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Agenturen, Best Practice - Markenwelt/Messe

7 Fragen an Jan Kalbfleisch

Der FAMAB-Geschäftsführer im Gespräch mit dem MICE Club

Jan Kalbfleisch (Geschäftsführer des FAMAB)

1. Herr Kalbfleisch, Ihre ersten „100 Tage im Amt“ sind vorüber. Wie war der Einstieg in Ihre neue Position?

Meine wirklich ersten 100 Tage im Dienste des FAMAB waren ja bereits 2013. Meine ersten 100 Tage als Geschäftsführer bargen daher − worüber ich sehr glücklich bin − keine allzu großen Überraschungen.

Turbulent war diese Zeit allemal. Allem voran stand die EUROSHOP. Die Messe ist für uns gerade aufgrund Ihrer internationalen Ausrichtung von herausragender Bedeutung und daher nimmt sie alle drei Jahre die gesamte Mannschaft des FAMAB in Beschlag. Und das Engagement hat sich gelohnt: Wir hatten einen tollen, oft fotografierten Auftritt und – was noch mehr wiegt − viele gute Gespräche.

Gleich zu Anfang des Jahres waren wir auf der BoE vertreten. Auch wenn die Präsentation deutlich kleiner als in Düsseldorf war, die Resonanz war ebenfalls äußerst positiv. Und dann waren da natürlich die zahlreichen Termine und Gespräche mit Mitgliedern, potentiellen Mitgliedern, mit der Fachpresse, mit Verbandskollegen, mit Hochschulen,… All diesen galt es, die Neuerungen im FAMAB − zu denen ich mich auch zähle − näher zu bringen. Darüber hinaus arbeiten wir weiterhin mit Hochdruck an der Umsetzung unserer Vision „One FAMAB". Das wird im Augenblick am spürbarsten durch die Etablierung des FAMAB AWARDS und der damit zusammenhängenden Aufgabe der Marken „ADAM“ und „EVA“. Und dann ist da noch unser „normales" Programm mit zahlreichen Projektgruppentreffen, dem DAVID AWARD, dem Sommertreffen und dem FAMAB RESEARCH. Und an einem völlig neuen Internetauftritt arbeiten wir auch noch. Es war und ist also keinesfalls langweilig.

2. Verraten Sie uns Ihre wichtigsten Vorhaben und Visionen, mit denen Sie den FAMAB in die Zukunft führen wollen.

Die Vision des FAMAB wurde durch den Vorstand und unsere Mitglieder klar definiert. Unter „One FAMAB" haben wir die Auflösung der Foren und die Zusammenführung aller Leistungsbereiche vorgenommen.

Damit führen wir den Verband und die für uns relevante Branche in eine neue Struktur. Wir wollen zum Wohle unserer Mitglieder weiter wachsen und uns heute noch nicht im FAMAB vorhandenen Branchensegmenten öffnen.

Bei eingehender Betrachtung unserer Mitglieder sind wir bereits heute ein Kommunikationsverband. Dieses Profil wollen wir in den nächsten Jahren schärfen und noch deutlicher herausstellen. Die Veränderungen im Bereich unseres FAMAB AWARDS sind hierfür ein gutes Beispiel.

3. Herr Kalbfleisch, Sie leiten jetzt einen starken Verband mit über 250 Mitgliedern aus den verschiedenen Bereichen der Direkten Wirtschaftskommunikation. Wie ist die Integration der verschiedenen Foren in den nun „einen“ FAMAB verlaufen?

Die Vision „One FAMAB" − innerhalb der wir die bisher vorhandenen Foren integriert und uns für neue Mitglieder geöffnet haben − war der ausdrückliche Wunsch der Mitgliedschaft.

Ich bin sehr froh, dass unsere Mitglieder und unser Vorstand diese Entwicklung in der Branche frühzeitig erkannt und in vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit das notwendige Fundament für die Veränderung gelegt haben.

Daher gibt es bis heute nur wenige Probleme bei der Umsetzung der Integration. Das soll nicht heißen, dass diese bereits überall angekommen und abgeschlossen ist. Es tauchen natürlich immer wieder Fragestellungen auf, die sich meist um das Thema „spitz oder breit" drehen. Wir nehmen Hinweise sehr ernst, sind uns aber sicher, dass der eingeschlagene Weg, der richtige ist.

