sie dank Machine Learning so lernfähig, dass sie uns zufriedenstellende Antworten auf jegliche unserer Fragen geben können.

Ach übrigens, die gesamte Organisation der Reise war dank Algorithmen, die aufgrund unseres Suchverhaltens wussten, was uns wichtig ist, ein Kinderspiel. Auch der morgendliche Stress „Habe ich an alles gedacht – wo ist denn jetzt wieder der Ausweis?!“ fällt weg, denn die Sicherheitskontrolle geschieht mittlerweile mittels Gesichtserkennung – wir haben unseren Ausweis also immer dabei. Klingt immer noch zu stressig? Wie wäre es mit einem personalisierten Gesichtspeeling im hoteleigenen Spa direkt nach der Ankunft und einem kleinen VR-Ausflug an einen tropischen Strand? Spätestens nach diesem – wenn auch künstlichen – Erlebnis wäre sicherlich jeder entspannt.


Hier geht's zur Infografik: Wie reisen wir in der Zukunft?


So – oder so ähnlich – könnte in 30 Jahren eine Reise zur electronica 2050 aussehen. Die genannten Technologien – KI, Chatbots, Gesichtserkennung, VR und auch AR – sind zwar bereits heutzutage in Verwendung, ihnen mangelt es jedoch noch an der nötigen technologischen Reife, um eine Reise holistisch und autark planen zu können.

Auch in der Eventbranche können diese Technologien eingesetzt werden, um Gästen ein personalisiertes und zufriedenstellendes Messeerlebnis zu bieten. Wo dies bereits geschieht und welche Entwicklungspotenziale es hier noch gibt, diskutierten für die Novemberausgabe des Xing Event Trendreports Philipp Westermeyer (OMR), Alexander Franke (botconnect), Michael Heipel (Concept & Consulting), Katrin-Cécile Ziegler (Digital Economist), Cai-Nicolas Ziegler (Xing Events), Richard Caelius (Eventbase) und Christoph Sedlmeir (doo). Welche Technologietrends bestimmen also die Eventbranche in den kommenden Jahren?

KI und Machine Learning unterstützen bei Planung und Durchführung von Events

Welche Technologien führen dazu, dass Messeteilnehmer ein Reiseerlebnis haben werden, wie er im fiktiven Reiseeintrag „electronica2050“ beschrieben wurde? Hier sind sich Experten einig: KI und Machine Learning lesen auf Veranstalterseite aus, welche Marketing-Mails oder Social-Media-Posts von bestimmten Personen geöffnet oder gelesen wurden. Auf Basis dieser Daten können Veranstalter erkennen, welche Entscheidungen getroffen werden müssen, um ihre Zielgruppe anzusprechen und auf das Event zu holen. Ist vielleicht ein spezieller Speaker zu einem sehr gefragten Thema das „i-Tüpfelchen“, was die gewünschte Zielgruppe anspricht? Möchte die Zielgruppe einen bestimmten thematischen Schwerpunkt, der gerade heiß diskutiert wird?

Auch während eines Events kann KI in Form eines Beacons im Badge helfen, Interessen der Besucher auszuloten. Anonymisierte Daten werden dazu gesammelt, an welchen Ständen Besucher sich beispielsweise besonders lange aufgehalten haben. Kommen diese dann an den eigenen Messestand, weiß das Verkaufspersonal dort bereits, welche Gesprächsthemen für diese Besucher interessant sind, und kann ihnen so ein personalisiertes Erlebnis bieten.

Einzelne Events nicht groß genug für Big Data – wie Big Data trotzdem genutzt werden kann

Das wichtigste, um KI sinnvoll zu nutzen, ist momentan, ausreichend Daten zu sammeln. Hier sieht die Eventbranche die größte Hürde, um Innovationen voranzutreiben.

  • Sogar Events mit 50.000 Besuchern bieten nicht genug Daten für Big Data
  • Besser: Anonymisierte Daten von mehreren Events nutzen (Plattformen)
  • Daten von KI auswerten lassen, um dann sinnvolle Cluster zu bilden
  • Daten anderer Events mit ähnlichen Zielgruppen bieten Learnings für das eigene Event

Es ist ebenso wichtig, dass KI dazu eingesetzt wird, Daten aus verschiedenen Datensilos (Teilnehmerdatenbanken verschiedener Events, Social Media, eigene Marketingdaten) zu aggregieren und übergreifend auszuwerten – ein zu großer Aufwand für Veranstalter bisher, wenn sie es manuell täten. Am besten ist es, diese Daten bereits vor dem Event auszuwerten, um so unterschiedliche Zielgruppen bereits mit einer personalisierten Einladung anzusprechen.

