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Best Practice - Tagung/Kongress

Das MICE-Orakel von Deutschland

Die Entwicklung des „Future Meeting Space“ nimmt konkrete Züge an

Keine Frage: Deutschland steht gut da im internationalen Vergleich innerhalb der MICE- und Eventbranche. Doch mit welchen Entwicklungen müssen sich Veranstalter, Betreiber, Investoren, Lieferanten, Dienstleister und Destinationen auseinandersetzen, um auch in Zukunft erfolgreiche Veranstaltungen zu planen und auszurichten? Was sind zukunftsfähige Veranstaltungsformate und welche neuen Anforderungen ergeben sich daraus?

Diesen und anderen Fragen widmet sich der vom German Convention Bureau (GCB) und EVVC Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e.V. initiierte Innovationsverbund „Future Meeting Space“ mit seinen Projektionen bis ins Jahr 2030. Über dessen Anfänge berichteten wir im Mai. Veranstaltungsplaner aus Firmen, Verbänden und Agenturen hatten nun die Gelegenheit, bei einem Treffen der Fokusgruppen am 07. Oktober 2015 in Düsseldorf dabei zu sein. Dort präsentierten die Projektverantwortlichen erste Zwischenergebnisse des Forschungsprojektes mit spannenden ersten Erkenntnissen. Mit von der Partie sind das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) sowie als Forschungspartner Drees & Sommer, KFP Five Star Conference Service, das visitBerlin Berlin Convention Office, SevenCenters of Germany und Tourismus NRW. In dieser ausgewogenen Konstellation ist man mit der Zielsetzung unterwegs, den Veranstaltungsraum der Zukunft aus allen Blickwinkeln zu betrachten und auszuleuchten – wobei dieser Raum auch virtuell sein kann und als Begriff über die architektonische Betrachtung hinaus zu verstehen ist. Denn das Projekt "Future Meeting Space" soll relevante Entwicklungen in der Veranstaltungsbranche systematisch antizipieren, um hieraus Hinweise auf zukünftige Anforderungen an organisatorische, technologische und eben räumliche Infrastrukturen abzuleiten.

Wie ist es um den Markt bestellt?

Wie in großangelegten Forschungsprojekten üblich steht eine aussagekräftige Ist-Analyse am Anfang des weiteren Vorgehens. Was nicht statistisch belegbar ist, wird dabei qualitativ hinterfragt. Keine Frage ist, dass Deutschland weltweit der Veranstaltungsmarkt Nummer zwei hinter den USA darstellt, mit Berlin als globale Top-Five-Eventmetropole.

Generell betrachtet hat die absolute Anzahl an jährlichen Veranstaltungen zwischen 2006 und 2014 genauso kontinuierlich zugenommen wie die Zahl der Gäste. Aktuell ist man bei rund drei Millionen Events mit über 380 Millionen Teilnehmern angekommen – Tendenz steigend. Markant dabei: Der Anteil traditioneller Geschäftsreisen verringert sich zusehends zugunsten des Besuchs von Ausstellungen, Messen, Kongressen, Konferenzen und Incentives, die inzwischen 56 % aller Businesstrips ausmachen.

Dies sind für die MICE-Branche grundsätzlich positive Entwicklungen. Damit Deutschland aber seine führende Marktstellung behält bzw. weiter ausbauen kann, bedarf es der zunehmenden Berücksichtigung gesellschaftlicher und ökonomischer Megatrends. Wir stellen Ihnen die wichtigsten der vom Team „Future Meeting Space“ identifizierten Herausforderungen und Konsequenzen an dieser Stelle kurz vor und werden uns in weiteren Artikeln sukzessive den einzelnen Themenbereichen zuwenden.

Globalisierung

Ob sozial, politisch oder ökonomisch – die Globalisierung setzt sich ungebremst fort und mündet in einer weitgehenden Liberalisierung von Märkten und Gesellschaften. Kommunikationswege werden verkürzt, Angebote dezentralisiert und Informationen überall verfügbar. Die Folge ist ein sich verschärfender internationaler Wettbewerb, dem es angemessen zu begegnen gilt – insbesondere mit Blick auf die zu erwartenden Wachstumsentwicklungen in Ländern wie China, Indien, Brasilien oder Russland. Wenn Deutschland auf der Weltbühne nicht ins Hintertreffen geraten will, ist eine multikulturell geprägte Internationalisierung von Events und Veranstaltungen im großen Maßstab unabdingbar. Hier sind vor allem die Fähigkeiten der Mitarbeiter gefragt, um etwa Sprachbarrieren zu überwinden oder interkulturelle Herausforderungen zu erfüllen.

Nachhaltigkeit

Klimawandel und Ressourcenverknappung, Umweltbelastung und Schadstoffausstoß haben schon heute zu einem ökologischen Umdenken geführt, insbesondere in der westlichen Hemisphäre. Gesellschaftsfähig ist nur, was auch nachhaltig ist. Immer mehr reine „Green Events“ werden geplant und durchgeführt. Es ist davon auszugehen, dass sich diese mehr und mehr als Branchenstandard etablieren werden. Offizielle Gütesiegel vermitteln die Veranstalterkompetenz nach außen, während gleichzeitig an alles gedacht sein will, damit sich ein Event nachhaltig nennen darf: die Vermeidung von Abfall, die Reduktion von CO2, die Verwendung nachwachsender Rohstoffe, der Einsatz regionaler Produkte, die Nutzung energiesparender Technologien u.v.m. Hier werden in Zukunft vermehrt entsprechende Kooperationen mit kompetenten Partnern vor Ort, aber auch mit internationalen Zertifizierungsstellen gefragt sein.

