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Destinationen, Themensammlung - Change-Kommunikation

TRAWELL gibt Geschäftsaufgabe bekannt

Schwieriges Marktumfeld zwingt Repräsentanz in die Knie

In einer offenen E-Mail und schweren Herzens verkünden Astrid und Oliver Grosser, dass sie mit sofortiger Wirkung den Geschäftsbetrieb von TRAWELL einstellen. Wenn ein Traditionsunternehmen mit immerhin nahezu 25-jähriger Geschäftstätigkeit sich in Folge eines veränderten Marktumfeldes zur Aufgabe entschließt, muss man genauer nach den Gründen fahnden. Dass sich Marketingrepräsentanzen für ausländische DMC- und Hotelkunden mit Interesse am deutschen Markt in Hülle und Fülle im Markt bewegen, ist hinlänglich bekannt. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass bei der Masse an potenziellen Partnern und Kunden das Business als Selbstläufer funktioniert - doch weit gefehlt.

Mittel- und Langstrecke nahezu völlig zum Erliegen gekommen

Schon lange lässt sich im Markt ein Konsolidierungsprozess beobachten. Denn der deutsche MICE-Markt veränderte sich in den vergangenen Jahren in rasantem Tempo. Ob der Bunga Bunga-Skandal in Budapest, die Macht der Einkäufer auf Corporate-Seite oder die Compliance-Debatte: Am meisten darunter gelitten hat der Markt für klassische Incentivereisen. Nahezu völlig zum Erliegen gekommen ist dabei die Reisetätigkeit im Outgoing-Geschäft auf der Mittel- und Langstrecke. Aber auch die klassischen europäischen Destinationen mussten im deutschen Markt Federn lassen. So wurden für den MICE-Markt geschaffene Convention Bureaus etwa in den skandinavischen Ländern in den vergangenen zwei Jahren mit einer Kürzungswelle überzogen oder gar ganz geschlossen. Hinzu kommt, dass einige Destinationen in den vergangenen Jahren von politischen Unruhen heimgesucht wurden, die dem ängstlichen deutschen Reisenden die Lust an vermeintlich exotischen Reisezielen genommen haben.

Gestrichene Marketingbudgets sind die Folge

Doch ein detaillierterer Blick lohnt: So berichtet TRAWELL in seiner Mitteilung davon, dass das Geschäftsmodell der klassischen Repräsentanz „nicht mehr tragfähig“ sei. Durch das zurückgehende Geschäft mit deutschen Kunden sind in der Folge Marketingbudgets zusammengestrichen worden und Repräsentanzen vermehrt auf Basis von Kommissionen anstelle einer Festvergütung honoriert worden. Hinzu kommen die aus dem Boden sprießenden Online-Reservierungs-Portale, die den Kunden das Direktbuchen immer leichter machen.

Preisdiktat der Einkäufer

TRAWELL macht auch das Preisdiktat der Einkäufer für die Entwicklung verantwortlich. Wer wegen 5 Euro seine Agentur wechselt, ignoriert langfristig gewachsene und vertraute Geschäftsbeziehungen und legt immer seltener sein Augenmerk auf Qualität. Das gilt sowohl für die Kundenseite als auch für die Marketingbudgets der Anbieterseite. Wenn DMCs und Hotels glauben, mit lächerlich niedrigen Marketingbudgets im deutschen Markt Präsenz zeigen zu können, dann ist die logische Schlussfolgerung ein vermehrt zu beobachtender Aktionismus bei den Sales-Aktivitäten im Rahmen von Sales Calls, Messeauftritten und bei Networking-Veranstaltungen. So ist seit Jahren eine Marktkonzentration im Repräsentanz-Business zu beobachten, bei dem die Kunden per Massenabfertigung mit den Tools aus der Schublade bedient werden, anstatt ein Produkt mit individuell auf die Marke hin zugeschnittenen Kommunikationsmaßnahmen im deutschen Markt zu positionieren.

Die Zeichen der Zeit erkannt?

Dennoch muss auch die Frage erlaubt sein, ob man nicht auch selber etwas falsch gemacht hat oder die Zeichen der Zeit zu spät erkannt hat. Ein Umschwenken auf andere Quell- und Zielmärkte wäre eine logische Konsequenz. Viel schwerer wiegt unter Umständen die fehlende Auffindbarkeit im Netz. Gibt man TRAWELL bei Google ein, erscheint einzig der Eintrag im MICE Club-Anbieterverzeichnis. Die direkte Webseite ist ebenso wenig zu finden wie eine Facebookseite oder sonstige Aktivitäten in Social-Media-Kanälen. Die Frage drängt sich durchaus auf: Kann es sich ein Unternehmen in der MICE-Branche leisten, auf diese wichtigen Distributions- und Repräsentanzkanäle und eine Content-Marketing-Strategie gänzlich zu verzichten?

Zum Abschied überwiegt ein trauriges Gefühl, leidenschaftliche und erfahrene Profis mit ihrer langjährigen Expertise in Zukunft nicht mehr um Rat fragen zu können. Alles Gute für die Zukunft!

Autor: Dominik Deubner

Veröffentlicht am: 31.03.2015


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