Zurück zur eingangs angesprochenen Reise: Auf User-Seite sorgen Algorithmen dafür, dass der potenzielle Messebesucher eine personalisierte Einladung erhält, die genau seinen Interessen entspricht. Nun sieht er in einem Social-Media-Post, der seinen Sprachgewohnheiten haargenau entspricht, dass auf der Veranstaltung ein Speaker sein Wunschthema aufgreift. Es ist auf Veranstalterseite also schon bei der Planung und Vermarktung eines Events essenziell, genau zu wissen, was die verschiedenen Zielgruppen erwarten. Können diese Erwartungen erfüllt werden, bleibt ein Event für verschiedene Zielgruppen relevant und erhöht die Chance auf einen (weiteren) Besuch. Auch der Besucher selbst kann KI nutzen – zum Beispiel, um sich aufgrund der eigenen Interessen das perfekte Programm zusammenstellen zu lassen.

Schön und gut – aber was ist mit der DSGVO?

Das Thema DSGVO sorgt bei vielen Eventveranstaltern noch immer für Zurückhaltung, wenn es darum geht, Nutzerdaten zu sammeln. Auch darüber wurde diskutiert: Katrin-Cécile Ziegler nennt hier das Beispiel Gesichtstracking, bei dem der Gesichtsausdruck, also Emotionen oder Reaktionen, aufgezeichnet und ausgewertet werden können. Besonders bei einer geringen konventionellen Feedbackquote auf Events würde diese Technologie ihrer Meinung nach helfen, ein Event oder einen Vortrag auszuwerten und zu verbessern.

Ja, diese Informationen lassen sich nur mit Nutzerdaten und deren Interessen zusammentragen. Allerdings zeigt Christoph Sedlmeirs Erfahrung, dass Messebesucher bereit sind, ihre Daten für diesen Zweck bereitzustellen, solange der Messebetreiber transparent bleibt und genau erklärt, dass die Daten für die Verbesserung des Events, also letztendlich der Erfahrung der Messebesucher, genutzt werden. Cai-Nicolas Ziegler nennt hier auch den Umweg von Lookalike Audiences, die sich DSGVO-konform ermitteln lassen.

Virtual kann noch keine Emotionen – die Zukunft bleibt also vorerst hybrid

Wir sprachen anfangs davon, dass es zukünftig sogar Technologien geben wird, die das Reisen zu Veranstaltungen ganz und gar überflüssig machen werden. Daher hier noch ein paar Worte zu Virtual Events.

Eins vorweg: Sowohl reale als auch virtuelle Events haben ihre Berechtigung. Virtuell kann real nur ergänzen, es aber nicht ersetzen. Denn Events haben verschiedene Layer, nicht alle davon lassen sich virtuell reproduzieren – zumindest noch nicht. Wenn es um Produktvorführungen geht, bei denen die Haptik im Vordergrund steht, hat ein reales Event eindeutig die Nase vorn. Es entsteht auch nicht das gleiche gemeinsame Erlebnis, wenn man in einem Raum mit Gleichgesinnten einem sehr inspirierenden Redner zuhört und mitgerissen wird. Die Experten nennen es das „Lagerfeuer-Feeling“, denn gemeinsam Erlebtes verbindet.

Die Vorteile von virtuellen Events, besonders bei sachorientierten Themen:

  • Mehr Zeitunabhängigkeit und bessere Zeiteinteilung durch nicht-linearen Aufbau
  • Masse an möglichem Input größer
  • Keine Fahrtkosten
  • Keine direkte Kaufentscheidung an Ständen

Für Veranstalter sinken die Kosten bei steigender Reichweite. Experten gehen davon aus, dass Technologien wie AR und VR in einiger Zeit soweit sind, dass sie bestimmte Emotionen, die bisher nur auf realen Events zu finden sind, nachbilden können. Das dauert aber noch mindestens zehn Jahre. Bis dahin geht man von Hybrid-Events aus, die das Beste aus beiden Welten vereinen.

