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Agenturen

Es war einmal... eine gute Idee

Der FAMAB-Award als Marathon mit Licht und Schatten

Erfolgsgeschichten der Live-Kommunikation - unter diesem Leitmotiv setzte der FAMAB seine diesjährige Awardverleihung erstmalig in Kooperation mit Raumwelten – dem parallel stattfindenden Kongress für Raum- und Markeninszenierung - in der MHPArena im schwäbischen Ludwigsburg in Szene. Der Hashtag #tellingastory bestimmte dabei nicht nur in der Ankündigung der Veranstaltung mit eigens entwickeltem Key Visual das Geschehen. Als roter Faden der Veranstaltung wurde das Storytelling - das Geschichtenerzählen - in drei Akten zum Leben erweckt.

Der Lebenszyklus einer Idee als liebevoll inszenierter "magischer" Moment

"Es war einmal..." - mit diesen Worten leitete Mr. Supergeil Friedrich Liechtenstein den Prolog einer dreiteilig inszenierten liebevoll erzählten Geschichte über die Entstehung, den Reifeprozess, die Verteidigung, den Untergang und die Wiederauferstehung einer Idee ein. Begleitet von der unbeschwerten Performance der leuchtenden "Dundu"-Großpuppe erhielt der Abend einen magischen Moment, der auf ganz wunderbare Weise verdeutlichte, mit welch einfachen Elementen eine Geschichte emotional und stimmig aufgeladen werden kann - und letztlich sicher unbeabsichtigte Parallelen zur Geschichte dieses Awards im wahrsten Sinne des Wortes "beleuchtete". Doch dazu später mehr.

Die undankbarste Aufgabenstellung der Eventbranche

Über die beinahe Unmöglichkeit der kurzweiligen Inszenierung einer Awardverleihung wurde schon viel geschrieben. Vor einem systemimmanent kritischen Publikum der eigenen Branche in der Königsdisziplin zu bestehen, hatte in der Vergangenheit des Awards stets mehr mit Pflicht als mit Kür zu tun. So lehnte Tim Höchel von der Full Moon Group den charmanten Versuch von Moderator Aljoscha Höhn, seine ortsansässige Agentur für das kommende Jahr in besagte Pflicht zu nehmen, ebenso charmant wie unmissverständlich ab.

Der begehrte goldene Apfel

Locationkorsett einer Mehrzweckhalle – eine Herausforderung auch für die kommenden Jahre

Der ausführenden Agentur Eventuality aus Stuttgart hatte man einige schwere Klötze ans Bein gebunden: Mit einer auf Sportveranstaltungen ausgelegten Mehrzweckhalle – der MHPArena – mit gegenüberliegenden Tribünen und einem entsprechend großen Innenraum hat der FAMAB durch seine auf drei Jahre angelegte Kooperation mit Raumwelten eine atmosphärisch kühle und schwer zu bespielende Location vorgegeben. So mochte bei der Awardshow angesichts der großen Distanz zwischen Publikum und Bühne so recht keine Stimmung aufkommen. Erschwerend kam hinzu, dass die Nominierten auf der einen Seite der Halle und die Besucher auf der gegenüberliegenden Seite Platz nahmen. Während die im Übermaß vorhandenen Sitzplätze nicht ansatzweise gefüllt wurden, führten die langen Wege zwischen Tribüne und Bühne zu ungewollt langen Pausen beim Aufruf der Preisträger im an sich eng geplanten Zeitkorsett.

Drei-Stunden-Marathon mit Höhen und Tiefen

So wurde aus der in den vergangenen Jahren eher kurz gehaltenen Preisverleihung ein zuweilen recht langatmiger Abend. Das lag nicht nur an den wenig durchdachten Regieabläufen beim Aufruf der Kandidaten. Ein Fehlalarm mit folgerichtiger Evakuierung der Halle zur Halbzeit der Show wurde von den Besuchern nur mit erheblicher Verzögerung ernst genommen, hatten inszenierte Stromausfälle in vergangenen Shows die Besucher etwas abgestumpft. Angesichts der jüngsten Ereignisse in Paris und Hannover ließen Moderator und Hallenbetreiber bei dieser unstreitig sensiblen Sicherheitsthematik ein wenig die nötige Ernsthaftigkeit vermissen.

