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EventTech, Themensammlung - Corporate Responsibility

Zur Nachahmung empfohlen: step2mice

Sinnvolles Integrationsprojekt der MICE-Branche für Geflüchtete

„Die MICE-Branche ist perfekt für die Integration von Geflüchteten,“ erklärt Tommy Neumann. „Sie ist unkonventionell, international, es gibt viele Quereinsteiger und damit viele offene Türen für ausländische Arbeitskräfte.“

Als Projektleiter begleitet Tommy Neumann das Erasmus+ Projekt Event Industry Integration seit mehreren Monaten und hat das deutsche Pilotprojekt step2mice gemeinsam mit den Partnern entwickelt. Ziel dieses gemeinsamen Projektes von EVVC (DE), GPOCS (LI), IT University (DK), ÖSB Consulting (AT) und VPLT (DE) ist es, die Beschäftigung und Integration von Geflüchteten, Migranten und ausländischen Arbeitskräften in die MICE-Branche zu fördern. Schwerpunkte bilden die Fachbereiche Technik, Catering & Logistik sowie Facility Management.

Der Pilot step2mice, der jetzt im Oktober startete, konzentriert sich auf den Bereich Veranstaltungstechnik. In diesem Bereich wurde mit der Deutschen Event Akademie (DEAplus) ein Bildungspartner gefunden, der mit viel Engagement und Herzblut an der Vorbereitung und Ausführung beteiligt ist. Die 10 Teilnehmer des Piloten wurden im Oktober zwei Wochen lang in der DEAplus geschult und haben jetzt, ausgestattet mit dieser wertvollen Theorie, die Praxisphase in den Betrieben begonnen. Am Piloten nehmen u.a. das Staatstheater Hannover, die exposive medien gruppe und das HCC Hannover Congress Centrum teil. „Das Zusammenspiel unterschiedlicher Unternehmen ist meiner Meinung nach ein großer und wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um das Projekt mit Herzblut in die Praxis umzusetzen“, betont EVVC-Präsidentin Ilona Jarabek an dieser Stelle und freut sich, dass der Pilot step2mice mit dem HCC auch durch ein EVVC-Mitglied in der Praktikumsphase unterstützt wird. Ein weiterer Kooperationspartner ist die Stadt Hannover, die für fünf Teilnehmende einen Praktikumsplatz in den zahlreichen Veranstaltungshäusern der Stadt ermöglicht.

„Wir wollen junge Menschen keinesfalls in prekäre Jobs wegfördern“, betont Neumann, „sondern ihnen aufzeigen, wo es beruflich für sie hingehen kann.“ So sieht er auch die Motivation der beteiligten Betriebe – keiner will billige Arbeitskräfte. Zuverlässige und motivierte Leute, auf die man langfristig bauen kann, werden gesucht – „Real money for real work“ ist die Devise. Diese Devise überzeugte auch das Jobcenter Hannover, das das Projekt innovativ unterstützt, indem die Teilnehmer weiter gefördert werden und zeitgleich den Praxisbetrieben attraktive Eingliederungs- und Weiterbildungsmodelle offeriert werden.

Wer ist eigentlich dabei?

Im Durchschnitt sind die Teilnehmer 25 Jahre alt und stammen größtenteils aus dem Nahen Osten. Sie haben an einem Sprachkurs der VHS Langenhagen teilgenommen und mit 400 Stunden Deutschunterreicht das Sprachlevel B2 erworben. Sie können sich im Gespräch gut ausdrücken, wobei die Lese- und Schreibkompetenz Luft nach oben lässt. Wenig Luft nach oben ließ allerdings die Motivation, als ihnen step2mice in der VHS Langenhagen vorgestellt wurde.

„Nach dem Sprachkurs fallen viele junge Leute in eine Leerphase, so ist meine Erfahrung“, sagt Neumann. Also ging man nach Absprache mit der VHS in die Klassen und erklärte das Projekt. Was haben wir vor, was macht ein Veranstaltungstechniker, was macht die MICE-Branche, welche Perspektiven bietet sie? „Diese Anker haben wir gesetzt und dann haben wir einfach mal abgewartet“, erklärt Neumann. Da die Maßnahme absolut freiwillig ist, wollten wir von Anfang an die Eigeninitiative fördern, die Leute sollten kommen. Und sie kamen – einige Zeit später zu einer zweiten Gesprächsrunde im Jobcenter Langenhagen. Bei diesem Kennenlerntag galt es mithilfe der „Kompetenzkarten für die Berufs- und Migrationsberatung“ der Bertelsmann Stiftung die Stärken und Interessen der potenziellen Teilnehmer zu ermitteln und deren Technikaffinität abzuprüfen. Das Kartenset ist achtsprachig und zeigt die Kompetenzen auch über Bilder, so lassen sich auf einfache Art im interkulturellen Dialog Stärkenprofile entwickeln. Auch die Projektpartner konnten die Interessenten der Teilnehmer kennenlernen, diese erfuhren viel über sich und die Arbeitsatmosphäre war sehr partnerschaftlich.