2023: Bald bessere Chatbots, Event-Autopiloten und mehr Data Intelligence?

Einen anderen Knackpunkt sehen die Experten in der Organisation und Vorbereitung von Events. Hier gibt es beim Thema Chatbots, die als Berater am Helpdesk eingesetzt werden können, noch viel Aufholbedarf. Cai-Nicolas Ziegler schätzt die meisten Chatbots aktuell noch als „schlecht“ ein. Vergegenwärtigt man sich allerdings deren Potenzial, realisiert man schnell, dass sie Veranstalter enorm entlasten könnten, meint Richard Caelius. Die richtige Programmierung und Vorbereitung auf Kundenfragen sind zwei Grundvoraussetzungen dafür. Das kostet Zeit und Ressourcen, die kleinere Veranstalter nicht haben, oder nicht gewillt sind einzusetzen. In einigen Jahren wird jedoch erwartet, dass Chatbots wesentlich einfacher zu programmieren und zu trainieren sind und dadurch auch flächendeckend eingesetzt werden. Richard Caelius sieht vor allem die Entwicklung von Chatbots in den nächsten fünf Jahren als spannende Entwicklung an. Hier gäbe es noch viel Potenzial, was Interaktivität angeht.

Auch wünscht er sich in Zukunft Event-Autopiloten, die auf KI und Machine Learning basieren und den Alltag eines Eventplaners erleichtern. Diese kennen die geplanten Experiences für verschiedene Zielgruppen eines kommenden Events und werten deren Nutzerverhalten aus. Auf Basis der Analyse passen sie digitale Kanäle automatisch an, erstellen also personalisierte Kampagnen mit passendem Content und testen automatisch verschiedene Versionen davon. Die Reaktionen werten sie in Echtzeit aus und verbessern so automatisch die User Experience der Gäste – dabei kann auch Gesichtstracking bei einzelnen Veranstaltungen helfen, ein Feedback in Echtzeit zu bekommen und darauf zu reagieren.

Bei Data Intelligence geht es um die noch stärkere Nutzung von Big Data. Wenn Wissen aus Tausenden von Events genutzt und übergreifend ausgewertet werden kann, wissen Veranstalter verlässlich, auf welche Botschaften welche Zielgruppen reagieren und welchen Content diese sich wünschen. Auch Events selbst lassen sich so vergleichen, um herauszufinden, was bereits gut funktioniert. So lassen sich im Vorhinein Fragen klären wie: Wann beginnt die Eventvermarktung im Idealfall? Wie hoch sollen Ticketpreise angesetzt werden? Welche Themen haben Besucher besonders angesprochen? Welche Werbepartner kann ich als Veranstalter in Zukunft ins Boot holen?

Wohin geht also die Reise in der Zukunft?

Sowohl im Travel- als auch im Eventsektor geht es darum, mithilfe von smarten Technologien automatisierbare Aufgaben abzugeben und KI dort einzusetzen, wo sie einen besseren Job macht, als jedes menschliche Gehirn es könnte. Allerdings ist der anfängliche Aufwand, um einen Nutzen aus den Technologien zu ziehen, recht hoch, sodass derzeit die nötigen Ressourcen eher im Corporate-Sektor aufgebracht werden können. Chatbots an einer Hotelrezeption sind also (noch) wahrscheinlicher als ein gut funktionierender Chatbot bei einem Event. Hier kann davon ausgegangen werden, dass mit steigenden Investments aus dem Corporate-Sektor die Technologien immer einfacher zu bedienen sein werden und dann auch sinnvoll im Eventbereich eingesetzt werden können. Für Eventplaner der Zukunft heißt das, dass in Zukunft etliche Aufgaben wegfallen, aber dafür neue Aufgabenfelder dazukommen werden. Sie sollten also vor allem offen und neugierig bleiben, und gewillt sein, neue Technologien, Themen und Geschäftsmodelle auszuprobieren, so Katrin-Cécile Ziegler.


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Bildquellen: RS Components, Helena Lopes/Pexels, rawpixel/Unsplash, Pixabay

Autor: Gastautor: Aleksandar Kovacevic | Peak Ace AG

Veröffentlicht am: 29.11.2018


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