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Themensammlung - Employer Branding

Der Mut zum Unperfektsein

Konstruktive Fehlerkultur macht innovativ

„Aus Fehlern wird man klug“, sprich besser. Schon Kindern gibt man Glaubenssätze mit auf den Weg, die sie bestenfalls vor Schaden bewahren und in ihrer persönlichen Entwicklung stärken sollen. „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“ ein weiteres Mantra, das ähnliches meint: Ohne Fehler kein Lernen, ohne Lernen kein Weiterkommen. Auch der Dalai Lama betont, dass es 10.000 Wiederholungen braucht, bis aus meditativen Übungen ein meditativer Zustand wird. Und Sportler kennen nur zu gut, dass erst Wiederholung und Scheitern zu Erfolg führen. Einzige Prämisse dabei: Das Scheitern, also vermeintliche Fehler, konstruktiv zu analysieren, das Trainer-Feedback ernst zu nehmen. Denn dann haben Fehler einen wichtigen Effekt: Sie lehren das Weiterkommen. Gerade für die MICE-Branche, die von Perfektionismus getrieben ist, sich immer wieder neu erfinden muss und von frischen Ideen lebt, eine starke Losung!

F wie Fehler. Oder Fortschritt

Auch wenn Scheitern zum Menschsein gehört, ist die Akzeptanz nicht einfach. Zu groß, so Thomas Klemm in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, ist die eigene Scham, die Furcht vor Schimpf, Schande und Schadenfreude und vor allem die Angst, den vermeintlichen Makel nicht mehr loszuwerden. „Scham macht einsam“, sagt auch Olaf Morgenroth, Professor für Gesundheitspsychologie an der Medical School Hamburg. „Mit Leuten, die scheitern, will man nichts zu tun haben.“ Tatsache ist allerdings: Es wird gescheitert. Immer. Überall. Und das ist gut so, vor allem, wenn man etwas daraus macht. „Kreative Unternehmen machen mehr Umsatz, sind innovativer und fitter für die Zukunft. Die Voraussetzung ist eine Feedback- und Fehlerkultur“, schreibt Beate Munding vom Zukunftsinstitut. Wird Scheitern also salonfähig? Zumindest lebt der Misserfolg auf und gut besuchte Veranstaltungen wie die „Fuck up Nights“ – Abende, an denen sich Unternehmensgründer vor Publikum zu früheren Misserfolgen bekennen – machen deutlich: Nicht das Scheitern selbst ist das Problem, sondern der Umgang damit.

„We all need people who will give us feedback. That’s how we improve.“ (Bill Gates)

Feedback will gelernt sein

Doch was ist das Geheimnis einer guten Feedbackkultur? Einer offenen Atmosphäre, die Angst und Scham nimmt? Das konstruktive Geben und Annehmen, so Munding. Für viele Führungskräfte eine Mammutaufgabe, die ohne Empathie, Know-how und Fingerspitzengefühl nicht zu bewältigen ist. Grundsätzlich ist es vielmehr so, dass die meisten Mitarbeiter generell wenig Feedback erfahren. Wird es dann einmal ausgesprochen, ist es oftmals negativ und tadelnd. Ein Teufelskreis, denn „wer ständig negatives Feedback für seine Fehler erhält, spricht Ideen seltener aus und traut sich nicht, Neues zu probieren.“ Der klassische ‚Rapport’ als Innovationsbremse. Umgekehrt ist jedoch belegt, dass Orientierung Kreativität und Risikobereitschaft der Mitarbeiter fördert.

