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Meinung

Der große Intelligenztest

Die MICE- und Eventbranche mit all ihren angegliederten und artverwandten Bereichen und Strukturen erlebt dieser Tage ihre Apokalypse: Aus dem Nichts kommt ein Virus und zieht einer ganzen Branche von einem auf den anderen Tag den Stecker. Shut down, Licht aus. Klappe zu, Affe tot.

Die aktuelle Situation gleicht den Bildern aus den grausamsten Endzeitfilmen aus Hollywood. Der Unterschied: Keine Fiktion, alles real! - Als ich mich vor vier Wochen in den Urlaub verabschiedete, bewarben wir unsere Educational Trips nach Stockholm und Zürich, bereiteten die IMEX vor und planten unsere nächsten Branchenveranstaltungen. Und jetzt: Alle Educational Trips, Messen und Veranstaltungen wurden abgesagt oder deren Planung bis auf Weiteres auf Eis gelegt. Eine meiner Kundinnen formulierte sehr treffend: „Wir fahren auf Sicht."

Wie lange dieser Zustand andauern wird, mag derzeit niemand vorhersehen. Doch viel gravierender sind die düsteren Aussichten, wie lange die Folgewirkungen dieser Krise unsere Branche beschäftigen werden - sofern sie den GAU überhaupt überleben wird. Denn selbst wenn das Virus eines Tages besiegt sein wird: Welche Branchenakteure werden nach der Krise weiter existieren? Wird die gebeutelte Wirtschaft in Zukunft weiter auf das fragile Instrument von Messen und Live-Kommunikation setzen? Oder kommt jetzt endlich der große Durchbruch für die EventTech-Firmen und die Digitalisierung einer noch überwiegend analog denkenden Branche?

Für den MICE Club stellt sich die Situation noch perspektivloser dar: Selbst wenn der Motor der Branche eines Tages wieder angeworfen wird: Die Nachholeffekte abgesagter Messen und Veranstaltungen und die existenzsichernde Priorisierung von Projekten, mit denen das dringend benötigte Geld verdient werden muss, um die hohen Verluste der Krisenzeit zumindest im Ansatz zu kompensieren, lassen nichts Gutes erahnen, wenn es darum geht, Anbieter und Planer für Fort- und Weiterbildungsangebote, Educational Trips und Branchenevents zu gewinnen. Welcher Anbieter wird in absehbarer Zeit seine Location, sein Hotel, sein Catering, etc. als Barter-Leistung zur Verfügung stellen, um neue Kunden zu gewinnen, wenn es erstmal darum geht, wieder auf die Beine zu kommen und Geld zu verdienen? - So gehe ich davon aus, dass wir mindestens zwei Jahre erhebliche Einbußen werden verkraften müssen, wenn unser Angebot der mehrwertorientierten Inhalte und Branchenevents überhaupt noch Gehör und Abnehmer finden wird.

Und wird es für all diese Verluste ansatzweise einen Ausgleich geben? Wird der Staat das überhaupt zu leisten im Stande sein? Neben den mitarbeiterintensiven Dienstleistungsbereichen großer Technik-, Catering- und Messebauunternehmen wie auch den Agenturen stehen vor allem die Einzelunternehmer, Kleinstunternehmen und selbstständigen Freelancer vor einer existenzbedrohenden Leidenszeit. Denn gerade letzteren bringen Kurzarbeitergeld, Kredite und Liquiditätszusagen rein gar nichts: Warten wir ab, was sich der Staat diesbezüglich - hoffentlich ohne weiteren Aufschub - überlegen wird. Denn wie will man diese Gerechtigkeitslücke füllen?

Schwarzmalerei? - Keineswegs! Eher Realität statt Naivität.


Nehmen wir einmal ein Beispiel zur Hand:

Familie A: Ein Paar mit Kindern, ER in einem Job, in dem Home Office kein Problem darstellt, SIE als Lehrerin unter vollen Bezügen freigestellt und der Möglichkeit die eigenen Kinder zu betreuen, da die Schule geschlossen ist.

Familie B: Ein Paar mit Kindern, ER selbstständig, 100 % Auftragseinbruch, SIE im Angestelltenverhältnis berufstätig betreut zu Hause die Kinder und muss dafür auf unbestimmte Zeit unbezahlten Urlaub nehmen.