Die gute Nachricht angesichts des Drei-Stunden-Marathons war unbestritten die – insbesondere im Vergleich zum Vorjahr – deutlich ausführlichere Darstellung der nominierten Projekte und der dahinterstehenden Ideen. Konnte man im Vorjahr die Ideen hinter den Gewinnerprojekten angesichts stark gekürzter Einspielerfilme nur erahnen, waren in diesem Jahr wieder längere Sequenzen zu den Erfolgsgeschichten der Live-Kommunikation zu sehen. Dabei stand die über dem Innenraum schwebende Projektionswand im Fokus des Geschehens. Die lautstark und überwiegend mit wummernden Beats hinterlegten Medieneinspieler übernahmen die Hauptrolle bei der Darstellung der Projekte: Dabei fiel auf, dass der Trend immer stärker zu künstlerisch inszenierten Imagefilmen geht, während die dogmatisch nach Idee, Konzept und Umsetzung gegliederten Filme der Vorjahre mehr und mehr in den Hintergrund rücken. Der gleiche Trend war im Übrigen zuvor bei der Ausstellung aller eingereichten Projekte vor Showbeginn augenscheinlich: Bei den ausgestellten Pappen war das Big Picture der Kernidee wichtiger als textliche Erläuterungen zu Idee und Konzept. Letztere waren als erzählte Geschichten mit den beiliegenden Kopfhörern abrufbar.

Plakatgalerie

Szenenapplaus bei Best Ambient-, Guerilla-, & Buzz-Event

Bei insgesamt 23 Einreicherkategorien und mehreren wiederholt gezeigten Einspielern (bei Einreichung desselben Projektes in mehreren Kategorien) trat im Publikum jedoch schnell Ermüdung auf. Da half auch die Tatsache nicht, dass nur in 19 der 23 Kategorien die begehrten Äpfel vergeben wurden. Einzig bei den Einspielern der Kategorie „Best Ambient-, Guerilla-, & Buzz-Event“ brandete so etwas wie Szenenapplaus auf: Das Gewinnervideo des Projektes „Brooks – Don‘t Hide“ des Einreichers Pluskonzept GmbH war eindeutig der Publikumsliebling des Abends.


Die höchste Jurybewertung erhielt hingegen das Projekt „Deutscher Pavillon Expo Milano 2015“ der Einreicher Milla & Partner/SCHMIDHUBER in der Kategorie Best Public Event. Zu recht. Denn die im Pavillon zum Steuern der Interaktionsfelder als SeedBoard eingesetzten simplen Kartons überzeugten mit hoher Innovationskraft. Davon abgesehen wussten viele ausgezeichnete Ideen nicht so recht zu überzeugen. Die herausstechenden Projekte in den Kategorien Architecture, Event und Cross – ergänzt durch einzeln ausgezeichnete „Specials“ – suchte man in diesem Jahr mit Ausnahme des Expo-Pavillons vergeblich. Die Inflation der weder inhaltlich nachvollziehbaren noch sinnvoll abgegrenzten Kategorien trug ihr Übriges dazu bei. Ansonsten wirkte die Verleihung der Preise doch arg lieblos. Daran konnten auch die als Lückenfüller der zeitfressenden Auf- und Abgänge der Nominierten gerappte Live-Musik und die Moderatoren-Allzweckwaffe Aljoscha Höhn wenig ändern. Bleibt zu hoffen, dass in den beiden Folgejahren der zur Verfügung stehende Raum der Mehrzweckhalle einmal in einem völlig anderen Setting bespielt wird.

Was muss sich ändern?

Zusammenfassend bleibt abzuwarten, ob dem im Changeprozess befindlichen Verband FAMAB mit dem frischgebackenen neuen Vorstandsvorsitzenden Jörn Huber von Pro Event der Wandel hin zu einem zeitgemäßen Kommunikationsverband gelingen wird. Um den Staub vergangener Tage weiterhin abzuschütteln, fehlt der Veranstaltung die nötige Souveränität und wünschenswerte Lockerheit. Mit der Personalie ist ein erster Schritt getan. Weitere müssen folgen. So überrascht, dass einige naheliegende Hausaufgaben nicht konsequent zu Ende gedacht werden: Wer als Veranstalter in der heutigen Kommunikationswelt aktionistisch gefühlte 20 Hashtags zum Posten in Social Media-Kanälen vorgibt, ohne in der Halle ein WLAN bereitzustellen, wer ein eigenes Nachhaltigkeitslabel zur Zertifizierung der eigenen Mitglieder anbietet, ohne dabei die eigene Branchenveranstaltung nachhaltig auszurichten, lässt ein gewisses Handwerkszeug vermissen, das für einen selbsternannten „führenden“ Kommunikationsverband eigentlich eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte.

"Es war einmal..." – die Geschichte über die Entstehung, den Reifeprozess, die Verteidigung, den Untergang und die Wiederauferstehung einer Idee zeigt deutliche Parallelen zur Geschichte des FAMAB-Awards: Der Award hat schon einmal bessere Zeiten gesehen. Es bleibt abzuwarten, ob die Idee des Awards eine Wiederauferstehung erfährt oder Gefahr läuft, zu Grabe getragen zu werden.


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Bildquelle: FAMAB e. V.

Autor: Dominik Deubner

Veröffentlicht am: 19.11.2015


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