Die meisten Unternehmen wenden dafür bisher das traditionelle Vorgesetzten-Mitarbeiter-Gespräch an. Die 90-Grad-Perspektive, sprich die „Selbstbeurteilung durch den Mitarbeiter und die Fremdbeurteilung durch den Chef beziehungsweise die direkte Führungskraft“, bei der Vorgesetzte das letzte Wort haben, wird allerdings zunehmend von einer ganzheitlichen Betrachtung abgelöst. Denn Leistung ist relativ und kennt nicht nur zwei Wahrnehmungen, weshalb das 360-Grad-Feedback auf eine Rundumbetrachtung und -beurteilung von verschiedenen Seiten zielt, bei der die Einschätzung des direkten Vorgesetzten nur noch ein Teilaspekt ist. „Leistungen und Kompetenzen des Mitarbeiters werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet – von Menschen, die mit der Person regelmäßig zusammenarbeiten“, erklärt Munding. Neben direkten Vorgesetzten werden auch unmittelbare Kollegen, Teammitglieder, Untergebene und Kunden um Rückmeldung gebeten, die Selbsteinschätzung des Mitarbeiters rundet das Gesamtbild ab. Der Nutzen für alle Seiten liegt auf der Hand: „360-Grad-Feedback hat den Vorteil, dass die Beurteilung aufgrund der Vielzahl der Stimmen objektiver ausfällt als beim 90-Grad-Feedback. Außerdem lassen sich Talente und Entwicklungspotenziale besser erkennen, was Unternehmen Vorteile für die Zukunft bringt.“ Unternehmen, denen der Kreislauf zwischen Feedback, Innovation und Veränderung bewusst ist, versuchen ihre Führungskräfte in dieser Hinsicht entsprechend zu schulen.

360-Grad-Feedback

Feedback will gewagt sein

Ob 90 oder 360 Grad – Hauptsache Feedback? Jein. Wer die Regeln für angemessenes Feedback nicht beherrscht, so Munding, kann ungeahnte Widerstände hervorrufen und setzt im schlimmsten Fall gute Beziehungen zu Mitarbeitern, Kollegen oder Freunden aufs Spiel. In diesem Fall sind Fehler also wenig zuträglich. „Eine offene Fehlerkultur, ein offenes Ohr für seine Mitarbeiter und der Wille zum lebenslangen Arbeiten an sich selbst sind deshalb die besten Voraussetzungen für zukünftigen Erfolg.“ Wer dabei die fünf folgenden zentralen Punkte berücksichtigt, kann grobe Schnitzer vermeiden:

  1. Wahrnehmung: Beschreiben Sie Ihrem Mitarbeiter, was Sie und Kollegen wahrnehmen. Bleiben Sie dabei sachlich, objektiv und verdeutlichen Sie Ihre Sichtweise an konkreten Beispielen. Machen Sie keine Vorwürfe, sondern schildern Sie Tatsachen so, wie Sie diese einschätzen und erlebt haben, so dass Ihr Mitarbeiter Ihre Argumente nachvollziehen kann.

  2. Auswirkung: Sagen Sie Ihrem Mitarbeiter, was sein Verhalten in Ihnen auslöst. Vermeiden Sie dabei persönliche Angriffe, moralische Verurteilungen und Emotionen. Anderenfalls lösen Sie in Ihrem Mitarbeiter eine Abwehrhaltung aus, und Ihr Feedback wird abgelehnt. Geben Sie Ihre Botschaft in der Ich-Form weiter: „Ich habe den Eindruck, dass...“

  3. Konsequenzen: Verdeutlichen Sie Ihrem Mitarbeiter die Folgen seines Verhaltens für ihn selbst, die Kollegen und für Sie als Vorgesetzten.

  4. Erwartung: Sagen Sie dem Mitarbeiter klar, was Sie von ihm in Zukunft erwarten. Sprechen Sie nur Gegebenheiten und Verhaltensweisen an, auf die Ihr Mitarbeiter auch tatsächlich Einfluss hat. Berücksichtigen Sie dabei die Bedürfnisse Ihres Gegenübers in angemessener Weise, da Sie ansonsten Gefahr laufen, sein Vertrauen zu verlieren.

  5. Unterstützungsangebot: Bieten Sie Ihrem Mitarbeiter bei negativem Feedback zum Schluss Ihre Unterstützung an.

Übrigens: Genauso wichtig wie Feedback richtig zu geben ist es, angemessen auf Feedback zu reagieren. Ansonsten gilt: Feedback wagen! Was kann schon passieren? Sie können im schlimmsten Fall scheitern. Und daraus lernen.


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Bildquelle im Text: Zukunftsinstitut

Autor: Yvonne Egberink

Veröffentlicht am: 10.11.2016


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