Während Familie A zu wohl gleichen Bezügen wie vor der Krise sich kaum schlechter stellen wird, wird Familie B quasi über Nacht auf ein Nulleinkommen reduziert bzw. muss wegen der laufenden Fixkosten der Selbstständigkeit sogar für jeden Monat im Krisenmodus noch Geld mitbringen und verheizt ihre Rücklagen für die Alterssicherung.


Der große Intelligenztest für unsere Branche

Der Ruf nach Solidarität innerhalb unserer Branche wird dieser Tage in allen Medien rauf- und runtergeleiert.

Wir müssen jetzt zusammenhalten und für unsere Branche kämpfen. Wir schaffen das. Wir kommen gestärkt aus dieser Krise heraus.

Während Teile der Bevölkerung mit ihrem Verhalten die Ausgangssperre geradezu provozieren, stellt noch ein ganz anderer Intelligenztest unsere Branche auf den Prüfstand: Da ist etwa die Rede davon, seine Leistungen während und nach der Krise nicht mehr unter Wert zu verkaufen, kreative Leistungen nicht mehr im Rahmen unbezahlter Pitches feilzubieten oder Freelancern faire Vergütungen bei stornierten Projekten in Aussicht zu stellen.

Doch viele Branchenakteure werden dieser Tage ähnliche Erfahrungen machen wie ich: Jeder ist sich selbst immer am nächsten und von Solidarität weit und breit keine Spur.

  • Da ist der Anbieter, der sich wegen der Krise weigert, seine Mitgliedsbeiträge zu zahlen.
  • Bei einem abgesagten Projekt wird wegen befürchteter, bevorstehender Insolvenz eine Teilrückzahlung des Honorars verlangt, obwohl bereits 100 % der Leistungen erbracht wurden.
  • Da sind zurückgezogene Zusagen für Barter- und Sponsoringleistungen, die die Durchführung eines Projektes unmöglich machen.
  • Was mich persönlich am meisten ärgert: Da wird einem vorgeworfen, in der aktuellen Krise aus Profitgier und Geldmacherei mit der Angst der Menschen zu spielen - dabei will man in einem Akt der Verzweiflung und der akuten Notlage mit seinem Angebot zumindest noch ein paar wenige Euros verdienen, um seinen Arsch zu retten, bevor einem das Geschäft von den Behörden zugemacht wird.

So ist das mit der Solidarität in diesen Zeiten voller Aufgeregtheit und Aktionismus. Einkehr und Entschleunigung Fehlanzeige.

Wie geht es jetzt für den Moment weiter?

Wenn die persönliche Begegnung auf Messen und Präsenzveranstaltungen auf absehbare Zeit wegfällt, braucht es alternative Kommunikationswege, um miteinander im Gespräch zu bleiben und seine Angebote und Produkte mehrwertorientiert zu präsentieren. Und wir haben alle in der Schule gelernt, dass gerade in der schwersten Krise antizyklisches Handeln besonders vielversprechend und wirkungsvoll ist. Denn wer sich jetzt über die komplette Krisenzeit wegduckt und das Kommunizieren einstellt, verliert den Anschluss, wenn das Business nach der Krise wieder anspringt.

Daher lass uns gemeinsam über alternative Wege der Wissens- und Produktvermittlung ins Gespräch kommen. Diese Situation ist die beste Zeit:

  • für durchdachtes, mehrwertorientiertes Content-Marketing
  • für die Vermittlung von Expertise in Bereichen der Digitalisierung oder etwa des Krisenmanagements
  • für das Heben des Schatzes, vorhandene Potenziale von Interaktionstools im Bereich EventTech gut vorbereitet auf die Straße zu bringen
  • für vertrauensbildende Maßnahmen, gemeinsame Projekte für die Nachkrisenzeit aufzusetzen, um die freigewordene Zeit bestmöglich und gewinnbringend zu nutzen.

Stillstand und Nichtstun sind keine Option, Verzagen und Pessimismus die falschen Ratgeber, wenn es irgendwann wieder aufwärts gehen soll. Daher ruf mich gerne an oder schreib mir eine E-Mail, um gemeinsam für die Zukunft zu planen.

Viele Grüße aus dem südafrikanischen Exil,
Dominik

Autor: Dominik Deubner

Veröffentlicht am: 18.03.2020


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