Individualisierung

Massenabfertigung war gestern. Der Kunde und Eventteilnehmer von morgen erwartet individuell auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Angebote, wie sie der digitale Markt heute schon zuhauf bereithält. Diese Entwicklung ist zwangsläufig verbunden mit einer zunehmenden Heterogenität der Zielgruppen vom älteren Produktmanager bis zum jungen Digital Native. Auch dem zunehmenden Verlangen nach einer optimalen Work-Life-Balance muss in diesem Zusammenhang Rechnung getragen werden. Gefragt sind also immer mehr flexible „Veranstaltungsbaukästen“, die sich zugeschnitten auf die persönlichen Bedürfnisse zusammenstellen lassen – angefangen bei der Anreise über die Unterbringungsform bis hin zum touristischen Mehrwert vor Ort, der die Eventteilnahme besonders lohnend erscheinen lässt sowie einer differenzierten inhaltlichen Ausgestaltung von Veranstaltungen.

Technologisierung

Was vor einigen Jahren noch undenkbar schien, ist heute schon technischer Standard in Büros, Wohnzimmern und Veranstaltungsräumen. Geräte und Software werden in immer stärkerem Maße mit der Umgebung verknüpft und führen zu veränderten Strukturen in der Lebens- und Arbeitswelt. Fast alles wird immer einfacher, komfortabler und schneller, wobei auch der Aha-Effekt nicht zu kurz kommen sollte. Im Veranstaltungsraum der Zukunft geht es aber nicht nur um modernste Präsentationsmethoden, schnellen Datenaustausch und mediale Vielfalt, sondern für jeden Teilnehmer auch um einen mehrwertorientierten und effektiven Austausch in der Vernetzung aller Teilnehmer sowie um den persönlichen Wohlfühlfaktor vor Ort, in der Cloud und im Netzwerk. Jede gekappte Verbindung mag künftig in der Lage sein, ein schlechtes Licht auf den Veranstalter zu werfen. Die Crux dabei: Auch der Aspekt der Datensicherheit ist gerade im ökonomischen Umfeld von immenser Bedeutung. Der „Future Meeting Space“ widmet diesem Aspekt sogar ein eigenes Kapitel.

Mobilität

Als weiterer Megatrend wurde das Thema Mobilität ausgemacht und damit die Bewegung von A nach B. Auch hier sind tiefgreifende Veränderungen zu erwarten, wie sie heute zum Teil schon erkennbar sind, etwa durch die verstärkte Nutzung eines vernetzten ÖPNV, von Carsharing-Angeboten, autonomen selbstfahrenden Kraftfahrzeugen oder Elektrofahrzeugen. In diesen Bereich spielt der Nachhaltigkeitsaspekt stark hinein, denn was vor Ort an Energie eingespart werden mag, wird sich bei der Anreise erst recht optimieren lassen. Die Veranstalter werden deshalb mehr und mehr angehalten sein, Auskunft, Ticketing und Zahlverfahren zu vereinfachen, damit die Übergänge zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln fließender werden. Und sie sollten dabei auch die stets umweltfreundlichste Anreiseform als Alternative im Blick haben. Herausforderungen meistern

Im Zuge der Bewertung der aktuellen Megatrends, zu denen auch noch weitere hinzugezählt werden (z.B. Urbanisierung, Sicherheitsdenken und Überalterung), hat der Innovationsverbund „Future Meeting Space“ folgende maßgeblichen Herausforderungen für die Eventbranche identifiziert:

  • Steigender Konkurrenzdruck durch internationale Marktteilnehmer
  • Zunehmende Verschiebung der Zielgruppen in Richtung der Einzelinteressen
  • Umfassende Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien Gewährleistung ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit
  • Förderung von Wissenstransfer, Informationsbeschaffung und Networking
  • Umgang mit virtuellen und realen Veranstaltungsbausteinen
  • Veränderung von Informationsmustern und Veranstaltungsformaten

Digital ist gut, aber nicht besser

Eine Frage, die über allem thront, ist diejenige, inwieweit der virtuelle Veranstaltungsraum den realen ablösen kann und wird. Schließlich werden bei digitalen Coachings, Meetings, Webinaren und Co. keine Reisekosten fällig und keine Klimagase freigesetzt. Es wird wesentlich weniger Zeit beansprucht und kaum organisatorischer Aufwand betrieben. Im kleinen Maßstab mag das funktionieren, aber der Mensch ist und bleibt nun einmal ein soziales Wesen.

Die vom Fraunhofer Institut eingeholten Expertenmeinungen sprechen eine eindeutige Sprache: Die ausschließliche virtuelle Welt kann nicht alle Erwartungen und Anforderungen der Nutzergruppen abdecken. Daher ist sie keine ideale Plattform für die Durchführung einer Veranstaltung. Aber sie wird künftig in immer stärkerem Maße zu erfolgreichen Veranstaltungen dazugehören.

„Hybrid-Event“ lautet daher eine der Erfolgsformeln für die Zukunft. Hierbei kommen weder das soziale Miteinander und die gemeinsame Interaktion zu kurz, noch das effiziente Networking und die digitalen Möglichkeiten. Neue Veranstaltungsformate werden Einzug halten in historische Veranstaltungsräume und vor allem das „Gesamterlebnis Event“ steigern, samt seiner Vorbetrachtung und Nachbearbeitung.

Gemeinsam mit dem „Future Meeting Space“ werfen wir gerne weitere Blicke in die Zukunft der MICE- und Eventbranche und werden Sie auch künftig mit allen dazu nötigen Infos versorgen!


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Bild-/Videoquelle: Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO)

Autor: Frank Brehm

Veröffentlicht am: 22.10.2015


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