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Meinung

Wenn das #Storytelling zum #Apfelkompott wird

Äpfel über Äpfel - wo man hinsieht: Äpfel

Aus der Schöpfungsgeschichte von Adam und Eva den sündigen Apfel als Symbol eines Kreativawards abzuleiten, mag eine kreative Meisterleistung gewesen sein, als der FAMAB bereits in 2010 für den damals noch „ADAM- und EVA“-Award betitelten Branchenpreis Äpfel in Gold, Silber und Bronze als Awardtrophäe schuf. Fortan diente das Apfel-Thema als bindendes Glied und roter Faden, auch, als ADAM und EVA beerdigt wurden und der sperrige FAMAB-Award im Jahr 2014 erstmalig – weiterhin mit der Apfel-Trophäe – vergeben wurde. Eine solche Metapher – sorry, heutzutage heißt das #Storytelling - ist im ersten Jahr spannend, im zweiten Jahr vielleicht witzig inszeniert, im dritten nutzt sie sich schon ab.

Bühnenbild mit Apfel

Im verflixten siebten Jahr – bei der FAMAB-Preisverleihung am 17. November 2016 in Ludwigsburg – war das Apfel-Thema präsenter denn je: Nicht weil im Publikum jeder Zweite ein Smartphone mit Apfelsymbol in Händen hielt und fleißig postete, was das Zeug hielt. Die Macher der Veranstaltung und die eingebundenen Sponsoren griffen das Apfel-Symbol dankend auf, um ja keinen Zweifel daran zu lassen, auf welcher Veranstaltung man sich gerade befand. So erstrahlte das diesjährig gewählte Bühnenbild als Apfel-Passepartout, mit kleinen Äpfeln für #Hashtags und Großaufnahmen (Fehler erkannt? Eins und setzen!) und einem großen Apfel als farblich wechselnder Bühnenhintergrund für die Preisvergabe. Kann man machen. Warum bei der After Show-Party wirklich jeder Caterer aus dem LECA-Verbund ein Apfel-Dessert auf die Speisekarte setzte… kann man sein lassen!

Über den Sinn und Zweck einer Awardverleihung

Warum eigentlich trifft sich jedes Jahr auf’s Neue die Eventbranche zum FAMAB-Award? Um ihr eigenes kreatives Schaffen honoriert zu sehen? Um Inspiration aus den ausgezeichneten Projekten für die eigene Arbeit zu schöpfen oder geht es am Ende doch eher darum, einmal im Jahr bei einem netten Branchen-Stelldichein unter Branchenkollegen zu schwofen und Party zu machen? Diese alles entscheidende Frage muss vorneweg gestellt werden dürfen, wenn man als Kommentator die Veranstaltung im Nachhinein Revue passieren lassen, ja bewerten will. Diese Frage muss sich ebenso der Veranstalter – also der FAMAB - und die ausführende Agentur – dieses Jahr White Label Events - gefallen lassen, diskutieren wir doch seit Jahren hitzig darüber, wie die Erfolgsmessung von Veranstaltungen auf ein seriöses Fundament gestellt werden kann.

Denn dass eine Awardverleihung eine „undankbare“ Aufgabenstellung für eine Agentur darstellt, ist ein alter Hut. Wenn 35 Gewinner aus 141 eingereichten Projekten über die Bühne gescheucht werden müssen, um möglichst kurzweilig (im wahrsten Sinne des Wortes!) ihren Preis in Empfang zu nehmen, kann man dafür nur schwerlich einen Kreativaward überreicht bekommen. Das war ganz sicher auch nicht das Ziel der ausführenden Agentur White Label Events unter Führung von Oliver Wurch. Als erklärtes Ziel der unter dem Motto „get inspired“ durchgeführten Awardshow wurde im Vorfeld ausgegeben, dass wieder die Projekte und ihre kreativen – inspirierenden – Ideen stärker in den Fokus gerückt werden sollten. Dafür wurde den Einspieler-Filmen pro nominiertem Projekt immerhin eine Minute eingeräumt. Die anschließende Preisvergabe und das obligatorisch oberflächliche Kurzinterview der bemühten Moderatorin Alexandra von Lingen fielen dafür umso kürzer aus. Kaum war der Jubel verklungen, mussten sich die Preisträger flugs zum Pressefoto begeben und verpassten so die eingespielten Jury-Statements zu ihren eigenen Projekten.

