Expo in der Steppe
Futuristische Pavillonlandschaft zur Weltausstellung 2017
Die riesige grün leuchtende Kugel ist bereits aus kilometerweiter Entfernung zu sehen: Der kasachische Pavillion, 80 Meter im Durchmesser und so groß wie ein Fußballfeld, bildet das Herzstück der Expo 2017. Mehr als 100 Staaten sind dabei, seit ab dem 10. Juni die Weltausstellung in Kasachstans Hauptstadt Astana stattfindet. Vier Monate lang präsentieren sie in ihren Pavillons, wie sie sich die Energieversorgung der Zukunft vorstellen. Fünf Millionen Besucher will die kasachische Hauptstadt Astana zur Weltausstellung 2017 begrüßen. Anschließend soll die futuristische Pavillonlandschaft zum Finanzzentrum Mittelasiens werden.
Was nach dem Öl kommt
„Future of Energy“, so lautet denn auch das Motto der Expo. Was einseitige Abhängigkeit vom Öl bedeutet, spürt derzeit kaum jemand stärker als ausgerechnet Kasachstan: Die Wirtschaft des größten Binnenstaates der Welt basiert auf dem schwarzen Gold, und die Ölvorräte, die unter der Steppe noch vermutet werden, sind immens. Doch was bringt das, wenn die Preise so niedrig sind, dass sich die Förderung kaum lohnt? Und was geschieht, wenn es irgendwann kein Öl mehr geben wird?
Schon die Expo-Architektur symbolisiert, um was es geht: Die Themenhallen gruppieren sich wie die Flügel eines Windrads um den Rotor – der kasachische Pavillon. Und wie alles in Kasachstan, das in diesem Jahr als Land seinen 25. Geburtstag der Unabhängigkeit feiert, ist alles gigantisch groß: Auf dem Ausstellungsareal finden sich eine Konzerthalle für 10.000 Besucher, ein Kongresszentrum sowie um die 10.000 neue Wohnungen, die zunächst den Ausstellern als Unterkunft dienen sollen. Geheizt werden sie allesamt mittels Solarenergie – ob dies in den minus 45 Grad kalten Wintermonaten in Astana ausreicht, ist allerdings eine andere Frage.
Eisiger Steppenwind
Tatsache ist: Um die futuristische Hauptstadt Kasachstans, deren Einwohnerzahl sich seit 1997 auf gut 800.000 mehr als verdreifacht hat, vor den eisigen Steppenwinden zu schützen, entstehen derzeit große Waldgebiete, die sich wie ein grüner Ring um die Stadt legen sollen. Dabei hat Astana in den vergangenen Jahren an Lebenswert gewonnen.
Einst auf Anweisung des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew auf dem Reißbrett entstanden, wandelt sich das „Dubai der Steppe“ mehr und mehr zu einem Ort wirklichen Lebens. Und das Ziel ist ambitioniert: Im Jahr 2030 soll Astana eine der modernsten Städte der Welt sein. Einst hatte Sowjet-Despot Stalin Millionen Menschen in den Norden Kasachstans getrieben und ermordet, darunter Hunderttausende Russlanddeutsche. Von den Überlebenden sind nach dem politischen Umsturz und dem Zusammenbruch der damaligen Sowjetunion 1990 gut 1,2 Millionen nach Deutschland übergesiedelt. Nur 80.000 Deutsche, vor allem die Älteren, die resigniert haben, sind bis heute geblieben.
Ein Spaziergang durch das gut vier Kilometer lange Astana, das einst Zelinograd und anschließend Aqmola („Weißes Grab“) hieß, ist fast wie eine Reise in eine futuristische Welt: Dutzende Prunkbauten sind hier entstanden, von internationalen Stararchitekten geplant, vom goldenen Kugelturm über pyramidenförmige Einkaufszentren und Ufos bis zu riesigen Moscheen und pompösen Regierungspalästen. Astana ist übriges schlicht das kasachische Wort für „die Hauptstadt.“
Spannend ist der Gang durch das 2014 eröffnete internationale Museum, in dem sich das vor 1991 niemals als eigener Staat existierende Kasachstan eine nationale Identität zu geben versucht: rund um die Herrscher der Saka-Stämme im 8. bis 4. Jahrhundert vor Christus. Seit 1969 wurden sechs von ihnen bei Ausgrabungen gefunden, jeder mit bis zu 4.000 Accessoires aus reinem Gold geschmückt. Eine größere Zeitreise jedenfalls lässt sich für die Besucher, die zuvor über das futuristische Gelände der Weltausstellung gebummelt sind, wohl kaum machen.
Hoffen auf Transit-Verkehr
Sie entstand als Nachfolgerin der insolventen Air Kazakhstan, doch rein gar nichts erinnert mehr an deren alte Sowjetmaschinen: Air Astana, 2001 gegründet, verfügt mit ihren 30 Airbus-, Boeing- und Embraer-Jets über eine der jüngsten Flotten weltweit. Täglich fliegt die Gesellschaft, die zu 51% dem Staat und zu 49% dem britischen Luftfahrt- und Rüstungskonzern BAE-Konzern gehört, von Frankfurt nach Astana und weiter nach Almaty. Durch die Wirtschaftskrise, in der Kasachstan wegen der niedrigen Ölpreise steckt, verliert Air Astana derzeit deutlich an Umsatz und Gewinn: Der Verkehr im Land sowie in Zentralasien bricht ein. Das will das Unternehmen durch wachsenden Transitverkehr ausgleichen.
„Wir wollen Astana zum Umsteige-Flughafen machen“, sagt Ibrahim Canliel, Verkaufs- und Marketingchef der Airline. „Mit unserer geografischen Lage sind wir dafür prädestiniert: Wir liegen genau in der Mitte zwischen Europa und China, zwischen Frankfurt und Peking.“ Doch vor allem hat Canliel Zielorte in der Region im Auge, für die Europäer Astana als Transit-Airport wählen können: das westchinesische Urumqi, das kirgisische Bischkek oder – aus Sicht russischer oder zentralasiatischer Passagiere – Teheran, Tiflis oder Kiew. „Für uns ist das ein echter Paradigmenwechsel“, sagt Canliel. Doch der Erfolg gibt ihm recht: Aus 10.000 Transitpassagieren 2010 sind inzwischen 260.000 geworden (2016). Ein kostenloses Stopover-Programm in Astana soll Umsteigern diese Option versüßen. Und: Im Mai 2017 ging das neue internationale Terminal am Flughafen Astana in Betrieb, das für 8,2 Mio. Passagiere ausgelegt ist (bislang: 3,6 Mio.). „Unser Ziel ist ein jährliches Gästewachstum von 10 Prozent“, sagt Flughafenchef Paolo Ricciotti, der vor allem auf Geschäftsreisende hofft. Denn, so Ricciotti: „Astana wird sich zum Finanzzentrum Zentralasiens entwickeln“.
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Bildquelle: Visit Kazakhstan