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Themensammlung - Employer Branding

Der Arbeitsplatz der Zukunft – die Wohlfühloase für alle

In einer zunehmend digitalisierten und globalisierten Welt unterliegt der Arbeitsbegriff einem fundamentalen Wandel. So titeln viele Magazine und es wird eine Revolution gefeiert, die meines Erachtens vor allem der HR-Abteilung das Recruiting erleichtert, Top-Arbeitgeber ausweist und in der Konkurrenz um Fachkräfte und junge Talente einen Pluspunkt darstellen kann.

Das Büro als Raum wird es in Zukunft weiterhin geben, sagt das Fraunhofer Institut. Wie aber sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus und was macht er mit den Menschen, die sich in dieser schönen neuen Arbeitswelt bewegen?

Das Büro der Zukunft sei mehr als nur ein Arbeitsplatz, es sei vielmehr ein Treffpunkt, ein Ort des sozialen Austauschs. Das Büro, in dem wir so viele Stunden unseres Lebens verbringen, soll ein Wohlfühlort sein. Freie Platzwahl statt fester Bürotische, mehr Gesundheit, mehr Grün, Entspannung vor Ort beim Spiel am Flipper, Fitness auf dem Ergotrainer oder an der Tischtennisplatte und natürlich mit täglich frischer Obstschale und smarter Kaffeemaschine. Smart heißt, dass sie sich die Präferenz jedes Mitarbeiters merkt und den Matcha Latte mit Sojamilch ebenso wie den Espresso Doppio per Gesichtserkennung brüht, während der Mitarbeiter gerade mal zur Türe hereinkommt.

Das Büro als inspirierender Wohlfühlort, wo Kreativität sprudelt, man sich zum Brainstorming in der Hängematte oder auf den Loungemöbeln der Dachterrasse räkelt, in betont lockerer Atmosphäre. Thinktanks und Rückzugsräume, Fitnessgeräte und ergonomische Büromöbel, der Yogakurs im Meetingraum von 7.00 bis 8.00 Uhr für die Lerchen unter uns und von 21.00 bis 22.00 Uhr für die Nachtigallen. Die Kantine mit biodynamisch gesunden Speisen, Massagesessel und den Hund darf man auch mitbringen, solange er sich zu benehmen weiß und nicht unter dem Schreibtisch die stylischen Pumps annagt, während man am Arbeitsplatz in die bequemen Latschen schlupfen darf, ach was: soll.

Bei all dieser schönen neuen Arbeitswelt, zur Förderung der Kreativität und zur Steigerung der Produktivität, bin ich äußerst skeptisch, ob eine gesunde Work-Life-Balance überhaupt noch akzeptabel ist. Sollte man nicht lieber sein Bett mitbringen und die Wohnung kündigen? Ich fürchte, es gibt dann überhaupt keinen Grund mehr, das Büro zu verlassen, zumindest nicht in den Augen der Chefs, die große Investitionen in die schöne neue Arbeitswelt fließen ließen und natürlich einen Anspruch an Dankbarkeit und den ROI haben, indem der Mitarbeiter dem Arbeitgeber noch länger und ausdauernder zur Verfügung steht. Die Parallelwelt des Privatlebens ist ja nun völlig überflüssig geworden, oder?

Zumindest so lange man keine Kinder, pflegebedürftige Familienangehörige, geheime Neigungen oder Gelüste auf Fast Food hat. Und da sind wir an dem Punkt, weshalb ich keine schöne neue Arbeitswelt will. Ich bin eine leidenschaftliche Eventplanerin, aber ebenso leidenschaftlich Privatperson und ich suche mir aus, mit wem ich meine Freizeit gestalte oder wer neben mir auf der Yogamatte sein Gleichgewicht sucht. Und überhaupt: Kreativität passiert nicht in abgeschlossenen Systemen, sie ist sogar ganz entscheidend davon abhängig, dass man das Büro verlässt und mit offenen Augen und Ohren neue Terrains erobert, ausgetretene Pfade, auch im Kopf, verlässt.