Partnerschaftliches Arbeiten ist generell eines der Leitmotive dieses Projektes: Aufbauend auf den Kompetenzen und Erfahrungen aller Erasmus+-Partner aus Wien, Liechtenstein und Kopenhagen entstand in gemeinsamen Überlegungen das Pilotprojekt. step2mice zeigt eine außergewöhnlich vorsichtige, wertschätzende, schrittweise und gleichzeitig solide Herangehensweise, die die Stärken der Projektpartner und die der Teilnehmer gleichermaßen nutzt und fördert. Diese Vorgehensweise führt dazu, dass Projektpartner, Betriebe, Bildungsträger, Jobcenter, VHS und Teilnehmer mit voller Kraft dabei sind und teilweise viel mehr geben, als die reine Fördersumme hergeben würde. So entstehen tolle Ideen, wie etwa diese, einen Auszubildenden der Firma Gahrens+Battermann, einen jungen Syrer, als „Buddypartner“ an der Theoriegruppe teilnehmen zu lassen.

Reich an Ideen und Engagement zeigte sich auch Bildungspartner DEAplus, der seine Arbeit pro bono investiert, auch als es darum ging, die Schulungsräume für die praxisorientierte Ausbildung umzugestalten.

„Da im Vorfeld nicht klar war, wie es um den schriftlichen Ausdruck als auch Lesekompetenz bei den Teilnehmern bestellt war, mussten wir flexibel reagieren und uns den Gegebenheiten anpassen, indem wir die Theoriephase mit einer sehr praxisnahen Vermittlung der Inhalte gestaltet und mit vielen Exkursionen flankiert haben“, sagt Anke Lohmann von der DEAplus. „Wir haben einen großen Schulungsraum zur Probebühne umfunktioniert, um noch näher an der Praxis arbeiten zu können. Die Exkursionen und die praktischen Übungen waren dabei das Highlight für die meisten Teilnehmer, unter anderem durften sie in der TUI-Arena bei einem Riggerteam hospitieren.“

Schon in der Theoriephase haben die Teilnehmer ihre Praktikumsbetriebe kennengelernt, was für beide Seiten die Unsicherheit deutlich gemindert hat. Jetzt wird tagtäglich angepackt. „Am liebsten wäre uns natürlich, die Teilnehmer hätten am Ende Ausbildungsverträge in der Hand“, sagt Neumann und freut sich, dass die Chancen dafür gar nicht so schlecht stehen.

Fazit: Hier wird nicht versucht, eine Fördermittelschablone über Teilnehmer, Partner und Betriebe zu stülpen. Schrittweise hat sich ein Pilotprojekt entwickelt, das allen Beteiligten Rechnung trägt. So entsteht eine große Sogwirkung, weil jeder sein Bestes einbringen kann. Nachahmenswert, finden wir.

Im Anschluss an die Pilotphase ist ab Frühjahr 2019 geplant, step2mice in weiteren Städten fortzusetzen und zusätzlich zum Bereich Technik auf die Arbeitsfelder Catering & Logistik sowie Facility Management auszuweiten. Für Betriebe, die Interesse an einer Teilnahme am Projekt haben, steht Projektleiter Tommy Neumann vom VPLT unter Tel. +49 (0) 511-270 747 47 oder info@step2mice.eu als Kontakt zur Verfügung.


Alessandro Nardella bei einer Brandschutzübung

Teilnehmer Alessandro Nardella, der nun bei der exposive medien gruppe sein Praktikum absolviert, freut sich besonders, dass er seinen Stärken und Interessen in diesem Projekt voll nachgehen kann: „Ich habe Elektroinstallateur auf einer staatlichen Berufsschule in Italien gelernt und bin ein Technik-Freak. Ich bin gerne unterwegs und will mit Menschen zusammenarbeiten. Eventtechniker passt gut zu mir“, erklärt er mit einem breiten Lächeln. Hier auf dem Bild sehen wir ihn bei einer Brandschutzübung.


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Bildquelle: step2mice

Autor: Andrea Goffart

Veröffentlicht am: 22.11.2018


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