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Tagen vor 1001 Welle

Neuer MICE-Hotspot in Marokko: El Jadida

In Abständen von jeweils gut 20 Metern stehen Dutzende Frauen und Männer an der Straße, als würden sie auf irgendetwas warten. An ihren Händen baumelt dabei ein ungewöhnlich großer Schlüsselbund, mit dem sie alle paar Sekunden laut und sichtbar klappern. „El Jadida hat sich in den letzten Jahren zu einem sehr beliebten Ferienort in Marokko entwickelt“, klärt Guide Abdul die auf den ersten Blick bizarr wirkende Szenerie auf. „Weil sich viele Familien aber kein Hotel leisten können, bieten die Einwohner der Stadt auf diese Weise ihre Zimmer und Apartments an.“ Preisgünstiger als professionelle Unterkünfte sind diese allemal: Wer Glück hat, zahlt nicht mehr als 20 bis 30 Euro für ein akzeptables Zimmer – im Hotel ist es deutlich teurer.

Noch sind es meistens Marokkaner selbst, die es an die langen Atlantikstrände von El Jadida zieht. Doch zunehmend kommen auch Europäer in die windgeschützte Bucht, die von der Hauptstadt Casablanca aus in etwas mehr als einer Auto- oder Zugstunde erreichbar ist. Neben den Stränden lockt die portugiesische Altstadt (Cité Portugaise), welche die Unesco vor zwölf Jahren zum Weltkulturerbe erklärt hat und die hinter ihren hohen Mauern architektonische Highlights bereithält: idyllische Eckbastionen, Gotteshäuser unterschiedlicher Religionen und liebevoll hergerichtete Boutique-Hotels. Besuchen sollte man auch die rippengewölbte Zisterne, die den Portugiesen vor 500 Jahren zunächst als Waffenlager und später als Wasserspeicher diente. Erst 1916 hat man sie entdeckt. Und: Bezaubernd ist der Blick von der Bastei auf den alten Hafen.

Strahlend statt schäbig

El Jadida ist Geschichte pur. Ende des 15. Jahrhunderts hatten die Portugiesen hier einen Stützpunkt errichtet, den gut 100 Jahre später die Spanier übernahmen. Sie gaben der Stadt den Namen Mazagan, beruhend auf einer alten Bezeichnung der Berberstämme, die hier siedelten. Araber, welche zuvor schon die Berber vertrieben hatten, nannten sie El Jadida, auf Deutsch „die Neue“. Nach einem großen Erdbeben im 18. Jahrhundert und wiederholten Angriffen von Berbern und marokkanischer Truppen gaben die Europäer Mazagan auf, zumindest bis zur französischen Kolonialzeit (1912 bis 1956), in der Mazagan dann seinen Namen zurückbekam. Seit der Unabhängigkeit Marokkos schließlich heißt die Stadt, die in kurzer Zeit auf über 160.000 Einwohner angewachsen ist, wieder El Jadida. Und immer mehr strahlt das Gesicht der einst als schäbig geltenden Hafenstadt.

Ihren wirtschaftlichen Aufschwung verdankt die Region den Plänen des marokkanischen Königs Mohammed VI. Unter dem Namen Plan Azur soll die Atlantikküste ihre touristische Infrastruktur entscheidend verbessern und zu einer Alternative zu klassischen Urlaubszielen wie Marrakesch, Fes oder Rabat werden. Sichtbarstes Zeichen dieser Entwicklung ist das gigantisch große Strand- und Golf-Resort Mazagan. Den genauen Ort der Anlage soll der König selbst bestimmt haben, bei einem Hubschrauberflug über das Brachland. Nach 21 Monaten Bauzeit wurde das Resort im Oktober 2009 eröffnet.

Größtes Messezentrum Afrikas

Inzwischen finden hier 1.400 Einheimische einen Arbeitsplatz, und etliche Urlauber verbringen ihren Aufenthalt allein in dem Resort. Schließlich bietet die 500 Fußballfelder große Anlage eine ganze Menge. Für den Umsatz ebenso wichtig wie die Urlauber sind für das Mazagan die MICE-Gäste, für die es ein eigenes Konferenzzentrum gibt. Mehrere große deutsche Firmen kommen regelmäßig in das Fünf-Sterne-Haus.

Beliebtes Incentive ist der morgendliche Ausritt entlang der Küste – an den meist hohen, rauen Wellen des Atlantiks. Pferde sind die große Leidenschaft des Königs, und sie sind auch der Grund dafür, warum gleich gegenüber des Mazagans das größte Ausstellungsgelände Afrikas entstanden ist: Ende 2015 feierte der Mohammed VI Exposition Park Eröffnung – als Ort der Pferdeschauen des Königs und der traditionellen marokkanischen Reiterspiele Fantasia. Natürlich ist die Anlage nicht den Pferden vorbehalten: Das Land vermarktet sie für Ausstellungen, Kongresse und Messen aller Art. Noch ist das Zentrum nicht ganz fertig, und auch die Autobahn ab El Jadida wird derzeit ausgebaut.

Aber selbst wer sein Event oder seine Tagung im Resort ausrichtet, sollte sich Ausflüge ins „richtige“ Marokko nicht entgehen lassen. Mindestens El Jadida sollte auf dem Programm stehen, samt Gang über die engen und bunten Märkte der Stadt, auf denen vom Gemüse bis zum arabischen Schuh mit FC-Bayern-Logo so ziemlich alles angeboten wird. Und auch der Trip in die 3,5-Mio.-Einwohner-Stadt Casablanca lohnt sich: Dort locken das Residenzviertel Anfa, der Platz Mohammed V mit Art-déco-Gebäuden sowie die Moschee Hassan II für 100.000 Gläubige.

Wie der gesamte arabische Raum leidet auch Marokko unter den Folgen der derzeitigen Entwicklung in Nahost und Nordafrika. Allerdings stuft die Bundesregierung Marokko als „politisch stabiles Land mit guter touristischer und sicherheitspolitischer Infrastruktur“ ein. Nach Anschlägen in Casablanca 2003 und 2007 und in Marrakesch 2011 wurden die Sicherheitsmaßnahmen erhöht; Polizisten und Sicherheitsleute sind sehr präsent. Marokkos König Mohammed VI. hat mit der Protestbewegung des „Arabischen Frühlings“ kooperiert und Verfassungsreformen eingeleitet.

Für die Einreise reicht der Reisepass. Von Deutschland aus ist Casablanca direkt ab Berlin, Frankfurt und München mit Royal Air Maroc zu erreichen; ab Frankfurt mit der Lufthansa.


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Bildquelle: Oliver Graue

Autor: Gastautor: Oliver Graue // BizTravel

Veröffentlicht am: 29.09.2016


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