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Destinationen

Ist die Grenze des Wachstums erreicht?

Das neue Meeting- und Eventbarometer liefert kaum Überraschendes

Bereits zum elften Mal präsentierten die Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. (DZT), der EVVC Europäische Verband der Veranstaltungs-Centren e.V. (EVVC) und das German Convention Bureau e.V. (GCB) ihr jährliches Meeting- und Eventbarometer. Erstmalig geschah dies am 28. April im Rahmen einer Onlinekonferenz, bei der via Livechat Fragen der Teilnehmer beantwortet wurden. Mit diesem neuen Format sieht man sich gut für die digitale Zukunft gerüstet und erreicht natürlich auch wesentlich mehr Interessenten als bei einer herkömmlichen Pressekonferenz. Wir möchten im Folgenden aber nicht nur die nackten Zahlen präsentieren, die sich auf der Homepage des GCB einsehen lassen, sondern diese − soweit möglich − auch interpretieren.

Wie gewohnt beinhaltet das Meeting- und Eventbarometer aktuelle Kennzahlen zur Entwicklung des Veranstaltungsmarktes in Deutschland. Dieser ist vor allem von Stabilität auf hohem Niveau geprägt, weshalb sich die meisten Veränderungen zum Vorjahr im geringen einstelligen Prozentsatzbereich bewegen. 54 % aller weltweit rollierenden Kongresse und Tagungen finden in Europa statt, mit Deutschland als wichtigster Destination und Berlin als unangefochtener Nummer Eins weltweit. Nur die USA verzeichnen in absoluten Zahlen mehr derartige Events als die Bundesrepublik und das bei fast viermal so vielen Einwohnern.

Noch mehr Angebot ist nur schwer realisierbar

Im Jahr 2016 haben in Deutschland rund drei Millionen Veranstaltungen mit 394 Millionen Teilnehmern stattgefunden. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen minimalen Anstieg der Gäste bei einem leichten Rückgang der Anzahl an Events. Erwähnenswert ist vor allem der kontinuierlich steigende Anteil ausländischer Gäste, deren Zahl sich seit 2006 auf nunmehr fast 33 Millionen mehr als verdoppelt hat. Ein klares Indiz für die immer noch fortschreitende Globalisierung, auch wenn diese medial auf kein großes Echo mehr stößt. Es ist vielmehr zur Selbstverständlichkeit geworden, dass internationale Vernetzungen und Kontakte aus dem Geschäftsalltag deutscher Unternehmen nicht mehr wegzudenken sind. Auch die konsequente Internationalisierungsstrategie des GCB trägt sicherlich ihren Teil zu dieser Entwicklung bei.

Die Anzahl an Veranstaltungszentren, Tagungshotels und Eventlocations mit jeweils mindestens 100 Sitzplätzen im größten Saal hat sich dementsprechend leicht erhöht: auf rund 7.300. Experten gehen davon aus, dass das „Ende der Fahnenstange“ damit langsam erreicht scheint. Natürlich wird es auch künftig einige spektakuläre Neueröffnungen geben, aber ebenso werden bei teilweise unter 40 Prozent Vollauslastung im Jahr einige Dienstleister an den Rand der Produktivität gedrückt werden.

Zahlen lügen nicht, aber können täuschen

Beachtenswert ist der Jahr für Jahr zunehmende Anteil von Kongressen, Konferenzen und Tagungen im Veranstaltungssektor. Auf alle anderen Eventformate entfallen knapp über 40 Prozent. Insbesondere geht diese Entwicklung zu Lasten der klassischen Geschäftsreise, die dem MICE-Sektor aber höchstens partiell zuzurechnen ist, da sie in der Regel eben keine professionell organisierten Events beinhaltet. Die DZT sieht durch das neunprozentige Plus in diesem Bereich auch ihre Strategie bestätigt, die Kompetenzen deutscher Städte und Regionen in wichtigen Wirtschafts- und Wissenschaftsfeldern miteinzubeziehen und somit den idealen Rahmen für thematisch passende Veranstaltungen zu bieten.

Mit der Internationalität steigt offenkundig auch die Größe der Veranstaltungen, was aus organisatorischen Gründen nicht verwundert. Events mit mehr als 1.000 Teilnehmern haben demzufolge leichte Zuwächse zu verzeichnen, während bei kleineren Veranstaltungen geringe Rückgänge zu verzeichnen sind. Joachim König, Präsident des EVVC, betont, dass es im Segment der kleineren Meetings Hinweise auf eine Verschiebung in Richtung IT-gestützter Formate gibt: „Darin zeigt sich, wie wichtig es für die Anbieter von Tagungskapazitäten ist, mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten und in die entsprechende Ausstattung zu investieren.“ Vor allem technologiegetriebene Unternehmen aus der IT-Branche sehen durchaus noch Verbesserungsbedarf im Hinblick auf eine deutsche Eventinfrastruktur 4.0. Dies wird im Meeting- und Eventbarometer zwar nicht durch Zahlen untermauert, wurde aber im Rahmen der Onlinekonferenz thematisiert.

Mit Sicherheit in die Zukunft

Wie sensibel die Eventindustrie auf wirtschaftliche Veränderungen reagiert, macht die Langzeitbetrachtung des Meeting- und Eventbarometers deutlich. Deutliche Einbrüche waren die Folge der weltweiten Finanzkrise von 2008, bevor zwei Jahre später wieder ein deutliches Wachstum einsetzte, das bis heute anhält. Deutschland gilt seitdem nicht nur als Garant wirtschaftlicher und politischer Stabilität, sondern sah sich bislang den Bedrohungen des Terrors weitaus weniger ausgesetzt als viele andere Länder. Vor allem die gefühlte Sicherheit in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht ist nicht hoch genug einzuschätzen als Triebfeder des deutschen Veranstaltungsmarktes. Solange dies so bleibt, darf die Eventbranche zuversichtlich in die Zukunft blicken. Binnen Jahresfrist ist der Anteil der positiven Einschätzungen in Bezug auf die Zukunft gar von knapp 47 auf fast 60 Prozent gestiegen. Das mag einerseits an positiven Prognosen liegen, ist aber vor allem der subjektiven Einschätzung der Markt- und Wirtschaftslage geschuldet.

Auch wenn man von einer eher rosigen Zukunft der deutschen Veranstaltungsindustrie ausgeht, ist der Markt zu großen Teilen gesättigt. Weiteres Wachstum dürfte sich künftig daher nur in geringen Prozentzuwächsen ausdrücken. Auch infrastrukturell sind die Möglichkeiten zur Errichtung neuer Tagungshotels, Eventlocations und Kongresszentren in Deutschland begrenzt. Auch der von Joachim König im Rahmen der Onlinekonferenz angesprochene Trend, immer mehr Veranstaltungen in möglichst außergewöhnlichen Locations und originellen Umgebungen stattfinden zu lassen, wird sich eher nicht ausbauen können. So bleiben Sicherheit, Professionalität, Zuverlässigkeit und Erreichbarkeit die tragenden Säulen der deutschen MICE- und Eventindustrie.


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Bildquelle: German Convention Bureau e.V. (GCB)

Autor: Frank Brehm

Veröffentlicht am: 04.05.2017


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