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Themensammlung - Inszenierung/Konzeption

Vom Design Thinking zum Design Doing

Im Dschungelcamp mit Ihren MICE-Kunden

Stellen Sie sich vor, Sie werden in das Dschungelcamp eingeladen, so richtig das volle Programm, ab nach Australien mit einer Truppe von Menschen, von denen Sie vielleicht schon einmal etwas gehört haben, aber die Sie nicht wirklich kennen und wahrscheinlich nicht einmal mögen, wenn es stimmt, was Sie über die anderen Teilnehmer gelesen haben. Zwei Wochen am Lagerfeuer auf einfachen Holzpritschen mit täglichen Challenges, Interviews, Frustrationen, Gesprächen, Streitereien, Erfolgserlebnissen und dem Anspruch als König/in zurück nach Hause zu fliegen.

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Und jetzt stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitgeber schickt Sie in dieses Camp und gibt Ihnen klar zu verstehen, dass alles außer die Rückkehr als gekröntes Haupt Ihrer Karriere nicht förderlich sein wird. Und er verlangt einen detaillierten Report, welches mögliche Potenzial die anderen Teilnehmer für Ihr MICE-Business haben.

Ein Albtraum, werden Sie jetzt denken, ein Hirngespinst. Das Dschungelcamp, für die Wenigen (ehrlich?), die noch nie einen Blick riskiert haben, ist ein Mittelding zwischen Voyeurismus, Fremdschämen, Verhaltensanalyse und Sozialtherapie. Darwin (m/f) überlebt und verlässt das Camp gekrönten Hauptes.

Nichts für normale Menschen?!

Vielleicht nicht, aber definitiv der richtige Ansatz für alle MICE-Marketeers, die ihre Zielgruppen wirklich in aller Tiefe verstehen und erfahren wollen.

In der Design Thinking-Theorie heißt das Dschungelcamp Persona-Modell und ermöglicht ein tiefes Verständnis Ihrer Zielgruppen. Die Empathieanalyse ist ebenfalls ein Modell, sich seinen Zielgruppen zu nähern, jedoch eher durch das sich Hineinversetzen in eine Person, also quasi Dschungelcamp als Kopfkino.

Aber was ist eigentlich Design Thinking noch einmal genau?

Ich zitiere hierzu als Instanz in Deutschland die Hasso Plattner School of Design Thinking in Potsdam:

„Design Thinking ist eine systematische Herangehensweise an komplexe Problemstellungen aus allen Lebensbereichen... es stehen Nutzerwünsche und -bedürfnisse sowie nutzerorientiertes Erfinden im Zentrum des Prozesses. Design Thinker schauen durch die Brille des Nutzers auf das Problem und begeben sich dadurch in die Rolle des Anwenders.

Der Design Thinking-Prozess ist an den Arbeitsprozess angelehnt, dem Designer intuitiv folgen. Er führt Teams in iterativen Schleifen durch sechs verschiedene Phasen:

  • Verstehen: In der Phase des Verstehens steckt das Team den Problemraum ab.
  • Beobachten: In der Phase des Beobachtens sehen die Teilnehmer nach außen und bauen Empathie für Nutzer und Betroffene auf.
  • Sichtweise definieren: In dieser Phase geht es darum, die Sichtweise zu definieren. Es werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengetragen und verdichtet.
  • Ideen finden: In der Phase Ideen finden entwickelt das Team zunächst eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten, um sich dann zu fokussieren.
  • Prototypen entwickeln: Das anschließende Prototypen dient der Entwicklung konkreter Lösungen, die an den passenden Zielgruppen getestet werden können.“

Ganz einfach zusammengefasst: Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.

Bevor ich näher auf das Persona-Modell und die Empathieanalyse eingehe, beides Methoden Ihre Zielgruppen näher kennenzulernen, noch zwei Fragen an Sie:

Wie und wann haben Sie eigentlich Ihre MICE-Zielgruppen definiert? Und wie viele verschiedene Zielgruppen sind das, mit wie vielen Unterzielgruppen? Seien Sie spezifisch in der Auswahl, denn wenn Sie versuchen jede Zielgruppe zu erreichen, erreichen Sie letztendlich keine wirklich.

Denken Sie an den Köder: Ob Forelle, Barsch, Karpfen, Makrele oder Hai, jeder Fisch benötigt einen anderen Köder und anderes Material für einen erfolgreichen Fang. Und Sie haben nur limitierte Ressourcen.

Aber welche Zielgruppen sind jetzt die richtigen für Ihr MICE-Produkt oder Ihren MICE-Service? Ein gutes Instrument diese zu analysieren und Ihren jeweils passenden Köder pro Zielgruppe zu definieren, ist der Value Proposition Canvas, der 2012 von Alex Osterwalder und Yves Pigneur entwickelt wurde.

