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Meinung

Die Weihnachtsfeier – ein aussterbendes Event?

Jahrelang gehörten Weihnachtsfeiern zu meinen liebsten Events, wenn ich denn aufgrund einer aufwändigeren Logistik oder eines höheren Budgets diese Aufgabe den Sekretariatsmitarbeitern entreißen konnte.

Es war immer besonders schön, wenn wir Christbaumschlagen oder andere Waldaktivitäten einbinden konnten, auch wenn die Region Mittlerer Westen nur selten mit Schnee aufwarten konnte und das kreierte Bild, dann so ganz ohne das weiße Zauberpulver, etwas schief im Rahmen hing. Aber dafür war ich Profi. Ein romantisches ausdekoriertes Zelt, eine Scheune, die sonst als Unterstand für Landmaschinen diente, fast jede Baracke konnte mit etwas Fantasie bei früher Dunkelheit mit Lichtzauber und rustikalen Elementen in eine Weihnachtslocation verwandelt werden. Je nach Gusto und Budget war eine mittelalterliche Burgkulisse ebenso begehrt, wie eine exquisite Stadtvilla mit elegantem Interieur.

Der matschige Waldboden wurde mit einer Wagenladung Stroh begehbar, Glühwein brauchte keine Lagenbezeichnung und das Catering durfte selbst im eleganten Ambiente regionale Winterküche mit Steckrüben, Kohlsorten und Winterapfel anbieten.

Für die Unterhaltung schwelte man in Kindheitserinnerung: Walking Acts mit Weihnachtsmann, Engeln oder Wichteln, ein Märchenerzähler, der Kinderchor der örtlichen Kirchengemeinde oder die lodengewandete Bläsergruppe der Landesforsten. Je nach Platzangebot wurden gegen Kleingeld regionale Kunsthandwerker angesprochen und bauten ihre mobilen Marktstände auch mal für die Weihnachtsfeier eines Unternehmens auf. Kerzenzieher, Scherenschnittkünstler und Plätzchenbäcker präsentierten ihre Gewerke vor Ort und bildeten einen Teil des Aktionsprogramms, nicht nur für Kinder.

Nun haben wir seit Jahren in allen Ebenen der Unternehmen nichtchristliche Mitarbeiter und Kunden und das noch ganz ohne Zuwanderung, Flüchtlingsthematik, Anders- und Nichtgläubige. Ein Kirchenaustritt hinderte aber keinen daran, bei diesen Feiern leuchtende Augen zu bekommen und für den türkischstämmigen Mitarbeiter gab es statt dem Spanferkel eben einen Tafelspitz zum Hauptgang, fertig.

Inzwischen agiert auch jedes erfolgreiche Mittelstandsunternehmen global und profitiert von seinen weltumspannenden Aktivitäten. Das Personal wird immer internationaler, Vertriebspartner aus China oder den Emiraten sind ebenso Usus wie Produktionspartner aus dem indischen oder asiatischen Kulturraum. Es wurde als Bereicherung empfunden und man zeigte gerne seinen Besuchern und Partnern Einblicke in deutsche Kultur, vom Münchener Oktoberfest bis zum Hamburger Hafengeburtstag.

Doch im letzten Jahr trat nach all der politischen Diskussion um Zuwanderung, andersgläubige Mitbürger - andere Worte will ich hier bewusst vermeiden - eine große Verunsicherung bei den Unternehmen ein. Kann man noch eine Weihnachtsfeier machen, wäre eine Jahresabschlussfeier nicht der Political Correctness geschuldet? Doch was bietet man dann? Was habe ich Diskussionen geführt, dass die Tischdekoration in jedem Fall frei von Tannengrün, Zapfen und glänzenden Kugeln sein soll, es wurde eine wahnsinnsteure Blumendekoration in üppigen Frühlingsfarben in Erwägung gezogen, nicht einmal die Tischtücher sollten mehr weiß sein, das könnte Schneeassoziationen wecken. In Sachen Entertainment gab es nun einen klaren Kodex, der zu vermeiden war, so Klavier, Harfe und Bläsermusik, dafür war eine bunte Bühnenshow mit Comedy-Anteilen willkommen.

Vielleicht sehen Sie vor Ihrem inneren Auge eine von den Veranstaltungen, die das ganze Jahr über in jeder beliebigen Eventlocation stattfinden könnte?

So ging es uns nach immerhin sechs Wochen Ideensammlung und Planung ebenfalls. Wir haben versucht allen Strömungen und Meinungen gerecht zu werden, dabei erheblich an Authentizität und jegliche Vorfreude verloren und … - Gott sei Dank (!), wenn ich das so überhaupt sagen darf - alles gelassen.

Ende Januar wird es nun eine Jahresauftaktveranstaltung geben, mit der Begründung, dass die Vorweihnachtszeit sowieso terminüberfrachtet ist.

Nun bin ich ein großer Freund von Authentizität, kein Freund von Aufträgen, in der Pfälzer Weinregion im Herbst ein Oktoberfest zu organisieren, finde es unnötig am Elbstrand einen Karibikabend mit Steelband und Limbowettbewerb zu veranstalten und liebe meine deutschen Weihnachtsfeiern. Der Kunde blieb nach all den Überlegungen noch völlig unentschlossen zurück. Nun kommt dieser Tage die E-Mail eines japanischen Geschäftspartners, dass die Einladung für Januar gerne angenommen werde, er aber sehr auf eine Einladung zur Weihnachtsfeier gewartet hätte, weil es immer so schön und authentisch war. Nun weiß ich aus netten Gesprächen, dass dieser Herr eindeutig im Buddhismus seine religiöse Heimat sieht. Also, was sagt uns das?

Nun bin ich gespannt, ob es im nächsten Jahr wieder eine Weihnachtsfeier geben wird und wünsche allen Kollegen, Freunden und Lesern hier im MICE Club frohe Weihnachten bzw. ein schönes Jahresendfest 2016 und einen guten Rutsch bzw. einen schönen Jahresauftakt 2017.

Wobei dann zu bedenken wäre, dass das Chinesische Neujahr gar nicht am 1. Januar beginnt und unsere Zeitrechnung auch wieder christlichen Ursprungs ist ;-).


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Autor: Gastautorin: Gabi Schares

Veröffentlicht am: 15.12.2016


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