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Hotels & Locations, EventTech

Der Roboter nimmt kein Trinkgeld, Herbert!

14 Trends, auf die Hoteldesigner sich einstellen müssen

Zukunftsmusik, Spielerei oder Notwendigkeit? Hotels wie das SI Suites in Stuttgart – hier läuft aktuell ein Pilotprojekt zum „Hotel der Zukunft“ unter Anleitung des Fraunhofer-Instituts – sind gerade dabei, ihr Angebot an die vermeintlichen Wünsche ihrer zukünftigen Gäste anzupassen. Wir gucken zusammen mit den Hoteldesignern in die Glaskugel. Welche Zukunftstrends zeigen jetzt schon Wirkung, welche zeigen uns, was auf uns zukommt?

Ein Bett, ein Fernseher, zwei Nachttische (eventuell) und ein Bad. Wer braucht mehr in einem Hotelzimmer? Anders gefragt – wem reicht das heute noch? Gerade Hotelzimmer passen sich in Lichtgeschwindigkeit an die Wohn- und Reisewünsche ihrer Bewohner an. Innovation ist hier Bestandsschutz und „Eiche rustikal“ geht nur bei extrem preissensiblen Reisenden (Stichwort Monteurzimmer) oder in Gegenden, in denen auch das Internet noch „Neuland“ ist.

Also: Innovation. Was sagen Hoteldesigner und Branchenkenner – wie sehen unsere Hotels der Zukunft in Zukunft aus?

Trend 1 – Das Bad wird größer und zum SPA
Weg mit der Nasszelle, das Bad nimmt immer mehr Raum ein – in Wichtigkeit und Größe. Viele Gäste beurteilen die Qualität eines Hotels an seinen Bädern und deren Ausstattung (Doppelwaschtisch, „begehbare“ Dusche, Doppelbadewanne usw.). Nicht zuletzt, weil eine qualitativ hochwertige Badausstattung extrem kostenintensiv ist.

Designer stecken viel Aufwand in die Badgestaltung und Überlegungen, die früher (wenn überhaupt) im „Living“ anfielen, werden nun dort angestellt. Gibt es genug Ablagefläche? Stimmen Beleuchtungskonzept, Privatsphäre, Musik und so weiter. Regendusche? Ach bitte, die ist mittlerweile Standard ab drei Sterne aufwärts. Das luxuriöse Bad wird zum SPA – wie z.B. im Sofitel Bangkok.

Sofitel So Bangkok

Auch Zeev Sharon, Hotelentwickler und Gründer von Hotelied (eine Hotelplattform, deren Preisgestaltung auf Social Media-Präsenz beruht), ist dieser Meinung. Er glaubt zudem, dass Bäder immer größer werden und künftig mehr als 50 % der gesamten Raumkapazität einnehmen werden. Daraus folgt logisch:

Trend 2 – Das Hotelzimmer wird kleiner und zum Nest
Dem Flachbildfernseher sei Dank, er ist der beste Freund des Hoteldesigners. Erlaubte er doch den Wegfall massiver Schrank- oder Schreibtischboliden und damit eine schlankere Raumgestaltung. Hotelzimmer überzeugen zunehmend durch Komfort, nicht durch Größe. Eine Junior Suite unterscheidet sich nicht mehr in der Zimmergröße, sondern in der Ausstattungsqualität. Firmen wie z.B. Yotel machen es vor – andere werden folgen. So sieht das auch Mike Tiedy, bei Starwood als Senior Vice-President für Innovation und den weltweiten Markenauftritt zuständig: „Bei unseren Marken Aloft, Four Points und Elements werden die Zimmer kleiner und wir legen zugleich immer mehr Wert auf die Lobby als zentraler Anlaufpunkt für‘s Arbeiten und soziale Kontakte. Das Zimmer selbst wird zum Nest – alles, was man braucht in Reichweite, aber kein unnötiger Ballast.“

Trend 3 – High Tech begleitet den Paradigmenwechsel
Alles Nötige in Reichweite und mehr Komfort – dazu gehört natürlich die Nutzung moderner Steuerungs- und Kontrolltechnologie. Licht, Klima, Heizung – alles kann über eine zentrale Steuerung, meist per Touch-Screen, gesteuert werden. So rüstet zum Beispiel das SI Centrum in Stuttgart (in dem ich bereits vor 20 Jahren auf meinen ersten sprechenden Mülleimer stieß, aber dies nur am Rande) gerade alle Zimmer technisch auf: In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IAO. Vorhänge, Heizung, Klima und Licht werden über Tablet gesteuert, die Minibar mobil per App aufgefüllt, der Spiegel im Bad ist zugleich Fernseher und auch die gute alte Infomappe gibt es auch nur noch in Tabletform. Extrem schwierig sei es gerade im Bestand, die nötige Verkabelung zu gewährleisten, hat Vanessa Borkmann, die Leiterin des Projekts Future-Hotel beim IAO der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärt. Aber nötig, um Energiekosten zu reduzieren und für die Gäste attraktiv zu bleiben.

