Jetzt MICE Club-Mitglied werden oder 30 Tage kostenfrei testen

EventTech

Ich bin dann mal weg

Was durch die Digitalisierung vermutlich überflüssig werden wird

Mit 18 bekam ich meinen ersten CD-Player geschenkt. Es begann eine kleine „Revolution“ des Musikhörens. Für die filmische Unterhaltung sollte noch viele Jahre ein VHS-Videorekorder sorgen. Ende der Neunziger wurde aus zwei Geräten eins, erst mit einem DVD-, später mit einem Blue-ray-Player. Mein neues Notebook hingegen besitzt nicht mal mehr einen Schacht für die glitzernden Scheiben, die sukzessive Schallplatten, Musik- und Videokassetten abgelöst hatten.

Heute lagern die meisten meiner CDs und DVDs auf dem Dachboden. Viele davon habe ich auf Festplatte überspielt, einige sind sogar in der Cloud beheimatet und lassen sich (hoffentlich nur von mir) streamen. Mich ganz von den materiellen Anfängen der Digitalisierung zu trennen, bringe ich dennoch nicht übers Herz. Über mein beharrlich schweigendes Festnetztelefon, das nur dann klingelt, wenn meine Mutter anruft, brauchen wir gar nicht erst zu sprechen. Und was war nochmal gleich ISDN?

10 Dinge, die in 10 Jahren verschwunden sein werden

Genug der Vorrede. Der digitale Fortschritt grüßt in immer kürzeren Produktlebenszyklen. Alle paar Jahre können mit ihm eine Menge Hardware und zahlreiche Gerätschaften bedenkenlos der Entsorgung zugeführt werden. Das betrifft auch die MICE- und Eventbranche − zum einen im Hinblick auf die sich ändernden Kommunikationsgewohnheiten von Besuchern und Gästen, zum anderen natürlich, was die technische und mediale Ausstattung von Veranstaltungen angeht. Immer auf dem neuesten Stand zu bleiben, kostet natürlich Geld, spart in den meisten Fällen aber auch Platz und lästige Verkabelungen. Und es wird so weitergehen, da braucht man sich nichts vorzumachen.

Entweder spielt die Veranstaltungsbranche den Pionier oder wird mehr oder weniger dezent darauf hingewiesen, was nicht mehr State of the Art ist. Welche Technologien und Gewohnheiten bereits kurz vor dem Ende stehen, haben die Marketingexperten von Peak Ace in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Elektronikvertrieb RS Components identifiziert. Hier also zehn Dinge, die es in zehn Jahren kaum mehr geben wird.

1. Fernbedienungen

Noch vor nicht allzu langer Zeit erstand ich ein Smart-TV und einen AV-Receiver. Ich freute mich daran, die Anzahl an Fernbedienungen auf meinem Couchtisch von fünf auf zwei reduzieren zu können. Hochrechnungen zufolge sollen bis 2023 fast 10 Mio. deutsche Haushalte smart vernetzt sein. Die Steuerung fast aller technischen Geräte dürfte dann per Stimme oder App erfolgen. Dann wird es heißen: Weg mit der „Macht“!

2. Bargeld

Tatsächlich wundere ich mich schon seit vielen Jahren, warum sich die Zahlung per Kreditkarte in Deutschland als so kompliziert erweist, z.B. beim Klamotten- oder Möbelkauf. Bis heute werden hierzulande tatsächlich 77 Prozent aller Einkäufe bar getätigt. Der weltweite Trend weist in die entgegengesetzte Richtung und wird sich zweifelsohne auch hierzulande durchsetzen. Mindestens genauso kurios finde ich die Tatsache, dass sich in meinem Portemonnaie immer noch zig Plastikkarten tummeln: Wann verschwinden die alle in der digitalen Wallet?

3. Schlüssel

Mist! Wieder mal ist die Wohnungstür aufgrund von Durchzug zugefallen, nur weil ich dem Paketboten entgegeneilen wollte. Zum Glück habe ich einen Zweitschlüssel im Keller versteckt, der mir einen teuren Schlüsseldienst erspart. Das kann natürlich auch mit einer Chipkarte passieren, wie sie in Hotels üblich ist. Also werden in Zukunft eher der Netzhaut-Scan oder der Fingerabdruck für Zugang sorgen. Das dürfte zumindest in Mietwohnungen aber noch eine ganze Weile dauern, weil Immobilienbesitzer dann ziemlich viel Aufwand mit der Installation der entsprechenden Technik haben würden.

4. Passwörter

Auch in digitalen Zeiten sollte man sich (leider) noch so einiges merken oder notieren. Der Klick auf „Passwort vergessen?“ ist wohl eines der meistgenutzten Features im Internet. Kein Wunder, wenn man für jede Anwendung ein anderes verwenden und dazu noch zig Sonderzeichen einfügen soll. Auch hier wird der Scan von Iris oder Fingerabdruck eindeutig Abhilfe schaffen. Damit aber nicht jeder PC direkt ausgetauscht werden muss, werden wohl mobile USB-Scanner erstmal das Rennen am Markt machen.

