Jetzt MICE Club-Mitglied werden oder 30 Tage kostenfrei testen

Hotels & Locations

The Sound of Success – oder nur eine nette „Träumerei“?

Sound Branding soll Hotels die passende Note verleihen

Hotel und Musik – eine Kombination, die zunächst Assoziationen an schummrige Lobbys mit unterbeschäftigten Konzertpianisten heraufbeschwört. Wenig groovy auch der als Fahrstuhlmusik belächelte Soundteppich, der die Gäste zwischen den Stockwerken begleitet. Dabei kann die Kombination Hotel und Musik viel mehr, vor allem viel mehr wollen. Zum Beispiel Identitäten stiften. Image pflegen. Kurzum: die hauseigene Marke veredeln. Sound Branding ist der Beat, der das Marketing anheizt und auf die sinnliche Stufe hebt. Schließlich entscheiden sich Menschen, soviel ist aus der Konsumforschung bekannt, meist intuitiv für ein Produkt, „denn die wahren Kauftreiber sind die im Unterbewusstsein verborgenen impliziten Ziele. Erfolgreiche Marken sprechen diese gezielt über die Sinne an“, so ist es im Whitepaper von multisense, Institut für Multisensorisches Marketing, zu lesen. Angeblich ist die sinn-volle Vermarktung ein echtes Erfolgsmodell in einer „überkommunizierten Gesellschaft“. Doch wie riecht Entspannung, wie schmeckt Reiselust und vor allem: Wie klingt Luxushotellerie? Welcher Sound passt zu einer luxuriösen Kette? Sofitel Hotels & Resorts hat sich der sensorischen Branding-Klaviatur bedient und einen Markensong komponieren lassen.

Ein Traum von Erfolg

Ob Robert Schumanns berühmte Träumerei Pate stand für das Elektropop meets Hip-Hop-Experiment „Rêverie“ der französischen Newcomer-Band Haute, entstanden in Zusammenarbeit mit der Agentur BETC Pop & BETC Luxe? Als Wiegenlied ist der neue Markensong vermutlich nicht gedacht. Doch welches Ziel verfolgt die Hotelkette mit ihrer stilbildenden Melodie? Mindestens zwei Welten will man zusammenzuführen, die französischen Wurzeln der Marke und die US-Kultur, aber auch den gehobenen Luxus der Sofitel-Hotels und das Lebensgefühl junger Menschen, weshalb der Song die Lust am Reisen und die Entdeckung neuer Welten besingt. Und damit die Markenwerte der Hotelmarke vermitteln soll: Die Liaison französischer Lebensart mit lokaler Kultur. Christophe Caurret, Music Creative Director von BETC: „Die Musik bereichert die Markenbotschaft von Sofitel und ihrer kulturellen Fußabdrücke." Der Song soll künftig an allen Touchpoints wie Eröffnungen, Pressekonferenzen aber auch als Warteschlangenmusik und in Werbefilmen erklingen.

Sofitel ist nicht die erste Hotelkette, die mit einem strategischen Musikkonzept die Kraft der eigenen Marke unterstützt. Auch die Hilton Hotel Gruppe versucht mit Hilfe von Sound Branding die Marken Hampton by Hilton und Hilton Garden Inn besser zu differenzieren, „das Markenbewusstsein, die Markenpräsenz und Markentreue zu steigern“, so Michele Arnese, Managing und Creative Director der Agentur amp Sound Branding, im Interview mit Hotel + Technik. Kurzum: Den Erfolg des eigenen Hauses zu steigern. Geeignet ist das multisensorische Marketing dafür laut multisense durchaus: Drei Viertel aller multisensorisch kommunizierenden Marken gehörten auf dem internationalen Parkett zu den sogenannten Power Brands, die ihre Klientel mit ‚Sinnlichem’ begeistern und als Dank mit Loyalität und Markentreue belohnt würden.

Akustische Identität für Hotels tatsächlich wichtig

Die Tourismusbranche ist geprägt von Konkurrenz- und Preisdruck. Immer attraktivere, alternativere Konzepte sind gefragt, um sich aus der Vergleichbarkeit zu retten. „Hotels klingen sowieso schon, nur meist beliebig und nicht passend zur Marke. Sound Branding bietet die Möglichkeit, diese Kanäle bewusst im Sinne der Marke zu nutzen und sowohl für die Gäste im funktionalen Sinne als auch für die Marke in ihrer Kommunikation und Positionierung einen Mehrwert zu generieren“, erklärt Arnese. Sound Branding kann der tragende Grundton sein, der das Gesamtkonzept Hotel, seine Identität, stützt. Dabei geht das strategische Klangkonzept weit über die verbreitete Beschallung hinaus. Gerade in der Hotellerie und Gastronomie ist die Überbrückung von Stille und die akustische Inszenierung von Atmosphäre ein Marketinginstrument zur Positionierung. Erst eine ganzheitliche akustische Identität „transportiert auf der unterbewussten und unmittelbaren Ebene die Werte und Positionierung der Marke, nachhaltig auf allen Kommunikationskanälen.“ (Hotel + Technik).

„Gerade in der sich wandelnden Tourismusbranche sollten Hotelmarken sich differenzieren und ihre Gäste emotional binden. Womit sollte das besser gehen als mit Musik?“

Doch wie muss sie konzipiert sein, die Sound-DNA? Über Geschmack, auf den Musikgeschmack trifft das allemal zu, lässt sich ja bekanntlich nicht streiten. Und was massenkompatibel ist, ist nur selten ‚anders’. Was also kommt an, was bindet Gäste und emotionalisiert? „Unsere Arbeit hat nichts mit Bauchgefühl zu tun“, versucht sich Karolina Namyslowski, amp Sound Branding Consultant und Music Editor, an einer Erklärung. „Wir übersetzen die Markenwerte und die Markenpositionierung in musikalische Parameter. Anhand dieser Parameter generieren wir verschiedene Playlisten, die in Themen unterteilt wurden.“ Diese Listen werden schließlich den entsprechenden Hotelbereichen zugeordnet und auf die individuellen Anforderungen und Bedürfnisse der einzelnen Räumlichkeiten abgestimmt.

Soundlogo und alles ist gut?

Klingt dennoch nach ein bisschen Bauchgefühl. Nach Glückstreffer. Den einen Hit zu landen, der sich von aalglatten Soundlogos abhebt und für die gesamte Zielgruppe gleichermaßen funktioniert. Multisensorisches Marketing ist ein mächtiges Tool, aber noch lange kein Garant für Erfolg. Wer in die Thematik einsteigt und keine Etüde in Moll landen will, sollte seine Strategie gut durchkomponieren und bestenfalls neueren Erkenntnissen der Hirnforschung und der Verhaltenspsychologie folgen lassen. Denn längst überholt, so multisense, sei die Übersetzung eines Nutzerversprechens, die Übersetzung abstrakter Markenwerte in sensorische Codes. Vielmehr seien Resonanzfelder der Schlüssel zum Erfolg. Das klingt – genau: Ganz schön kompliziert. Ohren auf ist deshalb die Empfehlung an alle, die für sich den richtigen Ton treffen wollen. Dann gilt: „Richtig praktiziert, zaubert multisensorisches Marketing allen ein Lächeln ins Gesicht: den Kunden, den Marketers und den Kostenwächtern.“ (Sebastian Haupt/ Olaf Hartmann).


Das könnte Sie auch interessieren:


Bildquelle: © Sofitel/Screenshot

Autor: Yvonne Egberink

Veröffentlicht am: 10.11.2016


Verfasse einen Kommentar

×

×