4. Der Vorstand des FAMAB hat eine Projektgruppe „Pitch und Wettbewerbskultur“ ins Leben gerufen – ein Thema, dass wir noch aus Tagen des FME kennen. Können wir daraus interpretieren, dass die Marketing-Eventagenturen nach wie vor ein starkes Gewicht im FAMAB haben werden?

Live-Kommunikationsagenturen waren und sind eine sehr relevante und aktive Gruppe im FAMAB. Hier treffen sich die besten Agenturen der Branche und diskutieren aktuelle Fragestellungen auf Augenhöhe und wie ich immer wieder sehr erfreut feststelle, mit einem hohen Maß an gegenseitigem Respekt und Vertrauen. Aber „One FAMAB“ bedeutet auch, dass die Diskussionen nicht mehr nur unter ihresgleichen geführt werden. Das Thema „Pitch & Wettbewerbskultur" betrifft unsere Mitglieder auf breiter Front. Messebauunternehmen ebenso wie Caterer, Architekten genauso wie Eventagenturen und auch Leistungspartner sind davon nicht verschont. Deswegen ist die Projektgruppe auch interdisziplinär angelegt und alle Leistungsbereiche dort vertreten.

5. Zum Thema „Pitch und Wettbewerbskultur“ zitieren wir aus Ihrer Blitz-Umfrage den O-Ton eines Verbandsmitgliedes, das sagt: „Es ärgert zwar jeden von uns, aber wenn ein lukrativer Auftrag droht, knicken wir doch alle ein! Es läuft mittlerweile auch viel über Agenturen oder andere „Zwischenhändler“, die wir nicht einbinden können. Letztendlich muss es jeder für sich selbst entscheiden.“ Tatsächlich gibt es nicht honorierte Pitch-Teilnahmen so lange es Marketing-Eventagenturen gibt. Die Situation ist ja bereits immer wieder im FME gewürdigt worden, es wurde eine einheitliche Haltung erarbeitet und es gab auch eine gewisse PR-Arbeit, die es aber sicherlich noch nicht einmal auf die Schreibtische etwa der verantwortlichen Automobil-Bosse geschafft hat. Glauben Sie, durch den erstarkten und einheitlichen Auftritt des FAMAB jetzt mehr ausrichten zu können? Und wie wollen Sie verhindern, dass FAMAB-fremde Agenturen einen einheitlichen Verhaltenskodex aus externen Positionen aushöhlen?

So schön es gewesen wäre, aber ich glaube nicht, dass ein Verhaltenskodex in diesem Bereich funktionieren kann. Schon alleine wegen deklaratorischer Probleme halte ich solch einen Kodex für schwierig. Von der Frage, wer die Einhaltung kontrolliert und gegebenenfalls Verstöße sanktioniert, ganz abgesehen. Die Entscheidung zur Teilnahme an einem Pitch zu „fragwürdigen“ Konditionen ist Sache des Geschäftsführers und/oder Gesellschafters eines Unternehmens. Und das muss auch so bleiben. Dennoch glaube ich, dass wir mit dieser Projektgruppe einiges bewegen können. In so mancher brancheninternen Diskussion habe ich den Eindruck, es wurde erkannt, dass der Kunde die Wurzel allen Übels ist und die (Geschäfts-)Welt ohne ihn ein bessere. Es muss darum gehen, das Miteinander von Kunden und Agenturen zu fördern. Unsere Mitglieder sehen sich als Partner des Auftraggebers und unterstützen sein Ansinnen, die besten Partner auswählen zu wollen. Allerdings soll es dabei in jeder Hinsicht fair zugehen.

