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Agenturen, Themensammlung - Inszenierung/Konzeption

Wie agil ist die MICE-Branche?

Warum bei agilen Arbeitsmethoden Kreativität auf der Strecke bleibt – wir diese aber dennoch nutzen sollten

Die Welt ist VUCA und um den Spagat aus Agilität und Stabilität zu bewerkstelligen benötigen wir Ambidextrie. Ich schäme mich nicht, dass ich viele Begriffe des New Work erst einmal googeln muss, um mitreden zu können. Dabei ist es keine Frage mehr, ob die MICE-Branche der Schnelllebigkeit der neuen Wirtschaft folgen will oder nun auch in die Digitalisierung einsteigt. Beides ist schon längst in der Realität unseres Alltags angekommen. Digitalisierung ist da und wird alle Bereiche des Zusammenlebens zunehmend beeinflussen. Sie ist der Nährboden, den es zu bepflanzen und zu bearbeiten gilt. Dieser Boden ist für alle da. Allein ob wir darauf bauen, ihn beackern um zu ernten oder vernachlässigen, entscheidet, was daraus und darauf entsteht.

Eine Antwort auf diese Veränderungstaktung sind agile Arbeitsmethoden, die von einigen Unternehmen als Allzweckwaffen eingeführt und genutzt werden.

Mit agilen Arbeitsmethoden der Komplexität begegnen

Die beiden zur Zeit wohl bekanntesten Methoden aus der agilen Arbeitswelt sind Design Thinking und Scrum. Oftmals werden sie in einem Zug genannt und mit Innovationskraft und Kreativität in Verbindung gebracht. Dabei unterscheiden sich diese Ansätze erheblich voneinander.

Beide Methoden ermöglichen es, durch ihren iterativen Ansatz auf neue und überraschende Einflüsse von außen zu reagieren. Kundenwünsche und Meinungen werden in zeitlich überschaubaren Rahmen abgefragt und die Entwicklung von Produkten, Services oder Software unmittelbar darauf abgestimmt. In diesem Sinne sind beide Ansätze ganz sicher agil, denn sie ermöglichen eine unmittelbare Reaktion auf äußere und innere Einflüsse.

Während aber bei Design Thinking der kreative Prozess, die eigentliche Ideenfindung, fest in Gerüst und Ablauf installiert ist, findet sich bei Scrum keine explizite Phase dazu.

Erstaunlicherweise werden agile Arbeitsmethoden im Allgemeinen ganz automatisch auch mit Kreativität gleichgesetzt. Die Nutzer versprechen sich von ihrem Einsatz eine Steigerung der eigenen Innovationskraft. Dies ist in der Entstehung der Methoden jedoch nicht zwangsläufig vorgesehen gewesen.

Scrum soll beispielsweise den notwendigen Schwung für zukünftige Herausforderungen liefern, beinhaltet aber keinen expliziten Arbeitsschritt für die Ideenfindung. Scrum als agiles Rahmenwerk ist daher auf jeden Fall extrem effektiv, aber nicht zwingend kreativ.

Ist also Scrum für die Kreativbranche, bei der es ja gerade um das Finden und Umsetzen neuer Ideen geht, nicht geeignet, oder kann gerade die MICE-Branche von Scrum und seiner Effektivität profitieren?

Kreative Umsetzungsschwäche

Wie sieht der Nutzen von Kreativitätstechniken und Innovationsworkshops aus? Dort wird der Raum für die Ideenfindung gefördert und eingeplant. Es darf gescheitert werden. Beispielsweise wird bei Design Thinking mit Prototypen schnell und frühzeitig beim Kunden nachgefragt, wie das Produkt gestaltet sein soll. Flexibilität, Kreativität und Agilität – alles vorhanden. In der realen Umsetzung erlebe ich allerdings immer wieder, dass es hier am anderen Ende mangelt, der Effektivität. Das, was Scrum besonders auszeichnet, bleibt im kreativen Prozess oftmals auf der Strecke. Am Ende des Workshops entsteht eine lange Liste von Hunderten von Ideen und eine ebenso lange To-Do-Liste, wie diese in den kommenden Tagen umgesetzt werden sollen. Vielleicht kennen Sie solche Listen aus Ihrer eigenen Schublade, denn dort landen sie meistens.