Fast niemand geht mehr ohne Smartphone, Laptop, Tablet oder Fitnessarmband aus dem Haus. Darauf müssen sich Hotels in ihrer Zimmerausstattung einstellen. Das ist ein Paradigmenwechsel – die Hotels müssen die Ausstattung nicht mehr zur Verfügung stellen (Wann haben Sie das letzte Mal ein Zimmertelefon genutzt?). Sie müssen sicherstellen, dass jeder Gast seine Devices (BYOD) nutzen kann. An der Rezeption (oder vorab) gibt es dann nur noch eine App, über die sich alles steuern und bestellen lässt. Und das Smartphone wird zum Zimmerschlüssel, wie bei Starwood schon in einigen Häusern üblich. Zur technischen Ausstattung der Hotelzimmer gehören selbstverständlich genügend Lademöglichkeiten (Sie kennen noch die Suche unter Bett und Schreibtisch nach der freien Steckdose?).

Trend 4 – Lichtkonzepte unterstützen das neue Raumgefühl
Im Zuge der Umwidmung der Raumkonzepte einhergehend mit den Nachhaltigkeitsbemühungen der Hotellerie wird die Beleuchtung immer wichtiger. Das oben erwähnte „Nest“ wirkt nicht bei Neon. Denn durch LED lässt sich Licht neu interpretieren, z.B. per Touch-Control am Badezimmerspiegel. Auch als Designelement werden Lichtkonzepte zunehmend wichtiger und gehören zu den übergreifenden Aufgaben, denen sich jeder Hoteldesigner widmen muss. Welche Stimmung benötige ich in welchen Bereichen? Licht sorgt für Spannung oder Entspannung, Privatsphäre oder leuchtet „points of interest“ entsprechend aus.

Aus für fiese Spiegelbeleuchtung. Starwood bietet Touch-Control am Badezimmerspiegel

Trend 5 – Minimalismus
Die Gäste packen nicht mehr aus. Sie benötigen daher keine klassischen Schränke mehr. Offene Regalkonzepte sind gefragt und intelligente Ankleidebereiche mit Platz für Koffer, Bügel, Haken, mit Licht und Spiegel. Auch der Schreibtisch fällt weg, es gibt inzwischen komfortablere Möbel, die Arbeiten, Sitzen, Relaxen verbinden und dabei nicht im Weg stehen.

Trend 6 – Hochwertige Betten
1999 hat Westin 30 Millionen Dollar in die Erfindung des 10-lagigen „Heavenly Bed“ investiert. Seitdem versuchen viele Hotelgesellschaften, das Schlafen neu zu erfinden. Das Boxspring-Bett – in vielen Privathaushalten noch Wunsch – in den meisten Hotels längst Realität. Und immer mehr Hotels verstehen – Gott sei‘s gedankt –, dass wir keine fragwürdigen Tagesdecken mehr beiseiteschieben wollen.

Trend 7 – In der Lobby tobt das Leben
Die Tage der repräsentativen Lobby mit der zentralen Rezeption sind angezählt. Lobbys werden zu Multifunktionsbereichen mit Bars, Restaurants, Lounges und Business-Centern – alles auf einmal und irgendwo darf man auch noch einchecken. Es geht zu wie im Wohnzimmer, locker. Gäste kommen und gehen. Locals, Besucher, Freizeiter und „Arbeiter“ mischen sich zu einer sozialen Masse. Die Digitalisierung erreicht natürlich auch die Lobby: Da die Mobilgeräte überall Zugriff haben, kann überall gearbeitet werden. Oder entspannt. Oder beides. Deshalb ist es wichtig – sagt Mike Tiedy von Starwood, dass Raumkonzepte die richtige Mischung von Öffentlichkeit und Privatsphäre bieten. Ebenso müssen sie es schaffen, größere und kleinere Gruppen ebenbürtig zu beherbergen – egal ob für ein schnelles Meeting oder ein ausgelassenes Mahl. Auf jeden Fall brauchen alle WLAN, Strom und – ganz wichtig – unterschiedlichste Sitzgelegenheiten.

