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Meinung, Agenturen, EventTech

Gewinner und Verlierer

Teil 7 der Nachbesprechung des BrandEx Awards 2021

Heute wird es ein letztes Mal subjektiv, kritisch und konstruktiv im siebsten Artikel meiner Reihe zum BrandEx Award 2021. Wieder gibt es Beobachtungen und natürlich auch Konsequenzen. Daraus ergibt sich das letzte Stück Leitfaden für Live Shows im Online-Event-Zeitalter. Diskutiert mit mir und uns und freut euch auf unsere Quintessenzen im Event Tech Talk am 30.03.2021 von 10-12 Uhr.

Die Seite im Freundebuch ist diesmal leer, denn dort könnte dein Eintrag stehen! Machst du mit?

BEOBACHTUNG

Abschließend schaue ich mir die Gewinner und Verlierer des Awards an. Dafür ist zunächst mal eine wichtige Grundlage zu schaffen: Wie wird man überhaupt Gewinner? Nun, man zahlt. Bei Einreichung eines Beitrags ist eine dreistellige Summe fällig. Bei Nominierung und Gewinn klingelt die Kasse erneut. Vermutlich wissen viele Außenstehende das nicht, denn es fehlt ja die Plakette auf der Trophäe mit der Aufschrift: „Dieser Preis wurde vom Gewinner selbst bezahlt.“

Mit 905 von 1000 Punkten führt Atelier Brückner die neue Best of Best-Liste von Peter Blach an. 2019, beim ersten BrandEx Award, gewannen sie in der Kategorie Best Brand Architecture mit der Macallan Visitor Experience. Das ist der einzige Beitrag, der jemals über 900 erreicht hat, berichtet Blach in der Show, als wäre der Award so alt wie der Oscar. Mit seiner BoB-Liste möchte Blach die kurze Halbwertszeit von Siegerbeiträgen verlängern. Es ist seine „Herzensangelegenheit gegen das Vergessen von Wettbewerbssiegern.“ Vielleicht soll es auch nur den fälligen Geldbetrag für Einreichung und Gewinn etwas nachhaltiger erscheinen lassen.

Das beste Punkteergebnis 2021 holte insglück, vertreten durch Detlef Wintzen live vor Ort. Schräg mutet an, dass der Hauptgewinner, nach einem Schleich-Werbe-Battle mit Moderator Aljoscha Höhn für die beste Eisdiele Berlins (???), im Abspann als Erster genannt wird, bei den Unterstützern des BrandEx Awards. Aber da haben sicher die meisten Kunden schon ausgeschaltet.

Zu den bekannten Kategorien Architecture / Planning, Craft, Production / Crossmedia / Event kommt die neue Kategorie Formats. Jurysprecher Peter Blach, der die Kategorie erfand, erklärt, dass man mit der Kategorie Formats mal die Möglichkeit geben wollte, neue Formate vorzustellen. Der BrandEx hat nun also auch eine Kategorie, in die alles passt. „Messeformate, Festivalformate und freie Formate“, ergänzt Blach. Es sei ein Alleinstellungsmerkmal. Erfrischend, dass Vera Viehöfer, die in dieser Kategorie gewonnen hat, mehrfach angerufen hatte, um zu verstehen, ob das die richtige Kategorie für ihre Einreichung sei. Wer viel Geld bezahlt, möchte hier natürlich ungern falsch liegen.

Unter den 101 Einreichungen wurden 38 Gewinner aus 23 Unternehmen gekürt. Als wärs im Bundle gleich günstiger. Michael Hosang vom Jury-Team bekommt die Chance zu erklären, warum die FRESH-Kategorie für den Nachwuchs dieses Jahr wegfällt. Er nutzt sie nicht. Es bleibt im Dunkeln.

Die Preisträger der Kategorien sind in den gezeigten Siegerfotos des jeweiligen Projekts weder als Personen sichtbar noch sind sie namentlich genannt. Die Bauchbinden in den Fotos helfen nicht weiter. Höhns Hetzjagd durch die Gewinnerkarteikarten wirkt, als läse er sie zum ersten Mal. In den Live-Schalten zu den Gewinnern kann er sich das Lachen über Technik-Fails und den on air-Hinweis auf Nasepopeln nicht verkneifen. Sieht so Respekt vor Gewinnern aus?

Robert Sarga von BASF, einer der Jurysprecher, erklärt, dass der Juryprozess „virtuell“ ablief und dass das absolut nicht vergleichbar ist mit sonst. Ach was! „Im virtuellen Raum fehlen die Emotionen.“

Wer in der Hauptkategorie die meisten Punkte geholt hat, wird von Jan Kalbfleisch in wechselnden albernen Kostümen im Briefumschlag hereingebracht. Als AROMA hier den ersten Punktesieg holt, spoilert Aljoscha Höhn lachend, dass man sich wohl noch ein paar Mal wiedersieht. Musiker Axel von Hagen und Höhn haben das Öffnen der Umschläge offensichtlich überhaupt nicht geprobt. Sie fallen sich ständig gegenseitig ins Wort beziehungsweise in die Tasten. Dramaturgie? Fehlanzeige.