Genauso wie durch die inzwischen kritisch gesehene ständige Erreichbarkeit, macht uns diese neue Arbeitswelt meines Erachtens nicht glücklicher. E-Mails lesen, noch mit der Zahnbürste im Mund, erste Antworten, gleich nach der Zahnbürste per Sprachnachricht, weil die noch einziehende Handlotion das Texten eher schwierig macht.

Für einen zukunftsfähigen, attraktiven Arbeitsplatz ist mir die Wohlfühlkaserne und eine weiter zunehmende Vereinnahmung von Mitarbeitern zu kurz gedacht. Brave New World wurde 1932 geschrieben, haben wir 2020 noch immer nicht verstanden, dass nur die Wahrnehmung des Individuums mit völlig eigenen Bedürfnissen, Lebens- und Arbeitsentwürfen ein nachhaltiges Konzept zum „Glück am Arbeitsplatz“ darstellt?

Eine Arbeitsgemeinschaft ist wie jede noch so kleine Gemeinschaft vor allem geprägt durch das Gesehenwerden und einer gegenseitigen Anerkennung von Bedürfnissen. Machen wir damit nicht gerade im MICE-Business auf uns aufmerksam? Empathisch, individuell, alle Konzepte customized - ist das nicht der wahre Schlüssel zu unserer Existenzberechtigung? Meine schöne neue Arbeitswelt wäre eine Welt, in der das Individuum sich geschätzt fühlt und individuelle Eigenheiten nicht nur wegen Fachkräftemangel hingenommen, sondern im Sinne einer interessanten Diversität gefördert werden.

Zu jeder Zeit in meinem Berufsleben war ich stets der gleiche Mensch, aber nicht mit den stets gleichen Bedürfnissen. Am Anfang wollte ich die Welt sehen: Gestern New Orleans, heute Frankfurt und morgen Hongkong: Ich war süchtig nach Flugstunden, brauchte wenig Schlaf, wenig Zeit für mich selbst. Ich arbeitete am klassischen Modell der persönlichen Karriere und dafür materielle Bedürfnisse zu befriedigen. Heute lächele ich, wenn ich an das übelst teure Auto und die vergoldeten Stecker an der High End-Stereoanlage denke. Dann kam recht spät der richtige Mann, Kind, Haus und Garten. Baum gepflanzt, Obst geerntet, Marmelade gekocht und weiter Events geplant! Mensch, das verlernt man doch nicht, ich kann’s doch und dazu noch Marmelade kochen!

Wie es weiter geht, weiß ich noch nicht. Wie wird die Gesundheit meiner Mutter und Schwester sein? Unfälle verändern Leben von eben auf gleich. Veranstaltungskonzepte ändern sich wie Lebenskonzepte auch. Als ich mich vor 10 Jahren mit eigener Agentur selbstständig machte, habe ich mir meinen Wunscharbeitsplatz selbst geschaffen und daran selbst und ständig einen Agenturalltag gelebt, den ich nicht anders kannte. Heute bevorzuge ich eine freie Tätigkeit, springe in verschiedene Phasen von Planung und Realisation ein oder mache ein Projekt von Anfang bis Ende. Ich bin in der glücklichen Lage wenig materielle Wünsche zu haben. Das Eigenheim bezahlt, die Kinder auf eigenen Füßen, das Appartement auf Kreta, von dem aus man so schön stundenlang auf’s Meer gucken kann, einfach und günstig, aber genau diese Zeit finde ich kostbar.

Bin ich jetzt mit meinen 30 Jahren MICE-Erfahrung für die schöne neue Arbeitswelt unbrauchbar? Wenn ja, sollte ich über eine Marmeladenmanufaktur nachdenken. Wenn nein, werfe ich gerne all mein Wissen und meine Erfahrung für ein zeitlich begrenztes Projekt in die Waagschale, aber danach brauche ich wieder Zeit, um meine Balance zu halten und die wird nicht in einem Büro zu finden sein, in das ich einziehen möchte, weil es doch so schön ist.

Om und Namaste!


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Bildquelle: Sport Foto erstellt von rawpixel.com - de.freepik.com

Autor: Gastautorin: Gabi Schares

Veröffentlicht am: 21.02.2019


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