Trend 8 – Social Media beeinflusst Design
Der Einfluss von Social Media auf Hotels geht weit über die Frage hinaus, ob ein Facebook- oder Twitter-Account sinnvoll sein könnte. Schon beim Design geht es zunehmend um die Frage, wie man sich bestmöglich in den Sozialen Medien präsentiert. Wo im Hotel ist der Instagram-Spot? Designer werden gezwungen, über den Wow-Faktor nachzudenken, über Bildmomente, die Gäste teilen wollen. „Mit Infinity-Pools und Rooftop-Bars ist man noch auf der sicheren Seite, aber das Future-Hotel muss weiter denken. Das 1888 Hotel in Sydney bietet z.B. „Selfie-Spaces“ und auf Mallorca, in Magaluf, bietet MELIA das erste Tweet-Experience-Hotel.

Tweet Concierge im mallorquinischen MELIA Hotel #IWannaBeTheConcierge

Trend 9 – Mehr Natur
Nachhaltigkeit endet nicht beim CO2-Fußabdruck. Hotels beziehen die Natur zunehmend in ihre Designkonzepte ein – holen das „Außen“ nach innen. Organische, natürliche Materialien, Farben und Texturen geben dem Hotel eine höhere Naturverbundenheit. Auch Raumkonzepte sorgen dafür, dass Außen und Innen verschmelzen. Das alles beruht auf dem Gedanken, dass Menschen sich in natürlich anmutenden Umgebungen instinktiv wohler fühlen.

Trend 10 – Viel Weiß
Als Gegengewicht zur neuen Natürlichkeit gilt die Designfarbe „weiß“ als angemessene Umgebung für gezielte Farbelemente. Dahinter steht der Gästewunsch nach Reinheit, nach dem „Puren“. Und obwohl Weiß die schwierigste Farbe ist (weil sie so schnell nicht mehr weiß ist), setzten immer mehr Hotels auf helle Teppichböden, weiße Bettwäsche und Handtücher. Früher dachte man genau anders – gedeckte Farben waren einfach zu reinigen und daher häufiger im Einsatz.

Trend 11 – Lokalkolorit
Die Lifestyle-Hotels machen es vor – Hotels bekennen sich zu ihrer Lage und binden regionale Materialien, Marken, Speisen, Kunst, Kultur und Musik in ihre Konzepte ein. Gleichzeitig öffnen sie ihre Türen weit für die ortsansässige Bevölkerung – und geben den Gästen damit einen echten Wert an die Hand. Weit entfernt von früheren Konzepten, nach denen der Reisende sich weltweit immer für die gleiche Hotelkette entschied (weil er dort immer wusste, wo der Lichtschalter ist), entscheiden sich Gäste bewusst für ein Haus, in dem sie Land und Leute kennenlernen können. Das müssen Designer und Architekten in jede Planung einbeziehen. Sonst gehen immer mehr Gäste an Airbnb verloren.

Trend 12 – Fitness
Der Fitnesswahn ist in der Hotellerie angekommen. Ein Trimmrad im Keller und dreieinhalb angegammelte Hanteln? Hotels investieren immer mehr in ihre Fitnessbereiche oder werden direkt zu Fitness- und Wellness-Centern, wie z.B. die Even-Hotels von Intercontinental (bisher nur in den USA): Fitnessgeräte auf den Zimmern, Wellnessprogramme selbstverständlich auch in Businesshotels, Konzepthotels, die sich Yoga oder „dem Rücken“ verschreiben – wer sagt, Hotels wären nur zum Übernachten da?

Trend 13 – Neue Küche
Einher mit der Fitnessorientierung, der Regionalität und der neuen Natürlichkeit geht auch der Trend zu einem hochwertigen, regionalen Speisenangebot. Vom Bauernhof auf den Tisch, der Kräutergarten auf dem Hoteldach und vor allem die zunehmende Transparenz von Speisekarten sorgen dafür, dass Gäste sich ernst genommen fühlen. Endlich hat auch in England der vielgeliebte Snackautomat auf dem Gang ausgedient oder wird zumindest – wie bei Marriott – durch einen Automaten ersetzt, der gesunde Snacks anbietet. Ob der immer noch so laut brummt?

Trend 14 – Science Fiction
Im Yotel in New York kümmert sich ein Roboter ums Gepäck und nimmt partout kein Trinkgeld. Um im Wettbewerb zu bestehen, suchen Hotels ihre Nische und manche finden ihre in der Zukunft. Futuristisches Ambiente mit Robotern, Virtual Reality wie in den XYZ-Bars der Aloft Hotels, Retina-Scan als Zimmerschlüssel (im Nine Zero Hotel in Boston) oder Body-Scanner im Seattle's Hotel 1000. Hier steigen wir aus und überlassen es Ihnen, wie Sie diesen letzten Trend finden. Wie schon eingangs gesagt – wir wollen Ihnen auch zeigen, was noch auf uns zukommt.


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Bildquelle: Scott Beale / Laughing Squid, Sofitel So Bangkok, MELIA Hotels

Autor: Andrea Goffart

Veröffentlicht am: 16.07.2015


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