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Bunga Bunga und kein Ende

Compliance-Verstöße der Ergo bei Sexparty haben juristisches Nachspiel

Wegen Untreue wurden ein Ex-Manager der Ergo-Tochter Hamburg-Mannheimer und ein Mitgeschäftsführer einer Eventagentur von der Staatsanwaltschaft vor dem Landgericht Hamburg angeklagt. Der Prozess sollte am 14. Juli 2016 beginnen. Die Organisation diverser Sexpartys zur Belohnung von erfolgreichen Mitarbeitern steht im Fokus eines strafbaren Compliance-Verstoßes.

A. Hintergrund des „Incentive-Trips“

Mitarbeiter der Ergo-Tochter sollen 2007 auf Kosten des Unternehmens ohne Absprache mit dem Vorstand eine Sexorgie mit 20 Prostituierten für mindestens 64 Versicherungsvertreter in einem Budapester Thermalbad organisiert haben. Der Versicherung soll ein Schaden von über 50.000 Euro entstanden sein. Derartige „Belohnungsreisen“ sollen kein Einzelfall, son-dern gängiges Belohnungssystem der Ergo gewesen sein.

Strafbare Beihilfe zur Untreue durch Eventagentur

Ab Mitte Juni sollte nun der Prozess gegen die Organisatoren der Sexparty beginnen: dem Manager der Ergo wurde schwere Untreue, dem Geschäftsführer der Eventagentur Beihilfe zu dieser vorgeworfen. Konkret sollen sie die Prostituierten beauftragt, damit gegen interne Richtlinien verstoßen und die Kosten für die Liebesdienste in den Rechnungen verschleiert haben.

B. Verjährung - ja oder nein?

Wie kommt es dazu, dass ein Vorfall aus dem Jahre 2007 jetzt noch verfolgt werden kann, wo doch die Verjährungsfrist der Untreue nach § 78 III Nr. 4 StGB fünf Jahre beträgt?

Die Verjährung beginnt grundsätzlich nach § 78a StGB, sobald die Tat beendet ist, bei der Untreue folglich mit dem Eintritt des Schadens. Allerdings ist unter bestimmten Umständen ein Ruhen (§ 78b StGB) oder eine Unterbrechung (§ 78c StGB) der Verjährung möglich. Zwar beginnt die Verjährung nach jeder Unterbrechung erneut zu laufen, die Strafverfolgung ist aber spätestens dann ausgeschlossen, wenn seit dem Beginn der Verjährung der doppelte Zeitraum der gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen ist (§ 78c Abs. 3 StGB) - mithin im Fall der Untreue von maximal 10 Jahren, die hier noch nicht abgelaufen waren.

C. Untreue des Ex-Managers gem. §§ 266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 S. 2 StGB

Die Strafbarkeit des Ex-Managers wegen eines besonders schweren Falles der Untreue könnte sich aus dem Missbrauch der eingeräumten rechtlichen Befugnis ergeben, über das Vermögen des Unternehmens zu verfügen. Denn grundsätzlich war der angeklagte Manager rechtlich legitimiert, externe Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen und abrechnen zu las-sen - allerdings nur solche, die den Compliance-Richtlinien entsprachen und dessen Zweck dienten. Dies umfasst wohl nicht jene 52.000 Euro für die Bezahlung der Prostituierten. Die Ermittlungen sprachen laut Medienberichten bis zuletzt auch für eine Kenntnis der Organisa-toren, dass derartige Leistungen nicht vom Compliance-Zweck gedeckt waren. Dem Mana-ger wird daher Vorsatz vorgeworfen.

D. Beihilfe zur Untreue durch Geschäftsführer der Eventagentur

Bei vorsätzlicher und rechtswidriger Untreue des Managers als Vortat kommt auch eine Strafbarkeit des Geschäftsführers der Eventagentur wegen Beihilfe gemäß §§ 266 I, 27 I StGB zu ebendieser in Betracht. Dieser soll laut Medienberichten von dem Verstoß der Sex-party gegen die Compliance-Richtlinien gewusst und letztlich daher die Kosten für die Liebes-dienste in den Rechnungen verschleiert haben. Die Eventagenturleistungen stellen eine rele-vante vorsätzliche Beihilfehandlung dar und sind strafbar.

E. Verfahrensstand

Einer der ursprünglich drei Beschuldigten stimmte bereits im frühen Verlauf der Ermittlungen einem Deal zu - einer Verfahrenseinstellung gegen die Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 12.000 Euro nach § 153a StPO. Medienberichten zufolge wurde das Verfahren gegen die beiden Angeklagten vorläufig nun auch einen Tag vor Prozessbeginn Mitte Juli gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.


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Autor: Gastautorin RA' Dr. Risch-Kerst

Veröffentlicht am: 27.07.2016


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