Der kreative Ideenprozess ist besonders ergiebig, wenn in dieser Phase noch nicht über die Umsetzung nachgedacht wird. Ich empfehle Ihnen dringend, dies auch nicht zu tun. Wenn wir während der Ideensuche bereits an die Umsetzung denken, wird unser Gehirn unglaublich viele Gründe finden, warum etwas nicht funktioniert. Besonders andersartige und fantastische Ideen bleiben unmittelbar auf der Strecke.

Aus der Ideenfindungsphase ergeben sich also Ideen, die später zwingend auf Umsetzbarkeit geprüft und dann auch umgesetzt werden müssen. Leider fehlt es im Anschluss an die Ideengenerierung meistens an den geeigneten Methoden und Mitteln, um Ideen erfolgreich auf die Straße zu bringen, da dieser wichtige Schritt in Kreativitätsworkshops nicht eingeplant wurde. Dies funktioniert bei Scrum wiederum sehr erfolgreich.

Wie lässt sich die Effektivität von Scrum mit kreativen Methoden und Elementen kombinieren und ergänzen, um das beste aus beiden Welten zu erhalten?

Nützliche Work Hacks und wenn aus Scrum murcS wird

Work Hacks sind einfache Regeln oder Kniffe, um bestehende Arbeitsabläufe und die Zusammenarbeit in Teams zu verbessern. Durch den Einsatz von Work Hacks, die sich aus den Scrum-Regeln ableiten lassen, können eingefahrene Routinen durchbrochen und die Effektivität von Kreativprozessen erhöht werden.

Scrum ist in seiner Form laut des Scrum-Guides unveränderlich. Wenn wir etwas ändern, ist das Ergebnis nicht mehr Scrum. Dennoch ist es natürlich möglich nur Teile zu nutzen und zu adaptieren. Sie nutzen dann murcS. Eine eigenständige Methode, die Kreativität als Schwerpunkt hat und den entsprechenden Freiraum für die Ideenentwicklung berücksichtigt, ohne dabei die effektive Umsetzung aus dem Auge zu verlieren.

Eine Methode, die wie Scrum ihren Weg aus dem IT-Sektor in viele verschiedene Bereiche der Unternehmen gefunden hat, besitzt sicher mehrere Erfolgsfaktoren, die die MICE-Branche nutzen kann und sollte.

Wenn Ihre Arbeitseffektivität wie bei vielen Anderen unter zu langen und ausschweifenden Meetings leidet, versuchen Sie sich an den Regeln zu Dailys aus Scrum zu orientieren. Dailys sind tägliche Treffen, die maximal 15 Minuten dauern, immer am selben Ort stattfinden und im Stehen durchgeführt werden. Versuchen Sie einfach einmal Ihre Meeting-Kultur agiler zu gestalten und führen die nächsten Treffen mit einer klaren Zeitvorgabe von maximal 15 Minuten und im Stehen durch.

Bitte erklären Sie den Versuch aber nicht direkt als gescheitert, wenn nicht alle gleich beim ersten Treffen davon begeistert sind. Niemand verändert gerne liebgewonnene Routinen. Mit der Zeit werden Sie aber bemerken, wie Ihre Meetings effektiver und die dort eingebrachten Beiträge strukturierter werden.

So gibt es noch viele weitere Aspekte, die wir aus und von Scrum lernen und übertragen können, um einen optimalen Mix aus Effektivität und Kreativität zu finden. Denn Innovationen entstehen immer im Spannungsfeld von Freiraum und Struktur. Viel Spaß und Erfolg bei Ihrer Entdeckungsreise dorthin.


Nils Bäumer ist Ideenhebamme, Experte für Kreativität, professioneller Vortragsredner, Autor und Gründer der Eventagentur Synapsensprung®. Sein Wissen gibt er sowohl in seinem Podcast und Blog als auch in Kreativworkshops und Vorträgen weiter. Kontakt: ihr@kreativexper.de


Lesetipp:

Nils Bäumer: Mit Strukturierter Agilität zu außergewöhnlichen Ideen: Wenn aus Scrum murcS wird. BusinessVillage GmbH, 1. Auflage 2018, 9,95 Euro.

Kurzbeschreibung zum Buch:

murcS ist neue Arbeitsmethode, die auf Scrum basiert und die Lücke zwischen Kreativität und Effektivität schließt. murcS ist für alle Gruppen und Teams anwendbar, die sich den Herausforderungen der agilen Arbeitswelt stellen wollen. Denn Agilität braucht Struktur und Kreativität.


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Bildquelle: Nils Bäumer

Autor: Gastautor: Nils Bäumer

Veröffentlicht am: 06.12.2018


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