Florian Kiesel von der Schaeffler Technologies AG ist Jurysprecher, u.a. bei EVENT. Höhn schlägt ihm vor, nächstes Jahr den BrandEx Award beim BrandEx Award in der Kategorie PR-Event einzureichen. Das klingt, wenn man sich das Geklüngel so anschaut, gar nicht unrealistisch.

Jennifer Bandholz von fischerAppelt live marketing erklärt, wer der Berliner Künstler Romano ist und erzählt vom Projekt für die S-Bahn Berlin, das den BoB-Punktesieg in der Kategorie Events, Best Live PR holt. Den kurzen Ausflug in eine interessante Projekterklärung würgt Höhn mit der Frage ab, ob sich Jennifer Bandholz denn unterhalten fühlt. Sie weicht geschickt aus, Höhn bohrt weiter und erzwingt ein „Ich fühle mich unterhalten“. Dann wird sie schnell ausgeblendet.

Zum Schluss kommt dann nochmal der Tagessieger Detlef Wintzen im Eis-Battle mit dem Moderator zu Wort: „Um so ein bisschen open minded zu gelten, denn das stärkt mein Image ja, sag ich einfach mal: DEIN EIS SCHMECKT SUPER!“ So ist das, in dieser Branche. Einfach mal sagen, was man nicht so meint, nur um auch beim nächsten Mal noch nen Löffel vom Eis abzubekommen.

KONSEQUENZ

Glückwunsch. Es ist geschafft. Nach dem Opener sind wir in sieben Artikeln durch die Live Show zum BrandEx Award 2021 geritten. Dass eine Kritik nicht immer „nett“ ist, liegt in der Natur der Sache. Nochmal: Im Wesentlichen habe ich beschrieben, was ich gesehen habe. Man musste nicht erbsenzählerisch veranlagt sein, um so viel Stoff zusammen zu bekommen. Und immer noch stellt das Geschriebene eine Auswahl dar. Apropos Stoff: Stoff, aus dem die Träume sind, sagt man doch so, wenn man von großen Erzählungen spricht. Das kann man auch auf große Shows übertragen und eine solche hätte die Branche für Live-Kommunikation und Events in Deutschland verdient. Nur wenn wir uns alle bewegen, uns zu Wort melden, etwas beitragen, dann kann es gelingen und 2022 kann besser werden.

Was vielen nicht bewusst ist: Diese Show hat uns alle zu Verlierern gemacht. Wir haben Würde, Respekt, Standing und eine in diesen Zeiten besonders wichtige Chance für Aufmerksamkeit und Relevanz verloren. Mit Anstand kann man die Preise nach diesem Abend meiner Meinung nach nur zurückgeben, als starkes und dringend nötiges Symbol für den erforderlichen Neuanfang! Und dann zeigen wir im nächsten Jahr, was wir als Branche zu leisten im Stande sind, wenn wir gemeinsam in die Zukunft gehen.

Die folgenden sechs Vorschläge möchte ich machen:

  1. Keine Gebühr mehr für die Einreichung. Eine klare Absage an gekaufte Awards und gefakte Qualitätssiegel. Eine klare Zusage an Transparenz und Klarheit in der Kommunikation gegenüber unseren Kunden und der Öffentlichkeit.
  2. Beauftragung der Geschäftsstelle mit der Erarbeitung neuer Finanzierungsmöglichkeiten für den Award und die Show im Sinne der Vielfalt, Barrierefreiheit und Unabhängigkeit.
  3. Ausschluss des Rechtswegs. Wer den Award finanziert, darf nicht daran teilnehmen.
  4. Ausschreibung der Award-Show für 2022 unter Einbeziehung des Branchennachwuchses. Für den Pitch ist ein Konzept vorzulegen, das Erfahrung und frische Ideen perfekt kombiniert.
  5. Klare Bedingung für Award Live Show-Konzepte: Einbindung neuer, zukunftsweisender Technologien, um die Award-Verleihung selbst zu einem international beachteten Benchmark zu machen.
  6. Erstellung eines Medienkonzepts: Umfassende, internationale und crossmediale Kommunikation rund um den Award. Die Auszeichnung soll in Zukunft zu einem veritablen Branchen-Oscar werden, der Einreichungen auch aus dem Ausland ermöglicht.

Hey, Branche, jetzt liegen Fakten und Vorschläge auf dem Tisch! Nun lasst uns miteinander reden. Weil es uns alle angeht. Weil es unsere Zukunft als Branche ist. Wer auch mehr erreichen will, ruft: „Hier!“ Möge der Dialog beginnen…


Tobias Weber ist Geschäftsführender Gesellschafter bei der format:c live communication GmbH und ein Teil der Live Streaming-Komplettlösung StreConFlex. Als Regisseur und Creative Director verantwortet er zahlreiche Filmprojekte, Theaterproduktionen und Corporate Events für Weltmarken. Seine Erfahrungen umfassen außerdem crossmediale Konzepte, TV-Produktionen, Road-Shows und Kampagnen sowie Online-Events.


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Bildquelle: format:c live communication GmbH

Autor: Gastautor: Tobias Weber | format:c live communication GmbH

Veröffentlicht am: 29.03.2021


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