Persönliche Jury-Statements – gut gedacht, schlecht gemacht

Eine eigentlich schöne Idee von White Label Events, statt der dröge vorgelesenen Jury-Bewertungen der Vorjahre ein persönliches Statement der Jury-Mitglieder während der Jurysitzungen einzufangen – und somit der Jury auch ein Gesicht zu geben. ‚Einfangen‘ ist hier auch der passende Begriff, wenn man die Jury-Statements über den Abend hinweg über sich ergehen ließ: Dass die Kommunikations- und Emotionalisierungsprofis in der Jury zunächst einmal vor der eigenen Tür kehren müssen, wurde vor allem in der ersten Hälfte der Awardshow überdeutlich. Die in der Kategorie „Architecture“ zu Wort kommenden Jurymitglieder versprühten derart wenig Begeisterung und Eloquenz, dass man sich die vorgelesenen Sprecher-Statements aus dem Off wieder sehnlichst herbeiwünschte. Das wurde bei den Eventkategorien zwar deutlich besser und „flüssiger“; aber die immer wiederkehrenden Allgemeinplätze der ach so begeisterten Jurymitglieder führten eher zu einer Abwertung der preisgekrönten Projekte. Da versagten Regie, Drehbuch und Akteure gleichermaßen. Umso verwirrender war die Tatsache, dass den Besuchern die Zuordnung von Filmen, Statements und Jury-Mitgliedern zu den jeweiligen Projekten schwerfiel, weil schlichtweg Einblendungen fehlten oder in der Inszenierung untergingen. So geriet die Verleihung zu einem emotionsarmen und dramaturgisch zähen – auch noch von einer unnötigen Pause unterbrochenen - Marathon, der das erklärte Ziel leider aus genannten Gründen verfehlte – nicht zuletzt war auch die Qualität der nominierten Projekte im Vergleich zu den Vorjahren dieses Mal im Großen und Ganzen eher dürftig.

Jury-Statement als Einpieler

Ka-Boom – ein fragwürdiges Showkonzept für eine Branche, die schon alles gesehen hat

Untermalt und umrahmt wurde das Ganze von einem in lauten Tönen plump daherkommenden Show- und Entertainment-Konzept vom penetrant omnipräsenten ‚Talent Buyer‘ Stefan Lohmann: Martialische Kostüme, treibende Drumrhythmen und – ja allen Ernstes – durch die Lüfte fliegende Violinspielerinnen – das Ganze im Halbplayback und mit den ewig gleichen viel zu oft gehörten Hitmelodien altbekannter Pop- und Rocksongs. Da erinnerte man sich gerne an die feinen, leisen und nachdenklichen Töne der Vorjahresveranstaltung mit Mr. Supergeil. Schon vor der Awardshow zum Empfang störte eine tausendmal gesehene mobile Akustikband die angeregten Gespräche und bei der After Show-Party weckten fade Show-Acts und wenig kreative DJ-Sets müde Begeisterung beim feierwütigen Branchennachwuchs. Da kann, nein da muss man auf dem größten Branchentreffen der Eventbranche anspruchsvollere und innovativere Künstler- und Showkonzepte auf die Bühne bringen.

Wo war die Nachhaltigkeit?

Nun hat sich der FAMAB das Thema Nachhaltigkeit ja sehr selbstbewusst, quasi als Pionier der Branche auf die Fahnen geschrieben und unter vollmundiger Ankündigung durch Vorstandsvorsitzenden Jörn Huber den im Februar 2017 erstmalig stattfindenden FAMAB Sustainability Summit angepriesen. Doch warum versagte der Verband bei seiner wichtigsten Branchenveranstaltung in diesem Themenfeld derart kläglich, sollte doch gerade die Eigenveranstaltung als Vorzeigeprojekt unter nachhaltigen Gesichtspunkten durchgeführt werden. So konnte man den Eindruck gewinnen, dass der FAMAB jeden Sponsor, der nicht bei Drei auf den Baum sprang, mit Kusshand in die Veranstaltung integrierte – frei nach dem Motto: Viel hilft viel. So war die Getränkeversorgung der Veranstaltung in die Hände von Convenience-Produktanbietern gelegt worden, die der Veranstaltung mit tausenden winziger Plastikbecher die Ökobilanz verhagelte – und den Teilnehmern die Partystimmung; denn eine Party ist im Zweifel immer nur so gut, wie die ausgeschenkten Getränke. Auch den LECA-Caterern, die wieder eine sensationelle Leistung in der Versorgung der 1.200 hungrigen Mäuler ablieferten, muss angekreidet werden, dass bei nahezu jedem Caterer Rindfleisch auf dem Speiseplan stand. Eine Differenzierung der Speisenauswahl für Vegetarier, Veganer und gluten- und laktosesensible Personen suchte man bei den Live Cooking-Stationen vergeblich. Dass zum Ende der Veranstaltung den Teilnehmern die obligatorische Sponsoren-Mülltüte mit Prospekten und sinnentleerten Give Aways in die Hand gedrückt wurde, ist heutzutage einfach nicht mehr zeitgemäß.

Convenience-Getränkeausschank

Fazit

Der FAMAB und die in Zukunft durchführende Agentur müssen für sich im Vorfeld die Frage beantworten, welche der eingangs erwähnten Ziele mit der FAMAB-Awardverleihung erreicht werden sollen. Geht es um ein einmal jährlich stattfindendes Branchen-Get Together, wo sich die Branche zu guten Gesprächen bei lausigen Getränken und nervigem Beiprogramm trifft? Oder besteht der Anspruch, als Kreativaward eine Veranstaltung als Aushängeschild der Branche mit durchdachter Präsentation und Aufmachung auf die Bühne zu bringen, bei der Inspiration, Dramaturgie und werthaltige Vorstellung der preisgekrönten Projekte im Vordergrund stehen? – Und da wären wir auch schon wieder bei der undankbaren Aufgabenstellung …

Hier geht's zu den Gewinnern des FAMAB-Award 2016.

Gruppenbild aller Preisträger


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Bildquelle: © FAMAB / Daniel Baukholt

Autor: Dominik Deubner

Veröffentlicht am: 24.11.2016


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