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Meinung

Wenn die Gewinner schon vorher feststehen

Über die Absurdität von Awardverleihungen

Der Award-Herbst mit FAMAB-Award, Location Award und BEA liegt gerade hinter uns und schon geht der Award-Reigen zur Best of Events weiter mit INA- und Blach Event Award. Stets geht es um das Gleiche - die Eitelkeiten der Branche wollen befriedigt werden. In den Hauptrollen: der Ausrichter, die Preisträger und das Publikum.

Die Idee dahinter ist schnell erzählt: der Ausrichter verspricht sich Aufmerksamkeit, PR und - wenn er es schlau anstellt - eine lukrative Einnahmequelle aus den teils horrenden Einreichergebühren, die Preisträger Renommée, Wertschätzung und neue Kunden/Projekte und das Publikum Orientierungshilfe und Unterhaltung.

Dabei kommen durchaus viele unterschiedliche Zutaten zum Einsatz: Der Ausrichter überlegt sich möglichst viele Awardkategorien, die - möglichst schwammig formuliert - in möglichst viele Einreichungen von möglichst vielen Einreichern resultieren. Man möchte ja keinem Branchenakteur die Chance an einer Teilnahme verwehren. Nun braucht es in der Regel noch eine namhafte und in jedem Falle - das wird gerne mit Nachdruck betont - unabhängige Jury. Am liebsten so unabhängig, dass man gleich das Publikum abstimmen lässt. Damit die Hütte zum dröge inszenierten Branchen-Stelldichein möglichst voll wird, nominiert man neben den Preisträgern auch die Kandidaten auf den Plätzen und legt jedem Sponsor einige Freikarten mit ins Paket - oder lädt das Publikum gleich vollends als honorige Ehrengäste ein.

Auf Einreicher- respektive Preisträgerseite sucht man jedes Jahr auf‘s Neue preiswürdige Projekte, für die man gerne auch nicht realisierte Konzepte aus dem Hut zaubert, da kaum noch ein Kunde die Freigabe für Awardeinreichungen erteilt. Hauptsache kreativ. Alternativ - so etwa beim Location Award - bewirbt man sich einfach jedes Jahr in einer anderen - oder doch wieder in der gleichen ? - Kategorie oder erfreut sich daran, dass eine neue Kategorie ins Leben gerufen wurde, damit man dieses Jahr mit seiner Location den Kriterienkatalog ideal erfüllt. Besonders kurios: Beim Captain MICE Future - dem Start-Up-Wettbewerb des VDVO - bewirbt sich der Ausrichter einfach selber um die Krone - wird schon keinem auffallen.

Ja, und das Publikum? Logisch, wenn ein Awardgewinner durch ein total transparentes Publikumsvotum ermittelt wird, kann ja quasi keine Schiebung vorgenommen werden. Besonders dann nicht, wenn man in wochenlangen Online-Abstimmungen von den Nominierten durch ein Bombardement von E-Mail-Aufrufen zur „richtigen“ Stimmabgabe nahezu genötigt wird.

Und so machen Austräger, Preisträger und Publikum in der Regel gute Miene zum abgekarteten Spiel, denn so transparent wie stets postuliert mögen die Juryentscheidungen am Ende wohl nicht sein. Oder ist es nicht merkwürdig um nicht zu sagen offenkundig, dass in den meisten Fällen doch sehr vorhersehbar die Branchenschwergewichte die Nase vorn haben? Besonders augenscheinlich wird das „same procedure as every year“, wenn bei von Lobbyisten ausgerichteten Awards fast ausnahmslos die eigenen Mitglieder und Kunden ausgezeichnet werden. Und kommt ein Awardveranstalter in die Bredouille, einen langjährigen Partner oder strategisch wichtigen Sponsor in keine der vorhandenen Kategoriekorsette gepresst zu bekommen, wird kurzerhand ein Ehren- oder Sonderpreis ins Leben gerufen.

Egal wie man es drehen und wenden will: Die Gewinner stehen schon vorher fest. Denn letztlich unterliegen Awards vom Grundsatz her der einfachen Logik, dass alle beteiligten Akteure und letztlich die dahinterstehende Branche von der Marketing- und PR-Maschinerie rund um die Verleihung profitieren sollen, um sie für die eigene Marketingkommunikation bestmöglich ausschlachten zu können.

Jeder Kunde, der sich von den zahllosen Auszeichnungen eines Anbieters der Branche blenden lässt, sollte angesichts der grassierenden Gier nach Selbstbeweihräucherung zumindest Vorsicht walten lassen: Denn wer weiß, im Zweifel steckt hinter einem Preis anstelle einer ausgezeichneten Service- und Leistungsperformance vielmehr das Talent der besten Mobilisierung der eigenen Community.


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Bildquelle: Designed by Freepik

Autor: Dominik Deubner

Veröffentlicht am: 09.01.2018


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Wolf Rübner,
EventCampus
11. Januar, 17:54 Uhr

Ganz schön gallig, Herr Deubner, aber das ist die Wirklichkeit in unserer manchmal piefigen Branche.

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