5. Flipcharts und Tafeln

Das klingt ja jetzt schon altbacken, oder? Genauso gut könnte man Overhead-Projektor schreiben. In der Schule aber ist vieles noch von gestern. Nun kann man dem deutschen Bildungssystem vorwerfen, was man will, doch bereits 2016 waren 61 Prozent der deutschen Schulen mit digitalen Whiteboards ausgestattet. Im Rahmen von Veranstaltungen können sich heute höchstens noch „Vintage-Physiker“ bei „Retro-Events“ Kreide und Tafeln erlauben.

6. Fahrkartenautomaten

Zugegeben: Sicherheitshalber drucke ich vor Reiseantritt immer noch alles aus, was als Beleg herhalten könnte. Ganz klar „Oldschool“, aber Nummer sicher. Dabei weiß ich doch, dass inzwischen jeder Schaffner und erst recht die Flughafenkontrollen QR-Code-Scanner haben. Im Mai 2017 aber lehnten noch 58 Prozent der Deutschen ein reines E-Ticket ab. Da bedarf es also noch viel Überzeugungsarbeit, die sich mit der kommenden Generation vermutlich erledigt haben dürfte.

7. Papierdokumente

Die papierlose Kommunikation ist längst bei mir angekommen. Fast alle Rechnungen erhalte ich nur noch elektronisch, selbst seitens der Stadtwerke oder der Hausverwaltung. Umso ärgerlicher sind die immer noch wöchentlichen Postwurfsendungen, kostenlosen Wochenblättchen oder jährlichen Telefonbücher. Wann sagt den zuständigen Behörden, Unternehmen und Verlagen endlich mal jemand, dass man bereits jetzt aus der Zeit gefallen ist? Andererseits: Selbst Google schickt mir alle drei Monate AdWords-Gutscheine per Briefpost!

8. Ladegeräte

Eine schöne Vorstellung: Das Handgepäck nicht mehr mit Ladegeräten vollpacken, fürs Smartphone und Notebook, für die Kamera und eventuell noch weitere Geräte vom Fitnessarmband bis zum mobilen Beamer. Dann am besten noch eine Mehrfachsteckdose, um im Hotelzimmer am Ende nicht stromlos dazustehen. Induktion lautet das „Zauberwort“, um die Geräte in Zukunft kabellos aufzuladen. Bei den iPhones und Galaxys der neuesten Generation funktioniert das eigentlich schon länger, aber die kommen eben auch nicht ohne entsprechende Infrastruktur aus.

9. (Klassische) Taxen

Besucher der Olympischen Sommerspiele in Tokio sollen bereits 2020 führerlos von A nach B chauffiert werden. Bei Uber hat es in den USA zuletzt einen tödlichen Verkehrsunfall mit einem selbstfahrenden Taxi gegeben, der den mobilen Fortschritt dennoch kaum aufhalten wird. Gerade auf Messegeländen und in geschlossenen Arealen wird derzeit bevorzugt ausprobiert, was für sich betrachtet und losgelöst vom Straßenverkehr eigentlich schon recht gut funktioniert: das autonome Fahren.

10. Lichtschalter und Heizungsregler

Die automatisierte Steuerung von Licht und Temperatur ist vor allem in einigen Hotels der Oberklasse schon angekommen. Auch in schätzungsweise sechs Millionen deutschen Haushalten werden bis 2022 Beleuchtung und Heizung in erster Linie smart geregelt werden – aus Gründen des Komforts und im Hinblick aufs Energiesparen. Doch auch hier gilt natürlich: Nicht jede Mietwohnung oder Location dürfte gleichzeitig von derselben Annehmlichkeit profitieren.

Was soll man bloß von alldem halten?

Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich mich technisch ziemlich gut ausgestattet fühle. Sicher: Mehr geht immer, aber irgendwo ziehe ich auch meine persönliche Reißleine. Sollte mein Vermieter mir in ein paar Jahren einen Iris-Scanner aufs Auge drücken wollen (kleiner Scherz am Rande), dann bitte nur ohne Mehrkosten. Ich komme auch mit einem Schlüssel klar und bemesse den Reiz eines Hotels nicht ausschließlich an seiner Fortschrittlichkeit.

Rein pragmatisch betrachtet, bringt die Digitalisierung natürlich erhebliche Vorteile mit sich. Ehemals zehn Geräte werden zu fünf, zu drei, am Ende zu einem einzigen. Das spart ganz klar Rohstoffe und damit die natürlichen Ressourcen. Es macht uns als Individuen aber auch angreifbarer, da „irgendwo da draußen“ all unsere Daten aufbewahrt werden müssen. Ein einziger Fingerprint zum Reinkommen, Bestellen, Bezahlen und Auschecken − das ist gleichermaßen verlockend wie beängstigend. Es ist davon auszugehen, dass sich das Verlockende durchsetzen wird. Goodbye, Fernbedienung! Welcome, Scan!


Das könnte Sie auch interessieren:


Bildquelle: Frank Brehm

Autor: Frank Brehm

Veröffentlicht am: 19.04.2018


Verfasse einen Kommentar

×

×