Der neue, gemeinschaftliche Auftritt und die dadurch gewachsene Kraft des FAMAB ist für die Diskussion sicher ein wichtiger Faktor. Gleichzeitig halte ich es für wesentlich, dass zahlreiche Unternehmen in unserer Branche nach eigenen Aussagen die aktuelle Situation schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht mehr akzeptieren können und wollen. Sicher ist der Umgang mit Pitches unterschiedlich und auch von sehr unterschiedlichen Erfolgen gekrönt. Doch ich spüre und höre über unsere Mitglieder (und auch noch Nicht-Mitglieder), dass die Situation schlicht nicht mehr tragbar ist. Von Dienstleistern aus allen Bereichen vernehme ich, dass mit der Teilnahme an Pitches heute sehr kritisch umgegangen wird. Wettbewerbspräsentationen, die aufgrund Ihrer Struktur geringe Erfolgsaussichten haben, oder in einem ungünstigen Verhältnis von Kosten und Nutzen stehen, werden abgelehnt. Und das merkt auch der Kunde. Der findet zwar bisher sicher weiterhin einen Dienstleister, aber vielleicht nicht mehr den, den er eigentlich will und/oder braucht.

Tatsächlich bin ich der Meinung, dass nur Dialog und Information helfen, die Situation zu verbessern. Es gibt viele gute Beispiele die eindrucksvoll zeigen, dass faires Verhalten im Pitch zu deutlich besseren Resultaten führt.

Aber ich will hier sehr ehrlich sein: Das Thema Pitch ist ein dickes Brett, dass zu bohren wir hier antreten. Wann und wo und ob wir da große Löcher reinbekommen, durch die dann die Sonne scheint, kann ich heute nicht sagen. Aber klar ist, je mehr Unternehmen dabei mitmachen und uns unterstützen, desto höher sind die Chancen auf Erfolg.

6. Unbezahlte oder auch nur marginal bezahlte Pitches sind nicht nur existenzbedrohend für viele Agenturen, sondern auch im hohen Maße incompliant, weil durch die Erträge aus Projekten dritter Auftraggeber quersubventioniert. Sehen Sie hier Ansätze, das Thema auch einmal rechtlich ins Rollen zu bringen?

In der Tat lassen die aktuellen Regularien einiger Unternehmen diesen (Umkehr-)Schluss zu. Auch die Auffassung, dass kostenlose Pitches an sich sittenwidrig sind, wird von einigen Rechtsgelehrten vertreten. Wir lassen diese Fragen derzeit durch unsere Verbandsjuristen prüfen. Übrigens auch im Bereich des Urheberrechts. Als Fachverband sind wir in zahlreichen Rechtsgebieten per Gesetz zur Klage ermächtigt, ohne direkt beteiligt zu sein. Sollten die derzeit in Prüfung befindlichen Punkte stichhaltig sein, sind auch entsprechende Musterklagen nicht auszuschließen. Das werden wir in der Projektgruppe weiter erörtern.

7. Auch die zweite Auflage des MICE Club LIVE in der Metropole Ruhr steht für neue Sichtweisen und einen Dialog auf Augenhöhe zwischen allen Beteiligten der MICE-Branche. Sie selbst haben gesagt „Das Thema Pitchkultur muss jedem in der Branche eine wahrhafte Herzensangelegenheit sein“ und wollen den MICE Club LIVE durch Ihren fachlichen Input unterstützen. Herr Kalbfleisch, wie weit wollen Sie Ihr Herz am 07. und 08. Juli öffnen?

Ich hoffe, der MICE Club wird keine Operation am offenen Herzen! Oder vielleicht gerade doch. Im Ernst: Als Verband propagieren wir den offenen Dialog mit allen Beteiligten. Und diesen unterstützen wir fachlich nach Kräften. Viel wichtiger finde ich jedoch, dass die Profis der Branche − und damit sind ausdrücklich Dienstleister und Kunden gemeint − kommen und die Diskussion mit dem, was Sie in Herz und Hirn tragen, befeuern. Dann ist schon mal einiges erreicht.

Herr Kalbfleisch, der MICE Club dankt Ihnen für das offene Gespräch!

Ich danke Ihnen und wünsche dem MICE Club und allen Beteiligten viel Erfolg!


Mehr Infos zum FAMAB Verband Direkte Wirtschaftskommunikation e.V.: www.famab.de.

Bildquelle: FAMAB


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Autor: Michael Kaschytza

Veröffentlicht am: 08.05.2014


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