Der Value Proposition (Werteversprechen) Canvas ist in 2 x 3 Felder unterteilt:

Auf der einen Seite das Kundenprofil mit den Kundenaufgaben, den Schmerzpunkten und dem gewünschten Nutzen. Auf der anderen Seite Ihr MICE-Werteversprechen mit Ihrem Produkt/Ihrer Dienstleistung und Ihrem Schmerzkiller und Nutzenstifter für die jeweilige Zielgruppe.

Nur wenn Ihr Werteversprechen passt, es die „Schmerzen“ des Kunden lindert und den gewünschten Nutzen stiftet, haben Sie den richtigen Köder gefunden und den Kunden an der Angel!

Mit dem Persona-Modell können Sie Ihre Zielgruppe im Detail beschreiben. Persona sind wie Ihre Mitstreiter im Dschungelcamp: Zunächst fremde Personen, deren Leben, Gedanken und Gefühle Ihnen immer vertrauter werden. Nach einigen Tagen werden Gespräche persönlicher und Sie lernen die Persona hinter der Person kennen.

Was bringt die Persona nun dazu, sich gerade für Ihr MICE-Angebot zu entscheiden? Je spezifischer Ihr Angebot auf die Bedürfnisse der Persona zugeschnitten ist, desto besser wirkt der Schmerzkiller. Wo bestehen eventuelle Vorurteile oder Berührungsängste gegenüber Ihrem MICE-Produkt? Wer gute Beziehungen zur Zielgruppe hat, kann besser auf sie eingehen diese abzubauen.

Wie sieht die Kundenreise aus? Welche Schritte macht welcher Kunde auf dem Weg zu Ihnen? Auf welche Kriterien achtet die Persona vor und während der Kundenreise? Ist ein Rabatt wirklich entscheidend oder eher die kompetente Beratung?

Basis des Persona-Modells sind Gespräche mit verschiedenen Vertretern der jeweiligen Zielgruppe. Je mehr Sie sich anschließend Gedanken über die Wünsche und das Umfeld Ihrer Zielgruppen machen, desto gezielter können Sie auf diese eingehen. Dadurch erhält Ihr Marketing eine emotionale Komponente, die den langfristigen Mehrwert für eine Zielgruppe erst ermöglicht, die Bindung verfestigt und aus Ihren Kunden wirkliche Fans macht.

Eine weitere Methode Ihre Zielgruppen zu verstehen, ist die Empathieanalyse.

Mit dieser Methode können Sie Ihr Denken visualisieren und, einfacher als mit dem Persona-Modell, das Profil des Vertreters einer Zielgruppe darstellen und sich in diese Person hineinversetzen, um sie besser zu verstehen.

Wir sehen die Welt durch die Augen dieser Person, wir mutieren sozusagen zu dieser Person. Wir sehen und hören, was in ihrer Umgebung passiert, fühlen ihre Freude, teilen ihre Sorgen und versetzen uns bewusst in ihren Alltag hinein. Mit der Empathieanalyse kann ein Team wichtige Hypothesen für den Zielgruppenvertreter aufstellen sowie zentrale Bedürfnisse und Ängste definieren. So entwickeln Sie relativ schnell ein Empathieprofil, das Ihnen hilft, Ihr MICE-Werteversprechen mit den Kundenbedürfnissen abzugleichen und den richtigen Köder zu nutzen oder zu entwickeln.

Die Empathieanalyse besteht aus sechs verschiedenen Blöcken, die der Reihe nach in einem Team-Brainstorming befüllt werden:

1) Was sieht der Nutzer?
2) Was hört der Nutzer?
3) Was denkt und fühlt der Nutzer wirklich?
4) Was sagen und tun die Nutzer?
5) Vor welchen Hindernissen steht der Nutzer?
6) Was motiviert den Nutzer?

Alles, was Sie und Ihr Team mit Hilfe der Empathieanalyse erarbeiten, sind Hypothesen, die es gilt anschließend durch Vertreter der Zielgruppe validieren zu lassen. Die Methode ersetzt keine Gespräche, aber hilft sehr gut, einen ersten Überblick zu bekommen.

Ich bin sicher, wenn Sie diese kundenzentrierten Marketingmodelle zukünftig anwenden, kommen Sie gekrönt aus „Down Under“ zurück und Ihr Chef wird von Ihrer detaillierten Zielgruppenanalyse begeistert sein.


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Bildquellen: Event Design Collective, Piero Maztalerz

Autor: Gastautor: Gerrit Jessen, CED CMM CMP, Director Deutschland | Event Design Collective

Veröffentlicht am: 18.02.2019


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