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EventTech

Raus aus den Kinderschuhen

Virtual Reality: Auf das Spektakel folgt der Pragmatismus

Aus gutem Grund haben wir uns hier schon häufiger dem Thema Virtual Reality (VR) gewidmet. Schließlich verändert VR den Erlebniswert von Events zusehends. Noch vor wenigen Jahren war es etwa undenkbar, einen Messe- oder Veranstaltungsgast auf nur wenigen Quadratmetern Fläche in eine dreidimensionale Welt zu entführen, die genauso real wie fantastisch anmuten mag. Kurz gesagt versetzt VR den Anwender in eine andere Wirklichkeit als diejenige, in der er sich aktuell befindet.

Da VR den Kinderschuhen aber gerade erst langsam entwächst, wurden von Veranstalterseite bislang möglichst spektakuläre 3D-Erlebnisse an den Gast gebracht, frei nach dem alten Jahrmarktsmotto „So etwas haben Sie noch nie erlebt“. Noch ist für jedes VR-Erlebnis auch ein nicht unerheblicher Investitionsaufwand zu tätigen, zu dem 360°-Kamerasysteme, leistungsfähige VR-Brillen und umfangreiche Programmierarbeiten zählen.

Langsam hält jedoch ausgerechnet in der virtuellen Realität ein gewisser Realismus Einzug. VR entwickelt sich allmählich zu einem sinnvollen Tool in der Veranstaltungsplanung, das nicht nur multisensorisches Erleben, sondern auch echte Mehrwerte und eine wirkliche Nutzenorientierung verspricht. Die Zeiten, in denen VR vor allem eine Angelegenheit von Gamern, Hipstern und Young Urban Professionals war, neigen sich damit dem Ende entgegen.

Höhere Verbreitung durch sinkende Preise

Wie jeder neue Techniktrend wird auch VR mit zunehmender Marktreife und -durchdringung immer günstiger. VR-basierte Events werden damit nicht mehr länger nur großen Budgets und den ohnehin in diesem Bereich tätigen IT- und Elektronikfirmen vorbehalten sein. Die Frage, ob es sich lohnt für eine kurzzeitige Promotionaktion mehrere zehntausend Euro auszugeben, werden sich Veranstalter künftig immer seltener stellen müssen. In der Folge wird der Return on Investment beim Erwerb von VR-Equipment zwangsläufig steigen.

Sinkende Preise für VR-Gear inklusive der damit verbundenen Anwendungen führen auch dazu, dass immer mehr Verbraucher über eine Grundausstattung an Geräten und Gadgets verfügen werden. Gleichzeitig wird die generelle Akzeptanz von VR in der Bevölkerung steigen. Denken Sie nur an den Siegeszug des Smartphones, das tatsächlich erst vor zehn Jahren von Apple auf den Markt gebracht wurde. Und je mehr VR-taugliche Produkte sich in den Händen oder auf den Endgeräten der Verbraucher befinden, desto weniger müssen Eventplaner darin investieren.

Neue Möglichkeiten für die gezielte Vermarktung

Wie eingangs erwähnt, kann die virtuelle Realität äußerst lebensecht und naturgetreu daherkommen. So sind virtuelle Besichtigungen und Firmenrundgänge längst keine Seltenheit mehr. Originale 3D-Aufnahmen der amerikanischen Budweiser-Brauerei beispielsweise haben in Verbindung mit dem Ausstoß von Hopfenaromen und einer Bierverköstigung das Unternehmen praktisch in die ganze Welt „exportiert“. Genauso lassen sich ausgewählte Spiele der Basketball-Bundesliga über Anbieter wie die Deutsche Telekom live besuchen. Das heißt, Sie sind live zu Gast in einer Sporthalle, ohne tatsächlich die Reise nach Bamberg oder Berlin antreten zu müssen.

Das ist ganz reale VR, die das altbekannte Videoerlebnis um ein Vielfaches steigert – nicht zuletzt deshalb, weil der User seinen Standort in der virtuellen Welt selbst auswählen und mit seiner Umgebung jederzeit interagieren kann. Genau hier ergibt sich ein breites Spektrum von Marketinganwendungen, von denen vor allem Hotels, Locations und Destinationen profitieren werden.

Ein bisschen wie Teleportation

Sie müssen sich nur Folgendes vorstellen: Bislang haben Sie die Webseite einer Location besucht, den Imagefilm einer Destination angeschaut oder mit viel Aufwand verbunden eine kosten- und zeitintensive Vorreise in die Zieldestination unternommen – und daraufhin Ihre Veranstaltung geplant. Viel aufschlussreicher wäre es doch, wenn Sie einen realen Eindruck der Gegebenheiten vor Ort erhalten, ohne dorthin reisen zu müssen. Begehen Sie die Tagungsräume des Hotels und die Location für die Abendveranstaltung, wählen Sie eine Möblierungsvariante und das passende Bühnenbild aus – und stellen Sie zwischendurch Fragen zum Catering oder zur Parkplatzsituation. Ein virtueller Helfer führt Sie in Echtzeit und 3D durch die Räumlichkeiten und reagiert dabei auf Ihre Stimme. Klingt doch verlockend, oder? Und scheint so komfortabel.

Wo Vorteile warten, lauern auch „Gefahren“

VR-Szenarien wie dieses ermöglichen eine maßgeschneiderte und realitätsnahe Reise- und Eventplanung, wobei die Möglichkeit der Sofortbuchung via Knopfdruck oder Stimmbefehl natürlich integriert sein wird. VR wird damit gerade Locations und Destinationen zahlreiche Möglichkeiten bieten, sich besser und individueller zu vermarkten, während der Veranstalter sich ein genaues Bild über die örtlichen Gegebenheiten machen kann. Noch mag der dafür notwendige Aufwand vielen zu groß erscheinen, aber der technologische Fortschritt lässt sich bekanntlich ja nicht aufhalten.

Wie alles hat auch die Weiterentwicklung der VR eine Kehrseite, die sich gerade in der MICE- und Eventbranche bemerkbar machen dürfte. Denn bereits heute werden Fortbildungskurse und Kreativmeetings einschlägiger Branchen mit entsprechender VR-Gear komplett digital abgehalten. In Echtzeit versteht sich und nah dran an der Realität, aber eben mit allen vorstellbaren Optionen der Interaktion. Es lässt sich daher leicht ausmalen, dass spätestens, wenn die VR-Kosten-Nutzen-Rechnung aufgeht, mit einem generellen Rückgang vor allem informeller Eventreisen zu rechnen sein wird.


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Bildquelle: Virtual Reality Society

Autor: Frank Brehm

Veröffentlicht am: 02.03.2017


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